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Zwei Brücken für ein Laufenburg

Erst seit gut 200 Jahren gibt es zwei Laufenburg am Rhein, ein Aargauisches am Südufer und ein Badisches gegenüber

Als der Rhein sich nach der Eiszeit zwischen Schwarzwald und Tafeljura den Weg durch einen Riegel aus rotem Gneis und Granit suchte, entstand an der engsten Stelle eine nur zwölf Meter breite Schlucht mit starken Stromschnellen, der Laufen. Die Habsburger erkannten die strategischen Vorteile des Ortes früh und gründeten hier vor 800 Jahren eine Stadt mit Burg und Befestigungen. Laufenburg gedieh zu einem wichtigen Handels-, Verwaltungs- und Gerichtsplatz. Bis 1801 gehörte Laufenburg zu Österreich, 1803 teilte Napoleon den linksrheinischen Teil dem neu gegründeten Kanton Aargau zu.

Der Laufen, der kleine Rheinfall mit Laufenburg vor der Sprengung, gemalt von Hans Thoma im Jahr 1870

Bei der engsten Stelle wurde 1207 eine erste feste Brücke erbaut, um die Stadtteile links und rechts des Rheins zu verbinden. Wegen Unwettern und kriegerischen Auseinandersetzungen musste die Brücke immer wieder aufgebaut werden. 1810 entstand eine teilweise gedeckte Holzbrücke auf Steinpfeilern. 1911 wurde sie beim Bau des Wasserkraftwerks und der Sprengung des Laufen durch einen Neubau ersetzt. Der Ingenieur Robert Maillart (1872-1940) konzipierte sie als Zweibogenbrücke aus Stahlbeton, einem damals neuen Werkstoff. Heute ist sie renoviert und für den Fahrzeugverkehr gesperrt.

Spaziert man dem Rheinufer entlang, entdeckt man Frassspuren vom Biber. Obstbäume müssen mit Gittern vor seinen Fressattacken geschützt werden. Zuckerrüben stibitzt er aus den Feldern. Biber trifft man kaum, aber am frühen Nachmittag kann es sein, dass man Männern in Begleitung von Polizisten begegnet: Das Bezirksgefängnis hat keinen Innenhof, so dürfen die Inhaftierten einen Rheinspaziergang machen.

Holztransport auf dem Rhein: Der Laufen war ein gefährliches Hindernis für die Flösser

Oberhalb der alten Rheinbrücke bestand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein Umschlagplatz für die Flösser und den Schiffsverkehr. Viel Holz gelangte via Reuss, Limmat und Aare zur Sammelstelle nach Stilli unterhalb des Wasserschlosses, wo die ansässigen Berufsleute die Flosse in Empfang nahmen und sie zum Rhein nach Laufenburg weiterflössten.

So wurden die Stämme von den Flössern zusammengebunden und auf Flussfahrt gebracht. Das Beispiel steht am Uferweg

Für die 28 Kilometer lange Strecke benötigten sie zweieinhalb Stunden. Die Rückkehr erfolgte zu Fuss über den Flösserweg, heute ein Wanderweg. Die Laufenburger Stromschnellen und Felsen waren für die Flösserei ein gefährliches Hindernis.

Die Laufenknechte übernahmen für diesen Streckenabschnitt die Verantwortung. Die Flosse wurden oberhalb der gefährlichen Stelle auseinandergebunden und die mit Besitzerzeichen gekerbten Holzstämme einzeln durch den Laufen losgeschickt. Weiter unten fügten die Flösser die Hölzer wieder zu neuen, grösseren Flossen zusammen und brachten sie mit zwei bis drei Mann bis nach Holland. Auch die mit Waren beladenen Schiffe brauchten lokale Unterstützung durch die Laufenknechte und die Karrer. Sie entluden die Schiffe, die sie an Seilen befestigt durch die Schnellen führten, und beluden sie hinterher wieder für die Weiterfahrt.

