StartseiteMagazinKolumnenAus dem Nähkörbchen geplaudert

Aus dem Nähkörbchen geplaudert

Einen Bleistift so beschreiben, dass jeder draus kommt.

In meinem letzten Jahr am Realgymnasium in Basel habe ich meinen ersten Feuilleton-Beitrag für das katholische Basler Volksblatt geschrieben. Es handelte sich um ein „Feature“ über die 1951 fertiggestellte Allerheiligenkirche an der Neubadstrasse. Geschaffen wurde sie vom Architekten Hermann Baur, der, beeinflusst von Le Corbusiers Notre Dame du Haut in Ronchamp, mit Beton laborierte und eine schlichte einschiffige Kirche mit atmosphärischen, durchbrochenen Kirchenfenstern verwirklichte. Dem liberalen Redaktor des Volksblatts gefiel des Reformierten Vergleich zwischen dem ewigen Lichtlein in der Kirche und der Verkehrsampel an der Kreuzung Neubadstrasse/Laupenring.

Stolz zeigte ich meinen Artikel auch meinem Deutschlehrer. Er war nicht begeistert von meiner Schreibe und ermahnte mich, bevor ich publizierte, zuerst einmal das Metier zu lernen. „Schreiben Sie doch einmal – beschreiben Sie einen Bleistift, aber so, dass jeder draus kommt, was für ein Ding das denn sei.“

Ärgerlich ging ich nach Hause. Und dachte nach. Einen simplen Gegenstand wie einen Bleistift zu beschreiben, kann ganz schön verzwickt sein. Wo sollte ich anfangen? Was sollte ich über den Bleistift sagen?

Wichtigste Aussage vergessen

Wenn ich mich richtig erinnere (bitte: es sind bald 62 Jahre her) beschrieb ich den Bleistift als „Schreibmittel, das aus einem gerundeten Hölzchen und einer eingebetteten Kohlemine besteht. Wenn man den Bleistift anspitzt, wird die Mine sichtbar und funktioniert, sobald man sie auf das Papier aufsetzt.“

Meinem Deutschlehrer war das viel zu wenig. Das Wichtigste hätte ich vergessen, nämlich dass man mit einem Bleistift zeichnen und schreiben könne und so seine Gefühle und Gedanken, Facts und Fantasie wiederzugeben vermöge. Der Bleistift sei nur das Mittel zum Zweck der Weitergabe törichter oder gescheiter, Anteil nehmender oder bösartiger Worte. Wütend, aber nur in Gedanken, fügte ich hinzu: «Und wenn der Stift abbricht, ist fertig lustig mit Zeichnen und Schreiben!»

Im Selbststudium habe ich mir später eigene Aufgaben gestellt. „Der Lehrer betritt die Klasse“ oder „Trämlifahrt vom Neubad auf den Barfi“ oder „Fondueabend mit Marco Suter und Pepita“ (wobei das Getränk gemeint war und keine Schönheit aus der Karibik, die damals in Basel erst sehr selten auftrat).^Während meiner Lehrzeit hatte ich Gelegenheit, für das Volksblatt Theater- und für die Basler Nachrichten Kino-Kritiken zu schreiben.

Vorbild Der Spiegel: Das Archiv

Dazu legte ich mir ein Archiv an, dank dem ich einige Schauspieler in die Vergangenheit zurückverfolgen konnte, die als Gäste oder im Ensemble zu meiner Zeit in Basel auftraten. Mein schönster Fund war eine deutsche Schauspielerin, die ich als Rektoren-Tochter Eva Kauer in der «Feuerzangenbowle» mit «Pfeiffer» Heinz Rühmann wieder erkannte. Karin Himboldt, das erfuhr ich erst dieser Tage bei einem «Rückversicherer» in Wikipedia, ist damals, also etwa 1959, in Basel geblieben und hat einen Direktor der Basler Chemie geheiratet. In Deutschland war sie nach der «Feuerzangenbowle», als sie als Halbjüdin an der Premiere den deutschen Gruss verweigert hatte, in den Bühnenhintergrund verschoben worden.

Für meine Filmkritiken wandte ich oft eine besondere Methode an, um mir den Film in Erinnerung zu behalten: Ich schrieb in Stichworten einzelne Szenen, die mich bewegt hatten, auf kleine Zettel und ordnete diese, immer wieder ergänzt durch neue Szenen,  zu einem Kurz-Drehbuch oder Treatment. Behalten habe ich diese Zettelerinnerungen leider nicht, geblieben ist mir dafür der Szenenablauf von Billy Wilders «Zeugin der Anklage» mit  Charles Laughton, Marlene Dietrich und Tyron Power.

Nun, es war dann doch noch ein langer Weg bis in den Journalismus. Zuerst wurde ich Werbefachmann und Lehrer an einer Hotelsekretariats-Schule. Erst mit 40 Jahren gelang mir der Sprung in den Journalismus, den ich trotz niedrigerem Gehalt nie bereut habe. Das Archiv, übrigens, hat meine sieben Jahre im Ausland nicht überlebt. Meine liebe Mama hat die Kartei zwar aufbewahrt, die ganzen Belegordner hingegen weggeworfen. Die Karteikarten nützten mir nichts, denn ich hatte vergessen, die Daten der Erscheinungen mit zu notieren.

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