StartseiteMagazinGesellschaftDas Sparschwein hat ausgedient

Das Sparschwein hat ausgedient

„Schwein gehabt! Von der Sparbüchse zum Leben auf Kredit“. Die 9. Ausstellung im Vögele Kultur Zentrum vom 16. November 2014 bis 22. März 2015 widmet sich der Sparkultur.

Beim Geld kann jeder mitreden, und beim Sparen kommen persönliche Gefühle hoch. Tatsächlich wirft die Ausstellung viele Fragen auf, auch Wut, gerade von alten Menschen, welche die Kulturgeschichte des Sparens erfahren haben und sie heute kritisch beurteilen. Eine Ausstellung sei eine Behauptung, die aus dem Dialog mit anderen Menschen entstehe, sagt Kurator Pius Freiburghaus. Die Auseinandersetzung mit persönlichen Erfahrungen sei gewollt, bestätigt Freiburghaus.

Das Sparverhalten hat sich verändert

Sparschweine und einige hundert Sparkassen verschiedener Banken säumen die Ausstellung. Mit den Sparbüchsen wurden die Kinder zum Umgang mit Geld erzogen. Heute wissen die Bankangestellten oft nicht mehr, dass es einen Schlüssel braucht, um so eine Kasse zu öffnen.

Mit einer Sparkasse begann Freiburghaus die Untersuchung des schweizerischen Sparverhaltens und fand heraus, dass sich die sogenannte Schweizer Tugend heute in der Sofort-Konsum-Gesellschaft auflöst.

Die Ausstellung führt chronologisch durch das Sparverhalten im 20. Jahrhundert, nimmt dazu Stimmungsbilder auf und nähert sich Bild für Bild der Gegenwart. Kunst, mediale Beiträge und Objekte dienen als Zeitzeugen.

Die Ausstellung beginnt bodenständig mit dem Bauernhaus und einer Wäscheleine mit eingenähtem geschreddertem Geld, einem Kunstobjekt von Irene Anton, hübsch anzusehen, aber an diesem Ort etwas fremd. Man hätte die Ausstellung noch weiter aktualisieren können: den Tisch der Jasser mit dem Casino konfrontieren. Und die Basler Sparvereine, die nach der Finma die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen und ihren Namen ändern mussten, den Banken gegenüberstellen, die während sechs Jahren Handelsgeschäfte mit Währungen und Edelmetallen manipuliert haben. Solche Zusammenhänge muss der Besucher selbst finden.

Geld fordert Vertrauen

Der Umgang mit Geld erfordere Vertrauen, erklärt Monica Vögele, Leiterin des Vögele Kultur Zentrums. Vertrauen in die Bank, in den Staat, in das System. Vertrauen müssen auch die Eltern haben in eine gesunde Selbstbestimmung der nächsten Generation, damit diese lerne, mit den heutigen Gegebenheiten zurechtzukommen, schreibt Monica Vögele im Vorwort zum Kulturbulletin.

Ausstellungsansicht (Foto: Katharina Wernli Photography)

Hat sich unser Sparen gelohnt?

Tatsächlich zeigt der erste Gang durch die Ausstellung, wie fragwürdig Sparen heute geworden ist. Die Kapitalzinsen sind gleich Null. Die Risiken des Lebens werden durch Versicherungen abgedeckt, das Alter glücklicherweise durch AHV, BVG und KVG gesichert. Kürzlich mahnte ein Teilnehmer einer Fernsehdiskussion, die 40-Jährigen sollten unverzüglich für ihre Altersvorsorge sparen. Ein 40-Jähriger erzählt mir, er werde die Berufsarbeit ein Jahr lang aussetzen und die Welt bereisen. Wenn das Geld keine Zinsen abwirft, warum nicht besser Bilder von fremden Ländern und Erlebnissen sammeln?

Die Alten wissen, dass jahrelang erspartes Geld in einem Wisch verschwinden kann – vielleicht nach längerer Arbeitslosigkeit und immer nach dem Eintritt in ein Pflegeheim.

Nur so viel ausgeben, wie man einnimmt

Bleibt noch der bewährte Grundsatz, dass man sich an einen Lebensstil halten sollte, der finanzierbar ist, und dass man nicht mehr Geld ausgeben sollte, als zur Verfügung steht. Auch dieser Grundsatz zerbröckelt, denn Geld kurbelt die Wirtschaft an, und eine wachstumsorientierte Wirtschaft brauche eine konsumfreudige Bevölkerung, selbst dann, wenn die Leute auf „Pump“ kaufen, schreibt Matthias Binswanger in seinem Artikel „Inspiration aus dem Westen“ im Vögele Kultur Bulletin. Die Verschuldung laufe heute subtil, beginnend mit dem Handy, das mit den Abonnementsgebühren abbezahlt werden kann.

Ursula Palla TAUSEND-PART 2, 2014, Videostil, Copyright: the Artist

Im Vögele Kultur Bulletin finden sich weitere erhellende Kommentare zur Ausstellung und zu den Kunstwerken. Auch zur Masslosigkeit, wie sie schillernde Persönlichkeiten exzessiv betreiben, mit Bildern, welche die Medien genüsslich verbreiten. Diese Persönlichkeiten haben eine kurze Laufzeit. So kennt der Schüler, der die Journalisten während der Medienorientierung am Tag der Zukunft begleitet, Madonna nicht mehr. Auch der spöttische Hinweis, sie könnte die Grossmutter von Lady Gaga sein, hilft ihm nicht auf die Sprünge. Er und jüngere Journalisten wundern sich auch, dass da eine Kuh in der Reihe der Symbole für Überfluss steht. Die Geschichte vom goldenen Kalb kennen sie nicht.

Die Ausstellung bietet im oberen Stockwerk eine Diskussionsecke mit Objekten für Schüler: die Schatzkiste der Piraten, Onkel Dagobert, die Telefonwerbung einer Bank für ein Jugendkonto mit Antrittsgeschenk. Die Ausstellung wird von einer Reihe von Veranstaltungen und Führungen begleitet.

Die Ausstellung

16. November 2014 bis 22. März 2015

Öffnungszeiten:

11:00 – 17:00 Mittwoch – Sonntag
11:00 – 20:00 Donnerstag
Montag und Dienstag geschlossen

Bild Lead:
Jessica Craig-Martin, Real Beauty, 2008 (AmfAR Benefit, Cannes)
aus der Serie Standard Excess, C-Print
Courtesy the arist & Galerie Andres Thalmann, Zürich

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