StartseiteAllgemeinKoriander und Kornblume

Koriander und Kornblume

Der Gessner-Garten im Alten Botanischen Garten ist fit für das Jubiläum 500 Jahre Conrad Gessner

Mehr Freude an dem Garten mit dem Infostand als an seinem Denkmal hätte Gessner selber gehabt, war einhellig die Meinung bei der Neueröffnung zum Gessner-Jubiläum auf dem Bollwerk zur Katz in Zürich. Conrad Gessner beantragte als Stadtarzt schon im 16. Jahrhundert die Errichtung eines öffentlichen botanischen Gartens, aber die Stadtbehörde lehnte ab. Zürich wäre damit Avantgarde gewesen, denn botanische Gärten gab es damals erst drei, jenen von Padua bis heute am selben Standort.

Kresse wurde schon vor 500 Jahren im Krautgarten für die Küche kultiviert

Schon der kleine Conrad war an Pflanzen interessiert, pflückte und beobachtete welche mit seinem ihn fördernden Grossonkel. Später sammelte und katalogisierte er – Scholastiker der er war – Informationen aller Art, auch über Pflanzen. Sein umfassendes Pflanzenbuch konnte er nicht mehr vollenden, er wurde ein Opfer der Pest. Nachzulesen in der Biographie von Urs B. Leu, erschienen zum Jubiläumsjahr. Der dicke Wälzer ist eine anregende Sommerlektüre, auch wenn er sich weder für den Strand, noch fürs Lesen im Bett eignet. Aber warum nicht mal auf einer Bank am Rand des neu bepflanzten Gessner-Gartens ein Kapitel aus dem Leben des Universalgenies Conrad Gessner lesen? Vor allem die Seiten über des Stadtarzts Gessner Medizinalkräuter-Züchtungen oder seine Beobachtungen an fremdländischen Pflanzen, die er kultivierte.

Mehrere Dutzend Gäste folgten der Führung durch den Garten. Im Vordergrund die Mariendistel

Vier Abteilungen hat der Gessner-Garten, den der Leiter des Botanischen Gartens, Peter Enz, 1997 eingerichtet hat. Der bekannte Stadtökologe und Schriftsteller Stefan Ineichen entwarf rechtzeitig zum Jubiläum ein neues Konzept, getreu nach Gessners Buch Horti germaniae von 1561, worin er auch seine Gartenkünste beschreibt. Ganz allein schaffte es der meist überarbeitete Universalgelehrte, Stadtarzt, Naturforscher, Autor und Kommunikator in alle Teile des damaligen Renaissance-Europa nicht, es halfen ihm „Jätfraueli“, deren Wissen er ebenso begierig aufnahm wie jenes von Ärzten und Forschern seiner Zeit oder der Antike.

Stefan Ineichen neben dem Denkmal Conrad Gessners  

Gessner muss ein sehr sympathischer Mensch gewesen sein, einer, den der Erfolg nicht überheblich gemacht habe, sagt Stefan Ineichen, „aber er hatte die Life-Work-Balance nicht so richtig im Griff.“

– Krautgarten: Salate, Kressen, Kohl und ein aufgestengelter Mangold vom Vorjahr zeugen von dem, was schon im 16. Jahrhundert auf den Tisch kam. Zum Koriander vermerkt Gessner, dass er „seines Gestankes wegen“ besser auf Äcker als in Gärten passe.

– Wurzgarten: „Kräuter, deren Kenntnisse und Gebrauch dem Arzte unentbehrlich sind,“ gedeihen hier, darunter unübersehbar der Schlafmohn, dessen Wirkung schon die Antike kannte, das Schöllraut, ein wichtiges Heilkraut oder auch das Maria-Magdalenenkraut, besser bekannt als gewöhnlicher Baldrian.

Blüte des Schöllkrauts. Gessner kannte es als Heilpflanze bei trockenen Augen

– Forschungsgarten: Unbekannte Pflanzen, die Gessner von Bergwanderungen mitnahm, oder die aus Übersee oder dem Mittelmeergebiet stammten, genannt seien Enzian oder Lakritze, kultivierte der Stadtarzt hier und testete deren Wirkung an Hunden oder auch an sich selbst: So schreibt er, dass ihm übel wurde, als er den Rauch eines glimmenden Tabakblatts einsog.

Enzian – gefunden bei einer Reise in die Alpen, aquarelliert und untersucht fürs grosse Pflanzenbuch

– Ziergarten: Akelei, Lilien, Rosen waren beliebte Zierpflanzen, im 16. Jahrhundert kam; eingeführt aus dem Osmanischen Reich, als eigentliche Modepflanze die Tulpe dazu.

Pflanzen, die er nicht selber sammelte, brachten ihm Pflanzenboten: in einer Art Räf am Rücken war die Pflanze in einem Topf feuchter Erde zu transportieren, wobei der Bote auch regelmässig giessen musste, wenn die Reise länger dauerte. Beinahe ein Glück sei es, findet Ineichen, dass Gessner seine Historia plantarum nicht mehr fertigstellen und drucken lassen konnte, so seien die Aquarellblätter mit den handschriftlichen Notizen erhalten geblieben. Gessner war früh klar, dass Pflanzen bestimmte Böden und Klimazonen brauchten, und dass für die Einteilung die Fortpflanzungsorgane, also Blüten, Früchte und Samen entscheidend sind.

Einen Bogen von Stadtarzt Gessners Heilmittel zur heutigen Komplementärmedizin und zur Pharmaforschung schlug Christoph Hock, Prorektor Medizin und Naturwissenschaften an der Universität Zürich. Noch heute werden viele Kräuter, deren Heilkraft Gessner kannte, angewendet, beispielsweise das Schöllkraut oder die Kamille, für ein Antimalaria-Mittel aus dem einjährigen Beifuss bekam ein Chinese sogar den Nobelpreis. Beinahe wäre Gessner noch vorzeitiger gestorben bei einem Selbstversuch, erinnert Hock, die Wurzel der Christrose brachte ihn fast zum Ersticken.

Zu entdecken im Info-Schaukasten: Ein Pflanzenbote mit Conrad Gessner im Garten. Illustration © Ingrid Berney

Obwohl einige Pflanzennamen heute rätselhaft bleiben, wäre es fast möglich, aufgrund von Gessners Gartenbuch eine Vegetationskartierung für Zürich im 16. Jahrhundert zu erstellen. Viele der beschriebenen einheimischen Pflanzen waren damals noch verbreitet, heute sind sie vom Aussterben bedroht, darunter das Adonisröschen oder die Mariendistel, beide im Gessner-Garten zu beobachten.

So blüht und grünt es im Gessner-Garten (von oben im Uhrzeigersinn): Denkmal, Lichtnelke, Blatt des Rhizinus, Mariendistel, Schwarzlauch, Malve

Bei der kleinen Eröffnungsfeier, an der Gärtner, Wissenschaftler, Studenten und zahlreiche Gartenfreunde teilnahmen, gab es übrigens ein spezielles Bier: die private Brauerei www.drachenbraeu.ch mischte als Referenz an Conrad Gessner einem dunklen Weizenbier getrocknete Feigen, geschrotete Koriandersamen und einen Auszug aus Süssholz bei. Das Reinheitsgebot (Wasser, Hopfen, Malz) hat übrigens auch sein 500-Jahr-Jubiläum!

Hier finden Sie die Öffnungszeiten des Gessner-Gartens

Teaserfoto: Blüte des Rhizinus

Alle Fotos © Eva Caflisch

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