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IS und die Folgen für die Welt

«Menschenhändler. Die Schattenwirtschaft des islamischen Terrorismus» – Ein wichtiges Buch über den Islamischen Staat und die Folgen für die Welt.

Loretta Napoleoni beleuchtet in ihrem neuen Buch das verstörende Zusammenspiel von kriminellem Jihadismus und organisiertem Verbrechen, das in einer globalisierten Welt, als Reaktion auf die Interventionen des Westens im Nahen Osten, unbekannte Ausmasse angenommen hat.

Die italienische Terrorismusexpertin Loretta Napoleoni, die von London aus den IS und die damit zusammenhängenden Entwicklungen recherchiert und analysiert und dann verschiedene Regierungen berät, hat soeben ein neues Buch herausgegeben: «Menschenhändler. Die Schattenwirtschaft des islamischen Terrorismus». Es zeigt Hintergründe und Zusammenhänge auf, wo wir meist bloss oberflächlich und ausschnittweise informiert werden. Bereits vor einem Jahr erschien von ihr «Die Rückkehr des Kalifats. Der Islamische Staat und die Neuordnung des Nahen Ostens, ein Buch, das aufhorchen und umdenken liess. Im neuen Werk nimmt sie die sich weiter zuspitzende, ausweitende und verändernde Situation wiederum mit grosser Professionalität unter die Lupe.

Die Menschen, die zu Tausenden an Europas Küsten stranden, fliehen vor den Kriegen in Syrien und im Irak, in Somalia und Eritrea und legen ihr Schicksal in die Hände der Nutzniesser dieser Kriege: der Kidnapper, Piraten, Schleuser, Rebellen, Schmuggler, Dschihadisten, religiösen Fanatiker diverser Schattierungen. Die eindringliche Reportage «Ein Liebespaar auf der Flucht» gibt eine Innenansicht von Flüchtlingen. Das weltweite Flüchtlingselend zusammengefasst: Im Zentrum des Machtvakuums, das die Interventionen des Westens nach 9/11 in diesen Ländern hinterlassen haben, ist ein höchst lukratives neues Geschäftsmodell entstanden.

Millionengeschäfte mit Entführungen

Ein ebenso grosses Geschäft macht man mit Entführungen von fahrlässig in diese Länder gereisten Journalisten, abenteuerlustigen Touristen oder Mitarbeitenden von Hilfsorganisationen. Gerade zu diesem Teil, von dem die Öffentlichkeit kaum je wahrheitsgetreu informiert wird, liefert Napoleoni eine Fülle von exklusiven Gesprächen mit ehemaligen Geiseln, Unterhändlern und Mitarbeitern der Vereinten Nationen, des Roten Kreuz und anderer NGO. Dazu referiert sie aus Prozessprotokollen über die hoch professionellen Netzwerke der Menschenhändler, die sich von Westafrika über Libyen und von Syrien bis nach Europa erstrecken und aus denen heute Terrororganisationen wie al-Qaida und der sogenannte Islamische Staat Kapital schlagen und damit ihre Armeen aufrüsten. Die Mitauslöser der Flüchtlingskrise sind also gleichzeitig deren grösste Profiteure. «Die Flüchtlingskrise – der grösste Exodus seit dem Zweiten Weltkrieg – ist eine direkte Konsequenz der politischen Destabilisierung im Nahen Osten, ein irreversibles Phänomen, für das zuerst die Globalisierung und dann der aufkommende kriminelle Jihadismus verantwortlich waren. (…) Die Spielregeln (der Kidnapper) sind jenen an der Wall Street nicht unähnlich», meint die Autorin.

Alles hängt mit allem zusammen

In einem Gespräch vom 13. September 2016 auf 3sat geht Loretta Napoleoni auf die Frage ein, was angesichts dieser Situation zu tun wäre. Sie rät den europäischen Staaten, bei Entführungen kein Lösegeld zu zahlen und möglichst Reisen in die gefährlichen Gebiete zu unterlassen. «Solange man die Bären füttert, werden sie zurück ins Lager kommen», kommentieren die im Buch zitierten Amanda Lindhout und Sara Corbett die Situation. Mit solchen europaweit angewandten Massnahmen könnten Entführungen reduziert und das darauf fussende Wirtschaftssystem verhindert oder mindestens behindert werden. Ein Wirtschaftssystem, das genauso kriminell ist wie das westliche, welches von vielen als integraler Bestandteil des christlichen Wertesystems betrachtet wird. Mehr zur globalisierten Wirtschaft, vor allem zur Finanzwirtschaft, enthält Sahra Wagenknechts neues Buch «Reichtum ohne Gier».

Der Text von von Napoleoni liefert, so meine ich, einen interessanten Denkansatz: Denn was der Islamische Staat will, ist ein islamisches Terrorsystem, welches das globalisierte Terrorsystem besiegt. «Menschenhändler machen Geld mit den Leuten, die vor den Luftschlägen Obamas und Putins fliehen, während profitorientierte und gemeinnützige Organisationen diese Leute betreuen – und für beide Aktivitäten kommen die Steuerzahler auf. Um dieses surreale Szenario zu rechtfertigen, behaupten Ökonomen und Politiker, dass der plötzliche Zufluss von neuen Arbeitskräften für Europa positiv sei. Mit andern Worten: Die Europäische Union kann von dieser menschlichen Tragödie profitieren», schreibt die Autorin.

Das spannend geschriebene, faktenreiche, differenzierte und mit Glossar und Anmerkungen versehene Buch zeigt im einen Teil die Tragödie der Flüchtlinge und im anderen die Machenschaften der dschihadistischen und der weltlichen Kämpfer, Rebellen, Gangster, Kleinkriminellen, die von dieser Tragödie profitieren. Dabei wird offensichtlich, dass auch hier alles mit allem zusammenhängt. «Die Globalisierung hat eine beängstigende dunkle Seite. Sie hat verschiedene Regionen der Welt zu einem modernen Dschungel gemacht. (…) «Man kann sagen, dass sowohl politische Anarchie als auch wirtschaftliche Prosperität die Kidnapping-Industrie ankurbeln, und natürlich Gier – also alle wesentlichen Merkmale der neuen Weltunordnung.»

Napoleoni, Loretta: Menschenhändler. Die Schattenwirtschaft des islamischen Terrorismus, Rotpunktverlag, Zürich 2016, 270 Seiten

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