Wenn jeder Schritt schmerzt, das Bücken zunehmend schwer fällt und auch Physiotherapie, Spritzen und Medikamente nichts mehr helfen, dann fällt der Gang zum Hüftgelenkspezialisten den meisten nicht mehr schwer. Ein neues Hüftgelenk, genauer, eine Prothese anstelle der abgenutzen Gelenkspfanne und des Hüftkopfes, ist ein Stück wiedergewonnener Lebensqualität und schon lange kein Schreckgespenst mehr.
Das künstliche Hüftgelenk kann dieses Jahr ein Jubiläum feiern: Seit 50 Jahren werden abgenutzte oder durch Arthrose geschädigte Hüftgelenke durch eine Prothese ersetzt, die einerseits im Oberschenkelknochen verankert wird – «wie ein Setzholz», erklärt Ulrich Steiger, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie an der Zürcher Klinik Hirslanden, anlässlich einer Gesundheitsmatinée zum Thema Bewegung im Alter. Andererseits wird die Gelenkpfanne im Hüftknochen neu formiert.
50-Jahr-Jubiläum
Die Entwicklung dieser künstlichen Gelenke ist eine eigentliche Erfolgsgeschichte, an der Schweizer Ärzte und Medizinaltechnik-Firmen wesentlich beteiligt sind. Zwar unterscheiden sich die ersten solcher Prothesen vor 50 Jahren wesentlich von den heute verwendeten. Die ersten künstlichen Hüften bestanden aus für den Dauergebrauch ungeeigneten Metalllegierungen, die mit Zement im Knochen befestigt wurden. Metallabrieb konnte in der Folge Beschwerden verursachen, ungeeignete Kunststoffe führten zu weiteren Problemen und ganz allgemein war die Lebensdauer dieser ersten «Gehhilfen» limitiert. Wobei, nebenbei bemerkt, auch heute noch machen ungeeignete Prothesen Schlagzeilen und müssen ausgetauscht werden.
Knochenverbindung zum Titan
Und trotzdem: Es sind um die 20’000 meist ältere Menschen allein in der Schweiz, die sich jedes Jahr so ein Metall-Polyäthylen-Keramik-Konstrukt in ihre Hüfte einpflanzen lassen. Ganz einfach deshalb, weil damit wieder ein normales Leben ohne dauernde Schmerzen geführt werden kann und auch sportliche Aktivitäten möglich sind. Wenn die künstlichen Gelenke klappern würden, wäre es auf vielen Golfanlagen und Tennisplätzen wohl ziemlich laut.
Neue Operationstechniken
Aber nicht nur bei den Materialien werden seit 50 Jahren stetig Fortschritte erzielt, auch die Operationstechniken haben sich verfeinert. Zuerst einmal müssen moderne Titanprothesen nicht mehr mit Zement im Knochen verankert werden. Ihre aufgeraute Oberfläche begünstigt ein schnelles Anwachsen der Knochensubstanz am Fremdkörper. Dr. Steiger zeigte im Bild, wie sehr Prothese und Knochen bereits nach zwei Monaten miteinander verwachsen sein können.
Zudem wurde vor rund sieben Jahren eine neue Operationstechnik entwickelt, die es erlaubt, minimalinvasiv, also durch kleinere Schnitte, die kranken Knochenteile zu entfernen und die Prothese einzusetzen. Da dabei die Muskulatur viel weniger in Mitleidenschaft gezogen wird, ist der Patient bereits nach wenigen Tagen wieder mobil.
Minimalinvasive Technik
Allerdings sei diese neue Operationsechnik für den Chirurgen aufwändiger und schwieriger, betonte Dr. Steiger. Das «Arbeitsfeld» ist stark eingeschränkt und der Operateur auf ein gutes dreidimensionales Vorstellungsvermögen angewiesen. Trotzdem operiert Dr. Steiger 99 Prozent aller Patienten nach dieser Methode. Bei stark Übergewichtigen muss allerdings noch auf die traditionelle «grosse» Operation ausgewichen werden.
200’000 Kilometer ohne Service
«Wenn ein Patient auch nach 20 Jahren mit einem künstlichen Hüftgelenk noch beschwerdefrei ist, können wir zufrieden sein», fasst Ulrich Steiger seine Erfahrungen zusammen. Einer seiner Patienten ist seit 21 Jahren jeden Tag mehrere Stunden zu Fuss unterwegs, hat insgesamt 200’000 Kilometer zurückgelegt und sein künstliches Hüftgelenk macht immer noch mit. Also eine Erfolgsgeschichte, diese Hüftprothesen-Operationen. Und eine, die viel Lebensqualität schenkt.