Judith (69) ist Hypnosetherapeutin und lebt in einem Mehrfamilienhaus im ersten Stock ohne Lift. Sie ist geschieden und hat zwei Kinder und 2 Enkelkinder.
Am Donnerstag fahre ich meistens in mein Strandhaus. Das Strandhaus ist eigentlich ein kleiner Anbau im Einfamilienhaus von Freunden in Aarau. Ich habe diese Wohnung gemietet, weil ich zu weit weg wohne, um meine Enkelin einen Tag pro Woche zu betreuen. So früh aufstehen und spät nach Hause kommen, das wäre mir zuviel gewesen. Aber mit dem Studio in Aarau ist das praktisch, da bleibe ich dann bis Freitagabend oder auch bis am Sonntag, je nachdem was gerade passt. Ich mache zwar gerne Pläne und finde es wichtig, eine Struktur zu haben, aber ich werfe meine Pläne auch oft und gerne spontan über den Haufen.
In der Wohnung ganz für sich und doch mittendrin.
Das gefällt mir an meiner Lebenssituation – ich kann auf mich hören und das machen, was für mich stimmt. Ich arbeite in einer Woche rund 3-4 Tage als Hypnosetherapeutin in Stans, danach mache ich zwei Wochen Pause. Die Gespräche mit den Klienten sind mir wichtig und ich ziehe viel Kraft daraus. Einerseits kann ich den Menschen helfen, ihre Probleme zu lösen, andererseits profitiere auch ich viel vom Austausch, bei dem es um wichtige Lebensthemen geht. Mit diesem Rhythmus habe ich Zeiten der Arbeit aber auch genug Raum für meine Regeneration.
Ich bin ein offener Mensch und liebe es, wenn ich spontan entscheiden kann, was ich machen möchte. Und manchmal mag man halt nichts machen. Dann gibt es ein Maulwurfswochenende in meiner «Bäbistube» in Stans. Wenn man den schwierigen Stimmungen genügend Raum gibt, lösen sie sich von selber wieder auf. Druck erzeugt nur Gegendruck. Meine Wohnung in Stans nenne ich Bäbistube, weil sie klein und gemütlich ist. Ich fühle mich hier sehr wohl und geborgen. Es ist mir wichtig, dass meine Umgebung schön und ordentlich ist und manchmal leiste ich mir auch wieder etwas Neues, zum Beispiel die Esszimmerstühle. Die haben zwar ein Vermögen gekostet, aber ich freue mich jeden Tag über sie.
Gute Zeit mit lieben Leuten zu verbringen ist etwas vom Wichtigsten.
Das Einfamilienhaus in Luzern zu verlassen, war damals ein riesiger Kraftakt. Das Schwierigste war, den Moment zu finden, um vom Nachdenken ins Handeln zu kommen. Ich liess mit dem Haus ja auch die ganze Erinnerung an die langjährige Familienzeit hinter mir. Was mir half war die Vorstellung, dass nach meinem Auszug wieder Kinder im Haus wohnen würden. Dass im Garten wieder gespielt wird und dass im Wohnzimmer wieder Legoklötze liegen. Ich hatte eine gute Maklerin, die mir beim Verkauf geholfen hat. Aber es war trotzdem sehr anstrengend, alles in die Hände zu nehmen und zu überlegen, was mitgenommen wird und was nicht. Zum Glück hatte das Loslassen auch etwas sehr Befreiendes. Das mache ich heute noch regelmässig. Wenn ich meinen Kleiderschrank ausmiste, freue ich mich jedesmal über die Leichtigkeit, die mir entgegenkommt, wenn ich die Schranktüre öffne.
Dass das Haus hier in Stans eine Treppe hat, ist für mich kein Problem. Jedenfalls jetzt noch nicht. Vielleicht wird es später zu einem Problem, aber darüber denke ich jetzt nicht nach, weil ich weiss, dass sich immer eine gute Lösung findet.
Die Familie meiner Tochter wird aus beruflichen Gründen früher oder später ins Ausland ziehen. Vermutlich gebe ich dann das Strandhaus auf. Es bleibt also dynamisch, aber das macht mir keine Angst. Mein inneres Zuhause finde ich bei mir selber – das ist quasi mein Schneckenhaus. Und weil ich das ja immer dabeihabe, bleibe ich offen und flexibel.
Bisherige Beiträge der Serie «Wohngeschichten»:
Ade Familienwohnung
Schicksalsgemeinschaft mit Bruder
Leben im Zügelchaos
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Trotz Erblindung zu Hause
Ich wollte mich noch mehr verkleinern
Morgenkaffee in der Lobby
Zur Kolumne: Weil mich Wohngeschichten schon immer fasziniert haben, rede ich mit Menschen im letzten Lebensdrittel über das Thema Wohnen. Welche Bedeutung hat die Wohnung für eine Person? In welcher Lebensphase sucht man sich eine neue Wohnung? Was ist den Leuten wichtig? Ich freue mich jedesmal auf die Begegnung mit den spannenden Menschen und ihren Wohngeschichten.
Die Wohngeschichte von Frau Antonia Jann über «Judith» gefällt mir sehr gut. Ich fühle mich mit diese r Frau verbunden und möchte gerne Ihre Mail.-Adresse, auch wegen dem Therap. Angebot.
Mit besten Grüssen
Li Eller van Ligten
Hallo Frau van Ligten – gerne gebe ich Ihnen die Emailadresse. Schicken Sie mir doch eine Email, damit ich Ihre Koordinaten habe.
Freundliche Grüsse: Antonia Jann (jann@jannmoeschlin.ch)
Ja, das loslassen. Nicht einfach, dennoch spannend. Ich bin mit 56 Jahren nach Kolumbien ausgewandert.
Am 1.11.2011 bin ich mit 2 Koffer von Zürich nach Cartagena geflogen. Mit dem normalen Touristenvisa.
Dann hat es mich nach Capurgana gezogen. Dort traf ich meine jetzige Frau, welches das Hostal Capurgana führt. Die Schwester wollte schon sehr lange ihren Anteil am Hostal verkaufen. Nicht einfach, denn das Hostal st ein Familienbetrieb.
Ich bin nun 67 und Beatriz meine Frau 65. Da wir nun beide pensioniert sind möchte wir reisen und Neues entdecken.
Wir haben nun im Homeexchange.com ein Inserat geschaltet. Dort kann man Leute suchen, die zur gleichen Zeit, Haus oder Wohnung tauschen wollen
Leider hat es dort bis jetzt keine Schweizer, die mit uns tauschen wollen. Aber es wird schon noch was kommen. Berlin scheint zu klappen und auch eventuell Wien.
Wer Lust hat kann mein Inserat in homeexchange.com ansehen. Einfach Capurgana in Kolumbien eingeben
Eben : Dies hat auch mit loslassen zu tun. Neues wagen und ausprobieren.
Es grüsst Silvio
Ich wohne seit 1999 in meiner 4-Zimmer-Altbauwohnung mit Garten und möchte nicht ausziehen. Loslassen ist sicher eine Tugend; meine ist es nicht.