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Strandkorb oder Ombrellone

Sommerferien unter dem Sonnenschirm an der Adria oder im Strandkorb an der Nordsee?

Die Nordsee und die Adria – wir könnten meinen, dass sich diese beiden Ferienregionen nicht vergleichen lassen, zu unterschiedlich sind sie. Der Strand, die südliche Sonne und im Hinterland Kulturdenkmäler auf Schritt und Tritt, Italien ist für Geniesser und Kulturbegeisterte der richtige Ort. Wer an die Nordsee fährt, rechnet auch im Sommer mit kalten, regnerischen Tagen. Die Nordsee, besonders das Wattenmeer, Weltkulturerbe seit 2009, bietet denen, die sich für Meerestiere, Pflanzen, Geografie und die bewegte Geschichte der Nordseeländer interessieren, reiches Anschauungsmaterial und Gelegenheiten zu vielen Spaziergängen. In Italien – besonders im Sommer – ist der Sonnenschirm unerlässlich, an der Nordsee kann man sich zum Dösen, Lesen, Ausruhen oder Plaudern in den Strandkorb zurückziehen.

Gibt es auch Gemeinsamkeiten der beiden gegensätzlichen Ferienziele? – Queller brachte mich dazu, danach zu suchen. In einem Fischerort an der Adria hatte ich zum feinen Fischessen Queller als eine der Beilagen bekommen. In diesem traditionellen Ort gibt es nur Speisen, die in der Gegend geerntet oder gefischt werden können. – Queller kannte ich allerdings aus einer gänzlich anderen Landschaft: meiner Lieblings-Nordseeinsel Amrum.

Queller, bereit für die Zubereitung
© w.r.wagner / pixelio.de

Dort hatte ich diese seltsame Pflanze am Rande der feuchten Salzwiesen wachsen sehen und hatte erfahren, dass er eine beliebte Zutat der einheimischen Küche ist. Deshalb hatte ich nicht erwartet, dass im subtropischen Klima der italienischen Riviera das gleiche Kraut gedieh wie an der bekanntlich rauhen Nordsee. «Der Europäische Queller gehört zu den Fuchsschwanzgewächsen, eine in Eurasien verbreitete Gruppe von sehr ähnlichen Arten. Kennzeichnend sind ihre fleischigen, scheinbar gegliederten und blattlosen, einjährigen Sprossachsen. Queller als Erstbesiedler der oft überfluteten Wattböden der Meeresküsten und Salzstellen des Binnenlandes wird auch als Meerfenchel, Meeresbohne, Meeresspargel, Glasschmelz oder Glasschmalz bezeichnet», erklärt Wikipedia.

Schon in den heissen Tagen vorher hatte ich mich an meine Aufenthalte auf Amrum erinnert, denn bei meinen Spaziergängen am Saum der Wellen («Spülsaum» nennt man das auf Amrum) war mir hier an der Adria der Meersalat aufgefallen, eine Grünalge, die die Form von Salatblättern hat, saftig hellgrün, solange sie noch im Wasser ist. In der Nordsee hatte ich solche Meersalatblätter aus dem Wasser gefischt und gegessen, wenn sie noch frisch aussahen und das Wasser sauber schien.

Strandlilie, auch Dünen-Trichternarzisse genannt,  am Strand von Cesano

Bei Spaziergängen am Strand entdeckte ich, dass sich auch in Italien Menschen um den Schutz der Natur kümmern. Das lässt sich nicht mit den Schutzmassnahmen an der Nordsee vergleichen, zu unterschiedlich ist die Entwicklung an der Adria, zudem ist Naturschutz in Italien vorwiegend dem Engagement von Freiwilligen überlassen. Aber diese sind aktiv!

