Endliche Erde

Thomas Sprecher widmet dem Pionier des ökologischen Nachhaltigkeitsdenkens, Ernst Basler, ein hervorragendes Werk, das die Entwicklung des Umweltbewusstseins nachzeichnet.

Die Plötzlichkeit eines Einfalls, der das Leben eines Menschen verändert und bestimmt, ist nur dem geschenkt, der fragend durch die Welt geht. Dies ereignete sich bei Ernst Basler, der als Ingenieur mit seiner Familie an die Expo 64 fuhr, im Welschland Ferien machte, um einige Male die Ausstellung besuchen zu können. Sie thematisierte unter anderem den Fortschritt. Schon im Eingangsbereich begegnete Basler hässlichen Bildern von Umweltverschmutzung und Zersiedlung des Landes. Das war die Kehrseite der zivilisatorischen Höherentwicklung. Als junger Ingenieur war er vom steten Streben nach immer besseren Zuständen des Daseins beseelt. Aber er sah auch deren Ambivalenz. Den positiven Seiten standen negative gegenüber. Ernst Basler erkannte das Dilemma, in das die Menschheit zu geraten schien. Die Erde mit ihren beschränkten Ressourcen war endlich, das Begehren und die Wünsche der Menschen hingegen uferlos, ja sie wuchsen exponentiell. Also drohte die Gefahr der Ausbeutung und Übernutzung der Erde und der Beeinträchtigung der Biospähre, in der Leben möglich ist.

Wie liessen sich die negativen Folgen des Wachstums begrenzen? Plötzlich stiess Ernst Basler auf den Begriff der Nachhaltigkeit, der im eidgenössischen Forstgesetz von 1876 in dem Sinne definiert wurde, dass nicht mehr Wald geschlagen werden durfte als nachwuchs. Baslers geniale Einsicht galt dem Gedanken, diesen eingängigen Begriff auf sämtliche Bereiche der Nutzung von irdischen Ressourcen zu übertragen. Er schildert sein damaliges Dilemma mit den Worten: „Es wächst nicht nur die Bevölkerung, auch deren Verbrauch an Gütern, Energie und Siedlungsfläche wird mit wachsendem Wohlstand grösser – nicht aber der verfügbare Lebensraum und die Ressourcen.“ Da war ein künftiger Konflikt programmiert. Basler ging daran, seine Einsicht wissenschaftlich zu begründen. Er fand dabei, dass das materielle Wachstum nicht nur linear fortschritt, sondern in immer grösseren Schritten, exponentiell. In den sechziger Jahren wollte niemand etwas von einer Konfrontation des zivilisatorischen Wachstums mit der Endlichkeit der Erde hören.

Ernst Basler – Speerspitze der Forschung

Thomas Sprecher, Jurist und Literaturwissenschaftler, widmet nun dem damals unbequemen Mahner, der als erster auf die sich anbahnenden globalen Gefahren hinwies, das Buch „Endliche Erde“. Er zeigt auf, wie der Begriff der Nachhaltigkeit an Boden gewann und das Bewusstsein der Menschen beeinflusste. Basler schrieb 1972 ein Werk, in dem er seine Forschungsergebnisse unter dem Titel „Strategie des Fortschritts“ zusammenfasste. Das Besondere und Reizvolle an Sprechers Schrift ist die Art, wie er die wissenschaftlichen Befunde Baslers und dessen engagiertes Lebenswerk mit der allmählichen Entfaltung des Umweltbewusstseins verwoben hat. Die Leserinnen und Leser gewinnen durch die Lektüre eine vertiefte Kenntnis dieser Entwicklung. Sie können zugleich verfolgen, wie Ernst Basler als Speerspitze der Forschung versuchte, die Menschen auf die Folgen des masslosen Wachstums aufmerksam zu machen.

Basler entwickelte seine Ideen als erster im universitären Rahmen (am MIT, Massachusetts Institute of Technology). Im Zentrum seiner Gedanken stand die Nachhaltigkeit. Baslers Aufruf lautete, die Menschheit müsse sich neu orientieren. Er erkannte schon vor 45 Jahren, dass der Zivilisationsprozess in Schwierigkeiten geraten würde, schritte die Übernutzung der Biosphäre fort. Er vertraute aber darauf, dass bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ein breiteres Umweltbewusstsein vorhanden sein würde. Die Menschen würden begreifen, dass die Qualität der Entwicklung wichtiger sei als der masslose quantitative Konsum und der Verbrauch von Ressourcen. Damit war auch der Begriff des „Qualitativen Wachstums“ geboren.

Nun wird allmählich klar, dass uns die wissenschaftlich begründeten Vorhersagen einholen. Der Klimawandel ist ein Vorbote dieser Erkenntnis, andere werden folgen. Der Verlust der Biodiversität schreitet voran, die Überdüngung der Wiesen und Äcker wird erkannt, die Verschmutzung der Weltmeere bestätigt frühere Bedenken, Regenwälder werden nicht nachhaltig geschlagen. Das Umweltbewusstsein der Menschen ist zwar sensibler geworden, aber es mangelt teilweise am Willen, die Erkenntnis politisch umzusetzen. Basler hatte mit seinem Buch von 1972 „Strategie des Fortschritts. Umweltbelastung, Lebensraumverknappung und Zukunftsforschung“ insofern Pech, als es vom Werk des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ überschattet wurde.

 

 

 

Das glänzend geschriebene Buch „Endliche Erde“ gibt nicht nur einen hervorragenden Überblick über die Entstehung des Umweltbewusstseins, sondern es ehrt auch einen Schweizer Pionier, der mit seinem Engagement die Politik seines Landes beeinflusst hat. Für Ernst Basler, Ingenieur und Unternehmer wie auch Wachstumskritiker war klar, es durfte und darf nicht weitergehen wie bisher.

Thomas Sprecher: Endliche Erde. Ernst Basler, Pionier des ökologischen Nachhaltigkeitsdenkens. NZZ Libro, 2017. ISBN 978-3-03810-260-1.

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