StartseiteMagazinKulturAnna Göldi als politische Parabel

Anna Göldi als politische Parabel

Neuhausen am Rheinfall wartet mit einer Attraktion auf: Bis 22. Oktober wird das Musical «Anna Göldi» in der alten SIG-Industriehalle gespielt.

Die Geschichte von Anna Göldi als letzte Hexe der Schweiz ist schnell erzählt. Am 13. Juni 1782, inmitten der Aufklärung, musste Anna Göldi, Dienstmädchen im Hause von Dr. Johann Jakob Tschudi, durch das Schwert sterben, nachdem sie wegen Giftmischerei und Hexerei zum Tode verurteilt worden war. Die Glarner Justiz leidet wegen der Verurteilung unter schlechtem Ruf und engagiert den deutschen Journalisten Heinrich Ludewig Lehmann, um die Ehre der Glarner Justiz zu retten.

Verschwörung aus Leidenschaft

Hier setzt das von Autor und Regisseur Mirco Vogelsang geschaffene Musical «Anna Göldi» ein. Dr. Tschudi, Arzt, Ratsherr, Fünferrichter und Regierungsrat im Kanton Glarus, beauftragt den Journalisten Lehmann mit der Wahrheitsfindung in seinem Sinne. Doch Lehmann, bestärkt durch den Gerichtsschreiber Melchior Kubli, stösst bei seiner Recherche auf zahlreiche Ungereimtheiten, die eher für eine Verschwörung aus Leidenschaft und Berechnung sprechen. In Rückblenden wird die Dienstzeit von Anna Göldi im Hause Tschudi rekonstruiert, ihre Anstellung, ihre Liebe und Fürsorge zu Miggeli, dem Kind des Ehepaars Tschudi, die Kunde, dass sie von Dr. Tschudi geschwängert worden sei, ihre Vertreibung und Verfolgung, nachdem Miggeli angefangen hat, Nadeln zu spucken, und ihre Verurteilung durch die Fünferrichter.

Raphaël Tschudi als Journalist Heinrich Ludewig Lehmann (links) und Roland Hermann als Gerichtsschreiber Melchior Kubli hegen erste Zweifel an der Hexerei von Anna Göldi.

«Anna Göldi – das Musical» lässt sich durchaus als politische Parabel verstehen. Die Botschaft ist klar und angesichts der tristen Weltlage aktuell: Anna Göldi ist zur Rettung der ehrenwerten Glarner Oberschicht Unrecht geschehen. Mirco Vogelsangs musikalische Umsetzung der Parabel mit über 20 Darstellern ist blendende Unterhaltung mit toller Technik, frischen Gags, viel Gefühl und durchwegs stimmigen Gesangseinlagen. Gespielt und gesungen wird mit hohem Tempo, ohne jemals hektisch zu werden oder in die Sentimentalität abzurutschen. Das karge Bühnenbild verwandelt sich laufend auf offener Szene: Wände öffnen sich und herausgefahren werden neue Schauplätze. Gleichzeitig dient die ganze Rückwand als Projektionsfläche für grandiose Videoeinspielungen, die das Geschehen auf der Bühne mit den Mitteln der Illusion untermalen und verstärken.

Eine liebevolle und glaubwürdige Stimme

Die von Moritz Schneider und Robert D. C. Emery kreierten Kompositionen (vorwiegend elektronische Klangwelten), gespielt von einem zehnköpfigen Orchester, untermalen die Stimmungsbrüche im Stück gekonnt, mal dezent melodiös, mal brachial ohrenbetäubend. Grossartig sind die Chorauftritte mit Liedern, die das dramatische Geschehen stimmgewaltig begleiten und abrunden. Bleiben noch die Darsteller, allen voran Masha Karell als Anna Göldi. Sie gibt der Hauptdarstellerin eine liebevolle und glaubwürdige Stimme, die viele menschliche Emotionen in ihrem Kampf um Gerechtigkeit spüren lässt. Simon Schnorr spielt den Dienstherrn Dr. Tschudi sehr berechnend, mal pragmatisch unterkühlt und polternd, mal emotional kokettierend, wenn er Anna Göldi umwirbt.

Stimmgewaltig und bedrohlich begibt sich das Ensemble auf Hexenjagd.

Eveline Suter als Tschudis Ehefrau Elsbeth ist die wahre Entdeckung des Abends. Sie verfügt über eine gewaltige Stimme, die ansatzlos zwischen hohen und tiefen Tönen wechseln und ebenso in der Oper bestehen kann. Förmlich spürbar ist ihre Lebensgier, die sie in ihrer behüteten Umgebung nicht ausleben kann. Auch die übrigen Rollen (Roland Hermann als Gerichtsschreiber Melchior Kubli, Raphaël Tschudi als Journalist Heinrich Ludewig Lehmann und Paul Erkamp als Dr. Melchior Zwicky, der Anna Göldi in tiefer Liebe verbunden ist) sind gut besetzt und tragen wesentlich zur packenden Inszenierung bei.

Simon Schnorr als Dienstherr Dr. Johann Jakob Tschudi triumphiert. (Fotos: Stageworks GmbH)

Produziert wurde «Anna Göldi» von der eigens gegründeten Schaffhauser Firma Stageworks GmbH, welche die Region Schaffhausen als Musicalstandort etablieren möchte. Der Start scheint gelungen: An der Premiere gabs Standing Ovations und viel Zwischenapplaus für die über zwei Stunden dauernde Aufführung. Bis 22. Oktober sind 46 weitere Aufführungen geplant.

Mehr unter annagoeldi-musical.ch

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