Mein Blick fiel auf Tafeln, die darauf hinweisen, dass am Strand einige Bereiche als Naturschutzzonen deklariert sind. Es wurde auch erklärt, welche schützenswerten Pflanzen, Kleintiere und Vögel dort leben. Im heissen Sommer sieht man gerade von letzteren nur wenig, aber im Frühling und Herbst, wenn die Touristenmassen heimgefahren sind, gibt es dort sicher etwas zu beobachten. Aber einige markante und hübsche Blumen entdeckte ich – und stellte daheim fest, dass sie auch auf Amrum wachsen: die stachelige Stranddistel und die wunderschöne Strandlilie. Zum Glück wachsen all diese geschützten Pflanzen zwischen ziemlich stacheligen Kräutern, was die Gefahr vermindert, dass sie von unachtsamen Zeitgenossen zertreten werden. Denn an der Adria geht man in Sandalen spazieren (und bekommt an solchen Orten zerstochene Füsse), nicht in Bergschuhen.

Gewöhnliches Ferkelkraut – nicht nur auf Dünen zu finden

Bevor im 19. Jahrhundert die Moderne sich auch an der Adria ausbreitete, die Eisenbahnlinie von Bologna nach Ancona gebaut wurde, später direkt hinter dem Strand die Strasse für den wachsenden Verkehr ausgebaut wurde und schliesslich weiter im Land eine Autobahn, war die Strandzone, damals fast ungenutzt, auch dort viel breiter als heute. Das Meer wurde damals noch nicht durch Wellenbrecher zurückgehalten, deshalb gab es Dünen, sicher nie so hoch wie an der Nordsee, aber die Küste war weniger «fixiert» als heute.

An der Nordsee musste man seit jeher auf Ebbe und Flut achten, das Meer und damit auch der Strand benötigten also schon immer eine vielfach grössere Fläche. Dazu veränderten Stürme und Sturmfluten die Küstenlandschaft immer wieder dramatisch. Eine Massnahme der Bewohner bestand darin, Deiche als Schutz zu bauen.

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Amrum, Dünen und im Hintergrund Wald, der im 19. Jahrhundert gepflanzt wurde

Die Badekultur, d.h. ans Meer zu reisen, um darin zu baden, entwickelte sich erstaunlicherweise in beiden Regionen ungefähr in der gleichen Epoche. An die Nordsee kamen die ersten Badegäste vor ca. 150 Jahren. Es waren reiche Leute, die oft durch eine Kur an der salzigen Seeluft gestärkt werden wollten. Anfangs liessen sich Frauen in langen Badekleidern von einem Pferdewagen in die flache See fahren. Die Amrumer selbst waren demgegenüber sehr skeptisch. Das Badeleben auf der Nachbarinsel Sylt gefiel ihnen nicht, und so wehrten sie sich bis in die 1890er Jahre, ehe sie es auch auf ihrer Insel zuliessen. Im 20. Jahrhundert entstanden richtige Kurhäuser und Luft- und Badekuranstalten, auch für Kranke und Bedürftige.

Stranddistel am Strand von Cesano

Auch in einem so renommierten Ort wie Rimini entwickelte sich die Badekultur erst im Laufe des 19. Jahrhunderts. Am Meer Badeferien zu machen, war den Menschen früher offensichtlich nicht in den Sinn gekommen. Das bedeutet nicht, dass in den kleinen Küstenorten nichts los war. In einem Ort wie Cattolica, südlich von Rimini, gab es schon anfangs des 16. Jahrhunderts zwanzig Gasthäuser. Zu einem Seebad wurde es erst, als die erwähnte Eisenbahn hier anhielt. Als Folge davon kamen die reichen Bürger der Emilia Romagna und errichteten sich in Cattolica, aber auch in vielen anderen kleinen Orten, ihre Sommerresidenzen.

Heutzutage reisen Sonnenhungrige in den Sommermonaten nach Italien. Danach sind Strände und Badeorte verwaist. Amrum hingegen macht stolz Werbung für einen Aufenthalt im Winter «Amrum im Schnee».

Fotos (wenn nicht anders erwähnt): mp

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