Die alte Brücke von 1810 (oben) mit den Stromschnellen, die heutige, von Robert Maillart 1911 

erbaute Zweibogenbrücke aus Stahlbeton (unten), welche über ein eher ruhiges Gewässer führt

Neben der Flösserei war die Lachsfischerei ein wichtiger Erwerbszweig. Der Lachs musste beim Laufen über die vielen Felsklippen springen, was den Menschen ermöglichte, ihn leicht zu fangen. Es gab mitunter grosse Lachse, die bis zu zehn Kilogramm auf die Waage brachten. Man fing sie in Reusen und brachte sie in den Dorfbrunnen, wo man sie verkaufte. Mit der Sprengung des Laufen und dem Bau des Kraftwerks 1909-1914 endeten Lachsfischerei und Flösserei.

Den Brückenkopf der Hochrheinbrücke für den Transitverkehr aus diesem Jahrhundert schmückt eine Plastik des Laufenburger Künstlers Erwin Rehmann (Detailansicht)

Anderthalb Kilometer oberhalb der alten Rheinbrücke liegt die neue Hochrheinbrücke, erbaut zwischen 2003 bis 2004. Die neue Brücke entlastet die Stadt vom Verkehr, der früher mit bis zu 4000 Autos täglich die engen Gassen verstopfte. Die Hochrheinbrücke ist eine elegante, feingeschwungene Brücke. Auf der Schweizer Seite schmücken Bronzeskulpturen von Erwin Rehmann (*1921) den Brückenkopf. Im Rehmann-Museum, ehemals seine Atelierräume, ist sein Schaffen zu sehen. Beim Brückenbau können sich auch in erfahrenen Ingenieurbüros Fehler einschleichen. Deutschland und die Schweiz haben einen unterschiedlichen Bezug zur Höhe über Meer. Die einen messen vom Amsterdamer Pegel aus, die andern vom Genfer Pierre du Niton aus, der sich auf die Meereshöhe von Marseille bezieht. Dieser Umstand war den Planern zwar bekannt, ein Höhenunterschied von 27 Zentimetern musste berücksichtigt werden. Durch einen Vorzeichenfehler wurde die Differenz jedoch verkehrt herum gerechnet, so dass der Höhenunterschied auf 54 Zentimenter wuchs. Während der Bauausführung wurde der Fehler bemerkt und frühzeitig korrigiert.

Hüben und drüben – Laufenburg. Die weisse Kirche ist Blickfang des Aargauer Städtchens

Vor der deutschen Zollstation zweigt ein Pfad zum Rheinufer ab. Der idyllisch angelegte Uferweg führt über die unsichtbar im Boden verlegten städtischen Kanalisationsrohre bis in die Stadt hinein, Holzstege überqueren Wasserzuflüsse. Bei der vom Tourismusbüro geführten Zweibrückentour berichtet der Guide von weiteren Sehenswürdigkeiten. Von der Burganlage auf dem Schlossberg ist nur noch der Turm erhalten. Die Bevölkerung durfte sich aus den Burgruinen das Baumaterial für ihre Häuser holen. 1908 legte man eine Parkanlage an und 1986 wurden die erhaltenen Teile der Ruine saniert. Direkt darunter steht die reich ausgemalte spätgotische Stadtkirche St. Johann von 1479, die später im Inneren festlich barockisiert wurde. Sie ist als Hochzeitskirche beliebt.

Blick auf die Uferzeile mit der roten Kirche des deutschen Laufenburg: durchaus auch preiswürdig

Im Bezirksgerichtssaal mit der stuckierten Rokokodecke tagt das Gericht noch heute unter den grossen Ölporträts von Maria Theresia und den österreichischen Kaisern. Die Eisenbahn wurde auf der badischen Seite 1856 eröffnet, auf der Aargauer Seite erst 1892. Die Eisenbahn und besonders die Eröffnung des Elektrizitätswerks 1914 brachten den wirtschaftlichen Aufschwung.

1985 erhielt Laufenburg vom Schweizer Heimatschutz für sein historisch intaktes Stadtbild den Wakkerpreis. Die barocke Statue des heiligen Nepomuk, Brückenheiliger und Staatsheiliger des gesamten Habsburgerreiches, steht heute als Kopie auf der alten Brücke und beschützt beide Laufenburg rechts und links des Rheins. Auch wenn der Rhein heute Landesgrenze ist, feiert Laufenburg traditionell als Einheit seine Städtlefasnacht, ausgerichtet von der seit 1386 bestehenden Narro-Altfischerzunft.

Fotos: Jakob Zimmermann und Ruth Vuilleumier

Alle Informationen für einen Ausflug nach den beiden Laufenburg finden Sie hier.

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