StartseiteMagazinGesundheitWenn Ohrenspitzen nicht mehr hilft

Wenn Ohrenspitzen nicht mehr hilft

Viele ältere Personen hören nicht mehr gut. Ein Hörgerät tragen sie trotzdem nicht. Eine neutrale Hörberatung könnte Abhilfe schaffen. Pro audito schweiz bietet sie an.

Mit neutrale-hörberatung.ch bietet pro audito schweiz eine unabhängige Beratungsplattform für Fragen rund um das Thema Hörverlust. Die Organisation setzt sich für die Interessen von Menschen mit einer Hörbehinderung ein und ist Dachverband der 30 regionalen Hörbehindertenvereine.

Wer schlecht hört, sollte ein Hörgerät tragen. Denn: Hören heisst dazugehören. (pro audito schweiz)

Mit der neuen Beratungsdienstleistung wird eine Anlaufstelle geschaffen für Personen mit Hörschwäche oder mehr. Beantwortet werden auch Fragen rund um die nötigen Abklärungen, das «richtige» Hörgerät und Beiträgen von AHV und IV. Wer neu ein Hörgerät trägt, sieht sich mit vielen Fragen und Problemen konfrontiert. Pro audito (pro-audito.ch) kann weiterhelfen.

Seit mehr als 40 Jahren betreut und berät die Audioagogin Gigi Ménard Personen mit Hörproblemen. (B.Reichlin)

Das Hören vernachlässigen, das lohnt sich nicht. Das betont auch die diplomierte Audioagogin Gigi Ménard, seit mehr als 40 Jahren Spezialistin für Hörprobleme bei Erwachsenen, Hörbehinderten, Ertaubten und Cochlea-Implantierten.

Seniorweb: Gigi Ménard, wann braucht jemand ein Hörgerät?

Gigi Ménard: Meist merkt es die betroffene Person selber zuerst, will es aber nicht wahrhaben. Entschuldigungen sind schnell gefunden: Die anderen sprechen so undeutlich, das Telefon oder die Türglocke sind einfach zu leise eingestellt. Dann wird man von Drittpersonen auf das Problem angesprochen. Etwa, weil man des Öftern nachfragen muss, nicht mehr alles mitbekommt oder sich in einer Gesprächsrunde «abmeldet», weil man der Diskussion nicht mehr folgen kann. Nur: Bis jemand zum Akustiker geht, muss der Leidensdruck schon hoch sein.

Was soll man unternehmen, wenn man bei sich ein Hördefizit wahrnimmt.

Ich schicke Ratsuchende immer zuerst zu Akustiker. Dieser macht als erstes ein Reintonaudiogramm, das heisst, er misst die Lautstärken, bei denen man verschiedene Tonfrequenzen noch hört. Typisch im Alter ist die Hochton-Schwerhörigkeit, bei der hohe Töne – Klingeltöne, Vogelgezwitscher, aber auch helle Laute wie i oder e und Zischlaute wie s, sch, f, z – verloren gehen. Man stelle sich vor, jemand fragt: «Wie geht es Ihnen?» und sie verstehen «Wu goht os Uhnon?»

Und der Akustiker verschreibt einem dann ein Hörgerät?

Nein, so schnell geht es nicht. Nachdem in einem ersten Schritt die noch vorhandene Gehörleistung abgeklärt ist, folgt der Gang zum Hals-Nasen-Ohrenarzt (HNO). Er stellt die Diagnose und verfasst zuhanden der Versicherung eine Expertise. Denn IV oder AHV zahlen später nur, wenn ein gesicherter, ärztlich diagnostizierter Befund vorliegt. Der HNO macht also ein Sprachaudiogramm und klärt ab, ob vielleicht andere Faktoren wie Gehörpfropfen oder eine Krankheit hinter der verminderten Hörleistung stehen.

Schadet man sich und seinen Ohren, wenn mann mit diesen Abklärungen und damit mit einem Hörgerät zu lange zuwartet?

Fast alle warten viel zu lange. Wir Fachleute gehen davon aus, dass die meisten sich erst nach etwa zehn Jahren zu ihren Hörproblemen bekennen. Dabei bedeutet gutes Hören doch auch Lebensqualität oder anders formuliert: Hören heisst auch dazugehören. Das Hörzentrum im Gehirn verlernt, Geräusche zu interpretieren, wenn diese aufgrund einer Schwerhörigkeit nicht mehr wahrgenommen werden. Das heisst, es gehen Hirnfunktionen verloren. Dazu kommt aber auch die gesellschaftliche Isolation. Wer die andern nicht mehr versteht, kapselt sich ab, zieht sich zurück.

