StartseiteMagazinKolumnenWer hat Angst vor der Grünen Wirtschaft?

Wer hat Angst vor der Grünen Wirtschaft?

Der Titel des Verfassungsartikels, über den wir am 25. September abstimmen, lautet: „Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)“.

Was mein Interesse am Thema weckte, war die heftige Ablehnung, mit der die Grüne Wirtschaft schon ganz am Anfang des Abstimmungskampfes bedacht wurde. Da wurde vom grünen Zwang geredet, vom grünen Lebensdiktat, ja von einer lebensfeindlichen Initiative. Und die Gefahren für Wirtschaft, Arbeitsplätze, Lebensstil wurden und werden mit düstersten Farben an die Wand gemalt.

Die Vehemenz der Abwehr machte mich hellhörig. Was sollte da auf uns zukommen? Also nahm ich den vorgeschlagenen neuen Artikel für die Bundesverfassung zur Hand und las ihn aufmerksam durch. Satz für Satz.

Ich war von der Wahl der Worte angetan. Abs. 1 lautet, dass Bund, Kantone und Gemeinden eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft anstreben.

Einen frommen Vorsatz würde ich das in der Umgangssprache nennen, jedenfalls alles andere als ein Diktat! Im weiteren heisst es in diesem Absatz, zusammengefasst, dass Bund, Kantone und Gemeinden geschlossene Stoffkreisläufe fördern und dafür sorgen, dass wirtschaftliche Tätigkeiten die natürlichen Ressourcen schonen und die Umwelt möglichst wenig gefährden und belasten. Hier ist formuliert, was viele Unternehmen heute in ihren Jahresberichten, in ihren Ökobilanzen bereits ausweisen.

Über den zweiten Absatz des vorgeschlagenen Artikels musste ich sogar schmunzeln. Dem Bund wird aufgetragen, zur Verwirklichung der Grundsätze von Absatz 1 mittel- und langfristige Ziele festzusetzen. Und über den Stand der Zielerreichung zu Beginn jeder Legislatur einen Bericht zu erstatten.

Wer immer etwas erreichen will, tut gut daran, Ziele festzulegen. Das ist im privaten Leben so, in der Politik ist es nicht anders. Es wird also alle vier Jahre einen Bericht geben, der aufgrund der Zielfestlegung erarbeitet werden muss. Das Parlament wird den Bericht immer am Anfang der Legislatur beraten. Das scheint mir nun vergleichsweise harmlos, deshalb musste ich schmunzeln. Etwas Bedrohliches kann ich im Festlegen von Zielen und im Erstatten eines Berichtes jedenfalls nicht erkennen.

Und auch im nächsten Satz des Abs. 2 nicht: „Falls die Ziele nicht erreicht werden, ergreifen Bund, Kantone und Gemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zusätzliche Massnahmen oder verstärken die bestehenden“.

In Abs. 3 wird dann konkreter formuliert, mit welchen Massnahmen eine nachhaltige und ressourcenorientierte Wirtschaft vom Bund gefördert werden soll. Diesen Abs. 3 musste ich zwei Mal lesen. Es heisst durchgehend, dass der Bund Massnahmen ergreifen kann. Er kann z.B. Forschung und Innovation fördern, er kann z.B. Vorschriften für Produktionsprozesse, Produkte und Abfälle erlassen, er kann verschiedene Steuer- oder Budgetmassnahmen ergreifen. In der politischen Realität heisst das, dass der Bund hier zwar Kompetenzen hat, dass er sie ausschöpfen kann, aber nicht muss.

Da tönt es dann in anderen Artikeln der Bundesverfassung ganz anders. Die Formulierung: „der Bund erlässt Vorschriften“ findet sich an anderen Orten immer wieder (Wettbewerbspolitik, Banken und Versicherungen, Mietwesen, Sozialversicherungen, usw). Aber nicht im Artikel über die Grüne Wirtschaft.

Der vorgeschlagene Artikel bildet eine Grundlage. Die Massnahmen, die der Bund ergreifen kann, wird er dem Parlament in Form von Gesetzesartikeln vorschlagen. Das wollte er bereits tun. Er hat dem Parlament eine Revision des Umweltschutzgesetzes vorgeschlagen. Als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative für eine Grüne Wirtschaft. Die Revisionspunkte fanden beim Parlament keine Gnade. Sie wurden abgelehnt.

Jetzt ist das Volk mit der Abstimmung über den Bundesverfassungsartikel am Zuge. Das Volk muss zum Rechten sehen, wie es in solchen Fällen jeweils heisst. Das Volk hat die Möglichkeit, dem Parlament einen Wink mit dem Zaunpfahl zu geben: wir wollen den Weg zu einem sorgfältigen Umgang mit unserem Planeten weiter beschreiten!

So weit, so gut. Des Pudels Kern oder der Stein des Anstosses liegt natürlich in der Formulierung der Übergangsbestimmung zu diesem Artikel: „Bis ins Jahr 2050 wird der „ökologische Fussabdruck“ der Schweiz so reduziert, dass er auf die Weltbevölkerung hochgerechnet eine Erde nicht überschreitet.“ Für mich ist das eine elegante Formulierung des angestrebten Zieles, sei dieser ökologische Fussabdruck nun wissenschaftlich umstritten oder nicht. Der Satz bedeutet auf jeden Fall, dass wir beim Umgang mit dem Planeten Erde immer auch an unsere Kinder, Enkel, Urenkel und Ururenkel denken wollen! Nicht nur mit einer gefühlvollen Jö-Reaktion, wenn das Foto des Neugeborenen ins Haus flattert. Nein, mit dem ernsthaften Gedanken daran, dass er oder sie auf derselben Erde wird leben müssen, auf der wir uns heute bewegen. Enkelgerechtigkeit nennen wir das!

Und nicht nur um unsere Nachkommen geht es. Es geht auch um die jetzt Lebenden weltweit, deren Lebensgrundlagen heute schon aus dem Gleichgewicht geraten.

2050 ist mehr als dreissig Jahre von uns entfernt. Niemand weiss, was bis dahin auf und mit unserer Erde passiert. Niemand kann abschätzen, welche Fortschritte umweltfreundliche Innovationen und Umweltschutz machen werden. Die Schweiz ist ja hier bereits auf dem Weg. Aber wir wissen aus Erfahrung, dass konkret in Aussicht genommene Ziele weitere Entwicklungen in Gang setzen.

Mit dieser Formulierung werden nicht nur abstrakt Gemeinden, Kantone und Bund in die Pflicht genommen. Nachhaltiges Wirtschaften geht alle an. Viele werden entsprechende Änderungen im Verhalten unserer Gesellschaft als wohltuend empfinden. Denn der aktuelle Lebensstil unserer „Wegwerfgesellschaft“ wird von aufmerksamen Menschen mehr und mehr hinterfragt! Ein Ja zum Verfassungsartikel für eine Grüne Wirtschaft ist deshalb ein Ja, das in die Zukunft führt!

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