StartseiteMagazinKulturEine wundersame Kinderleiche

Eine wundersame Kinderleiche

Seit Jahren führt der Schauspieler Daniel Rohr höchst erfolgreich das Kleintheater Rigiblick in Zürich. Sein Geheimrezept: Text und Musik kombinieren.

Das Theater Rigiblick, hoch über Zürich gelegen und mit einer Standseilbahn zu erreichen, muss sich keine Sorgen um die Zukunft machen. Die Vorführungen sind meist ausverkauft und einzelne Inszenierungen wie «Azzurro» und «Pink Floyd meets Edgar Allan Poe» stehen jahrelang auf dem Programm. Von einer Krise im Theater, wie sie an vielen grossen Bühnen diskutiert wird, kann beim Theater Rigiblick keine Rede sein. Das ist vorab das grosse Verdienst von Daniel Rohr, der seit 2004 das Kleintheater auf dem Zürichberg mit schönem Ausblick auf Stadt und See leitet und in vielen Stücken selber mitspielt. Sein Erfolgsrezept: ein Mix aus eigenen Produktionen und auserlesenen Gastspielen. Erfolgreich kombiniert er Text und Musik, mal ziemlich schrill und laut aus der Poprockszene wie in Goethes Faust, mal eher fein aus der Klassik. 

Klein ist das Theater Rigiblick, aber gross das Herzblut, das die Crew um Hausherr und Schauspieler Daniel Rohr in das Kleintheater steckt. Das spürt man sofort, wenn man auf den Zürichberg pilgert und eine der Vorstellungen besucht. Die Programmierung ist sehr speziell und «musiklastig», hebt sich wohltuend von jener der Grossbühnen ab, die oft Clownerien mit den Klassikern treiben oder moralisierend das Publikum mit allerlei Weisheiten füttern. Die Atmosphäre ist familiär, die Bühne ein Experimentierfeld für bunte, schrille, vergnügliche, poetische Inszenierungen ohne aufwendige Bühneninstallationen.

Ein Kolumbianer mit Leiche in Rom

Das trifft auf die von uns besuchte jüngste Eigeninszenierung «Die Geschichte einer Heiligen» zu, die im Frühsommer Premiere feierte und wohl noch lange gespielt wird. Das Stück entstammt einer Erzählung aus dem Buch «Zwölf Geschichten aus der Fremde» von Gabriel Garcia Marquez, die von Exilanten aus Südamerika in aller Welt berichten. Im Zentrum von «Die Geschichte einer Heiligen» steht der kolumbianische Gemeindeschreiber Margarito Duarte, der in Rom der 1950er-Jahre seine Tochter, die mit sieben Jahren stirbt und auf wundersame Weise nicht verwest, heiligsprechen lassen will.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Daniel Rohr als Ich-Erzähler auf dem Vespa, im Hintergrund eine Illustration von Fredi M. Murer.

Duarte setzt unermüdlich alle Hebel der vatikanischen und römischen Beamten-Maschinerie in Bewegung, überlebt mehrere Päpste, bis er sein Anliegen vortragen kann, die Heiligsprechung seiner Tochter, die gewichtslos in einem Koffer liegt und den Duarte immer mit sich trägt, zu erwirken. Doch die Jahre vergehen ergebnislos und Duarte stirbt vereinsamt mit seiner wundersamen Leiche. Die Frage bleibt, wer eigentlich in dieser rührenden Geschichte heiliggesprochen werden sollte.

Tango-Leidenschaft von Astor Piazzolla

Auf einer einfach ausstaffierten Bühne mit wenigen Utensilien (Tisch, Stuhl, Bett, Vespa) erzählt Daniel Rohr als Ich-Erzähler die wundersame Geschichte von Margarito Duarte. Nach jeder Episode spielt das in der Bühnenmitte platzierte Galatea Streich-Quartett zusammen mit der Pianistin Eriko Kagawa Stücke von Astor Piazzolla und Vivaldi, untermalt  die Erzählung brillant mit viel Tango-Leidenschaft. Auf einer Grossleinwand werden Zeichnungen von Fredi M. Murer und Matthias Gnehm gezeigt, die die Stationen der Geschichte teils humorvoll vorwegnehmen oder aktuell illustrieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Galatea Streich-Quartett spielt Tango-Musik von Astor Piazzolla. (Fotos: Tania Dorendorf/ T+T Fotografie)

Das Zusammenspiel von Erzählung, Musik und Illustration ist vortrefflich gelungen. Die von Peter Schweiger inszenierte Aufführung verströmt eine magische Aura, die die rührende Komik und Absurdität der Geschichte förmlich erlebbar macht. Und Daniel Rohr versteht es meisterlich, mit Stimme, Mimik und Gestik die wunderbare Geschichte in Szene zu setzen, sie vergnüglich mit der nötigen Ironie auszubreiten. Insgesamt wird ein anregender, kurzweiliger Abend geboten, der noch lange still und leise nachklingen wird.

Die neue Saison im Theater Rigiblick wartet wiederum mit vielen Highlights an Gastspielen und Eigenproduktionen auf. Sie hier alle aufzählen zu wollen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Besonders hinweisen möchten wir auf die neue Reihe «Balladen im Rigiblick», eine Koproduktion von Theater Rigiblick und Quartierkultur Kreis 6, für die spezielle Balladen-Abonnements gelöst werden können.

Mehr unter theater-rigiblick.ch

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