Gilt also der Grundsatz «Je früher, desto besser»?

Im Grunde schon. Wer nach längerer unbehandelter Schwerhörigkeit eine Hörhilfe bekommt, wird meist überschwemmt mit einer Fülle von Geräuschen und Tönen und empfindet das als extrem unangenehm. Die Zeitung raschelt furchtbar laut, die Gabel quietscht auf dem Teller, die Autotüren werden knallend geschlossen, die Kinder kreischen, es ist kaum zum Aushalten – das Gehirn hat «vergessen», wie sich diese Geräusche anfühlen und ist zuerst mal heillos überfordert. Deshalb: je fortgeschrittener eine Schwerhörigkeit ist, desto grösser sind die Anfangsschwierigkeiten beim Tragen eines Hörgerätes.

Kann sich ein Hörverlust auch nur in einem Ohr manifestieren?

Man hat zwei Ohren und hört demnach Stereo. In wenigen Ausnahmefällen hört jemand nur auf einem Ohr schlecht. Altersschwerhörigkeit ist in der Regel beidseitg und man sollte auch zwei Hörgeräte tragen. Und diese angeschaltet lassen, von morgens bis abends. Viele schalten ihr Hörgerät in der Wohnung aus, wenn sie allein sind und «sparen» so Batterien. Aber das ist ein Unsinn. Das Gehirn muss wieder lernen, Geräusche zu filtern, Töne einzuordnen, auch leise.

Weshalb haben Hörgeräte ein so viel schlechteres Image als eine Brille?

Das hat einen sozialen Hintergrund: Früher sind Hörbehinderte in die Ecke «dumm» gestellt worden, weil sie einem Gespräch kaum folgen konnten, vielleicht selber, aufgrund ihres Hörschadens, Sprachdefizite hatten. Heute ist diese Stigmatisierung kleiner geworden, auch, weil bereits früh und gezielter therapiert werden kann. Wer heute ein Hörgerät trägt, wird trotzdem für voll genommen.

Wer schlecht hört und sich ein Hörgerät zulegt, hört dann auf einen Schlag wieder picobello?

Es braucht in jedem Fall eine Angewöhnungszeit. Und wichtig ist die sorgfältige Auswahl des Hörgerätes. Das kauft man nicht so schnell in einer Hörberatung, das braucht Zeit. Die Quantität des Hörverlustes kann zwar gemessen werden, die Qualität des Hörens aber ist subjektiv. Das Hörempfinden ist bei jedem Menschen anders. Dem einen passt dieses Modell, dem anderen jenes. Vielleicht wird Sprache wieder gut verstanden, aber im Konzert scherbelt es. Dann muss auf ein anderes Gerät umgestellt werden, so lange, bis alles passt. Das Ganze hat mit dem komplexen Bau des Ohrs zu tun. Bei einer Innenohrschwerhörigkeit, im Alter die am meisten verbreitete, liegt oft eine Fehlhörigkeit vor, weil die für die hohen Töne zuständigen Nervenzellen als erstes «schlappmachen». Laut sprechen nützt da gar nichts. Bei der Mittelohrschwerhörigkeit hingegen ist das ganze Tonspektrum vermindert, alles tönt dumpf und leise. Das Hörgerät ist wie eine Krücke, die genau dort unterstützt, wo im Ohr Defizite diagnostiziert werden. Denn, und das sage ich gerne nochmals: Hören heisst auch dazugehören.

Eine letzte Frage: Kann man das Gehör eigentlich trainieren, wie einen Muskel oder wie die Sehkraft?

Eine gute Prophylaxe ist es, Lärmquellen wenn möglich meiden und sich nicht zu oft grossem Lärm aussetzen. Rauchen (Kappillarverschluss) und Medikamente, zum Beispiel gewisse Antibiotika können den Gehörnerven ebenfalls schaden. Junge Leute sollten daran denken, dass lautes Musikhören über Kopfhörer das Gehör extrem belastet – auch wenn die Quittung dafür erst in späteren Jahren folgt.

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