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Die Entmenschlichung

Sie sind im Anmarsch, die Roboter, in Form von Alleskönnern, Geisterzügen und selbst fahrenden Autos – und sie treiben dem „Fortschritt“ das Wasser in die Augen.

Sitzen Sie gerade vor dem Computer und gehen die Lesebeiträge auf Seniorweb durch? Tun Sie es aus Neugier, aus Ergänzung zu Ihrem intakten sozialen Umfeld? Oder vielleicht aus Langeweile oder gar Einsamkeit? Der Datenspeicher sei ein Segen für die Menschheit, hörten wir damals – wann war es genau? – die Auguren orakeln. Alle könnten davon profitieren, Reich und Arm, die ganze Welt würde im Rahmen der Globalisierung zum vernetzten Dorf. Niemand müsse sich dieser Entwicklung verschliessen, die digitale Revolution ermögliche Demokratie und Wohlstand bis in die letzten Winkel unserer Erde.

In der Tat ist der elektronische Mainstream nicht mehr aufzuhalten, kann und soll er auch nicht, doch die Rasanz der Entwicklung mit positiven wie negativen Begleiterscheinungen zeigt praktisch nur noch in eine Richtung: Vogel friss oder stirb! Natürlich sind die Segnungen des Internet-Zeitalters nicht von der Hand zu weisen, aber nun droht nichts weniger als die allmähliche Abschaffung der menschlichen Arbeitskraft. Computer sind letztlich billiger, sie arbeiten rund um die Uhr, sind nie krank, und ihr gespeichertes Wissen übersteigt unser Vorstellungsvermögen bei weitem.

Doch das ist erst der Anfang, denn die Robotik macht in allen Belangen Fortschritte, dass einem weh und bange werden könnte. Die SBB testen bereits selbst fahrende Shuttle-Busse, die ab Sommer in Zug in das bestehende Verkehrsnetz integriert werden sollen. SBB-Chef Andreas Meyer strahlte wie ein Maikäfer, als er in der Bus-Schachtel auf vier Rädern Platz nahm. «Ich werde mir die erste Fahrt sicher nicht entgehen lassen“, meinte er zum Pilotversuch, der bis Ende 2018 läuft.

Auch der Genfer Autosalon bastelt euphorisch an der Zukunft von wirklichen „auto mobiles“ (was ja nichts anderes als „selbst fahrend“ heisst), damit sich die Fahrenden endlich der schönen Aussicht und den Mitinsassen statt dem Lenkrad und dem Gaspedal widmen können. Und was dann? Es droht, wie mir scheint, eine zunehmende Anonymisierung in vielen Lebensbereichen. Der Roboter wird schuld sein, wenn er auf Schiene oder Strasse ein unwägbares Ereignis in seiner Komplexität nicht bewältigen kann. Wir erleben ja jetzt schon, wie der ZVV in Zürichs ausufernder Agglomeration täglich mit der technischen Unbill zu kämpfen hat: „Schaden am Gleis“, „Weichenstörung“, „Türstörung“, heisst es dann bedauernd über die Lautsprecher. Während früher ein Kondukteur mit einem Vierkantschlüssel eine klemmende Tür entriegeln oder ein Autofahrer mit ein paar Handgriffen Ungemach vermeiden konnte, legt heute die Elektronik ganze Zugstrecken lahm. Und dann muss halt wieder Manneskraft mit gesundem Menschenverstand zum Rechten sehen.

Wer wird inskünftig einem Blinden in das führerlose Fahrzeug helfen oder eine Auskunft erteilen? Welche Prioritäten wird die Technik im hektischen Verkehrsaufkommen setzen, um die Passagiere sicher und pünktlich ans Ziel zu bringen? Und wie steht es um die rechtliche Seite, wenn Personen zu Schaden kommen und niemand schuld sein will? Nun, die Anwälte werden sich auf neues Juristenfutter freuen und neue Arbeitslose die Sozialwerke belasten. Der „Fortschritt“ wird in vielen Berufszweigen die menschliche Arbeitskraft entsorgen, denn der Mensch ist zu ineffizient und zu teuer geworden.

Stattdessen stehen Millionen an Europas Grenzen, die hier Schutz, Arbeit und Wohlstand suchen. Was kommt auf uns zu? Unsere Generation muss sich ständig vorrechnen lassen, was wir den Staat kosten und was unsere längeren Lebenserwartungen für Konsequenzen für die AHV haben. Doch die digitale Revolution und die Robotik sind unaufhaltbar und werden nicht nur die ältere Generation vor Fragen stellen, die noch nie so flächendeckend alle Lebensbereiche erfasst haben. Dann wird die so viel beschworene Solidarität zwischen Gewinnern und Verlierern vielleicht zur Zerreissprobe. Das eidgenössische Parlament gibt dieser Tage bereits einen bitteren Vorgeschmack mit seinem Gerangel «alle gegen alle» statt alle für eine zukunftsgerichtete, faire Lösung ohne Partikularinteressen.

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