Gerhard Richter

Eine grossartige Komposition von Bild und Raum, Gemälde und Architektur erwartet die Besucher der Gerhard Richter Schau in der Fondation Beyeler

Er gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Maler, sicher ist er einer der teuersten. Sein Fokus liegt im Erforschen der Grenzen des Malbaren. So entstand ein heterogenes Werk. Dennoch ist er heute ein Markenzeichen für Kunsthäuser und den Kunstmarkt. Fragt sich, was denn dem weithin bekannten Werk noch neues abzugewinnen sei, in einer weiteren Ausstellung nach den grossen Retrospektiven zum achtzigsten Geburtstag.

Die Fondation Beyeler präsentiert die umfangreichste Richter-Ausstellung, welche je in der Schweiz gezeigt wurde. Die Schau umfasst 170 Gemälde und Objekte, darunter abstrakte mit dem gelenkten Zufallsprinzip entstandene grosse Bilder-Zyklen, oder die fotorealistischen mit dem Unschärfen-Effekt, darunter das Porträt der Tochter Betty, welches gern als Mona Lisa der modernen Malerei bezeichnet wird. Richter ist insofern ein Faszinosum, als er sich immer wieder anders mit der Bildnerei auseinandersetzt – da mit dem Rakel und groben Pinsel auf den Grossformaten, dort mit gegenständlicher Malerei, oder mit digitalisierten Techniken und neu mit dem Reflex von Glas – und mit der ganzen Disparität seines Schaffens kreativ und spannend bleibt.

Die Ausstellung wurde vom Doyen der heutigen Kuratoren Hans Ulrich Obrist eingerichtet, die Hängung erfolgte in engem Kontakt mit dem Künstler selber, die beiden sind langjährige Freunde. Obrist traute sich als 18jähriger Gymnasiast, den Künstler bei seiner Ausstellung in der Berner Kunsthalle 1986 anzusprechen. Er kennt das Werk also wie kein anderer und gibt bei Beyeler nun einen erhellenden Überblick über Richters Schaffen.

Da ist der Oktoberzyklus, zeitungsbasierte Malerei grau in grau, welche an das Ende der Roten Armee Fraktion erinnert. Das trug dem Maler Vorwürfe der Politkunst ein. Die gestreiften digital hergestellten Riesenformate Strip waren unlängst in Winterthur zu sehen. Die kleinformatigen mit Ölfarbe übermalten Fotos Museum Visit von 2011 hängen zum genauen Studium im Gang. Das grossartige Seestück und der Eisberg im Nebel sind gemeinsam mit zwei Zyklen im Hauptraum der Fondation ausgestellt.

An der einen Längswand der Cage-Zyklus von 2006, gegenüber die roten Rhomben von 1998 und dazwischen die Glasskulptur 12 Scheiben (Reihe) von 2013 – Spiel mit Spiegelung, Reflexion, Unschärfe. So werden die grossen Rakelbilder, betrachtet durch die Glasinstallation zur Unschärfe, was sie in Richtung von Richters gegenständlicher Malerei bringt. Richter malt seine Zyklen simultan, das heisst er arbeitet an allen Bildern gleichzeitig: So entstanden die sechs Cage-Tafeln während sich der Maler Musik von John Cage anhörte, oder die kleinformatigen, von fotorealistisch bis fast abstrakt variierten S. mit Kind-Gemälden 1995. Jahre vor dieser intensiven Auseinandersetzung mit dem Madonna mit Kind-Motiv, beschäftigte sich Richter mit einem anderen kunsthistorischen Vorbild, 1973 entstand die fünfteilige Verkündigung nach Tizian. Von diesem Zyklus konnte das Kunstmuseum Basel am 9. Mai 2014 vier Bilder dank grosszügiger Mäzene erwerben, das fünfte gehört einer öffentlichen Sammlung in Washington DC. Alle fünf Tafeln sind bei Beyeler ausgestellt.

Wer die Ausstellung besucht, sieht sich nicht Bild um Bild an, man bewegt sich auch nicht auf einer Zeitachse durch die Räume (in zeitlicher Abfolge geordnet sind die Abbildungen dagegen im Katalog zur Ausstellung). Hier ist jedes Kabinett, jede Halle ein besonderer Raum, jeweils eine Gesamtkomposition.

Aber nie ist es die Vollkommenheit in der Einheit. Gerhard Richter hat anscheinend durchgesetzt, dass die Räume – beispielsweise jener mit den Grau-Tafeln – eine Störung bekommen und dadurch vielleicht erst recht die vollkommene Harmonie – bei unserem Beispiel ist es das kleine Bild von Ella in rosa.

So werden Museumssäle zu Orten, in denen das Raumdenken von Gerhard Richter mit der kongenialen Umsetzung durch Obrist zu je besonderer Wahrnehmung anregen. Unter den gleichsam als Kontrapunkte zu den Zyklen und Serien gesetzten kleinen Werken, finden sich die bekannten Richterschen Ikonen, BettyKerzeSchädel.

Die Anfänge von Richters Beschäftigung mit dem Verhältnis von Malerei und Raum lassen sich bis in die Fünfzigerjahre zurückverfolgen, als er an der Hochschule für Bildende Künste Dresden Wandmalerei studierte. Freilich werden wir noch länger warten müssen, bis wir die frühe Auftragsarbeit im Hygienemuseum in Dresden – von Richter ungeliebter sozialistischer Realismus – zu Gesicht bekommen.

Gerhard Richter wurde 1932 in Dresden geboren. Er studierte zunächst an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. 1961 floh er in die Bundesrepublik und setzte das Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf fort, wo er auch von 1971–1994 eine Professur innehatte. 1972 stellte er im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig sowie auf der Documenta in Kassel aus, auf der auch 1977, 1982, 1992 und 1997 vertreten war. 2002 hat ihm das Museum of Modern Art in New York eine umfangreiche Retrospektive gewidmet. Zuletzt war die Retrospektive Panorama in in London, Berlin sowie Paris zu sehen.

Bis 7. September
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Gerhard Richter. Bilder/Serien. hg. von Hans Ulrich Obrist

Titel: Aus dem Bach-Zyklus. © 2014 Gerhard Richter

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