Das Wasserforschungsinstitut Eawag untersucht den Effekt von Hochtemperatur-Wärmespeicher auf das Grundwasser
In einem kürzlich gestarteten Projekt untersucht das Wasserforschungsinstitut Eawag, wie sich der Einsatz von Erdsonden-Wärmespeichern auf das umliegende Erdreich, das Grundwasser und die darin lebenden Mikroorganismen auswirkt. Das Projekt entsteht direkt auf dem Campus in Dübendorf.
Klassische Erdwärmepumpen holen im Winter die Wärme aus dem Boden, um Gebäude zu heizen. Bei den auf dem Areal der Empa und der Eawag installierten Bohrloch-Wärmespeichern handelt es sich um Erdsonden, die nicht nur im Winter die Wärme an die Oberfläche holen können, sondern die Hitze aus den Sommermonaten in den Boden zurückführen, damit diese dann in der kälteren Jahreszeit zur Verfügung steht. Dabei können dem Speicher maximal Temperaturen bis zu 65 Grad Celsius zugeführt werden. Ein Rekord in der Schweiz und damit im Land einzigartig. Das führt dazu, dass lokal im Boden im Schnitt bis zu 50 Grad Celsius erreicht werden können.
Die Hochtemperatur-Erdsonden unter dem Campus reichen bis in 100m Tiefe. Drei Grundwasserpumpen holen das Grundwasser an drei verschiedenen Standorten an die Oberfläche. Grafik: Eawag
Bislang ist allerdings wenig über die Reaktionen des Untergrunds auf solche Hochtemperatur-Speicher bekannt. Das regelmässige Erhitzen und Abkühlen der Sonden in bis zu 100 Metern Bodentiefe kann die chemischen Komponenten im Grundwasser ebenso beeinflussen wie die mikrobiellen Gemeinschaften im Boden und im Wasser. Wie und in welchem Ausmass genau, ist nun Teil des Forschungsprojekts ARTS (Aquifer Reaction to Thermal Storage) des Wasserforschungsinstituts Eawag in Zusammenarbeit mit der Empa.
Ein einzigartiges Setting
144 Erdwärmesonden wurden auf dem Campus in Dübendorf abgeteuft. Sie führen bis zu 100 Meter in die Tiefe und laufen in einem Kellerraum neben dem neuen Parkhaus zusammen. Überwacht und gesteuert werden sie vom Energieleitsystem des Empa/Eawag Areals, da das Sondenfeld hydraulisch in das Energiesystem des Campus eingebunden ist. Die gemessenen Werte des Speichers werden dann in der Datenbank des NEST, dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude der Empa und der Eawag abgelegt und stehen den Forschenden zur Verfügung.
Auf dem Areal des Empa Eawag Campus stehen nun drei Boxen, ausgestattet mit Sensoren und je einem Massenspektrometer. Unter ihnen führen die Grundwasser-Pumpen 30 und 70 Meter in die Tiefe (Foto: Eawag, Joaquin Jimenez-Martinez.)
Neu sind im Januar drei weitere Löcher in den Boden gebohrt worden: Die Grundwasser-Beobachtungspunkte der Eawag. Über die nächsten drei Jahre werden aus dem Untergrund Wasserproben an die Oberfläche befördert, die Aufschluss darüber geben sollen, wie die Mikrobiologie der Umgebung auf die Sonden reagiert und inwieweit die chemische Beschaffenheit des Grundwassers beeinflusst wird.
Von den drei Bohrlöchern fördern die Forschenden mittels fünf Pumpen Grundwasserproben zutage, bevor, während und nachdem es mit den Erdsonden in Kontakt kommt. In den ersten Jahren des Projekts werden erst zwei der drei Beobachtungsstationen relevant sein, da bereits einige Monate nach Inbetriebnahme der Sonden Vergleiche möglich sind. Bis das Grundwasser aus der direkten Umgebung der Sonden allerdings die dritte Station weiter abseits erreicht, kann es mehrere Jahre dauern – so langsam fliesst das Wasser durch den Untergrund.
Massenspektrometer in Kleinformat
Ziel des Projekts ist es, Einblicke über die Reaktionen zu erhalten, die diese Art von Wärmespeichern im Grundwasser auslösen. Das beinhaltet nicht nur die Hydrogeochemie und die Mikrobiologie, sondern auch die Analyse von entstehenden Gasen wie Sauerstoff, Methan oder Kohlenstoffdioxid durch die Wärmeeinwirkung im Boden. Dazu fliesst das Wasser in der Pumpe in das an der Eawag entwickelte Massenspektrometer, Mini-RUEDI genannt. «Für die nächsten drei Jahre messen Mini-RUEDI-Geräte stündlich die gelösten Gase im Grundwasser, während pro Minute 2.4 Liter Wasser durch das Massenspektrometer gepumpt werden», erklärt Joaquin Jimenez-Martinez, Leiter des Projekts und Forscher der Eawag-Abteilung Wasser und Trinkwasser.
In der Box an der Oberfläche befinden sich die Sensoren zusammen mit dem Massenspektrometer GE-MIMS (Mini-Ruedi) (Foto: Eawag, Joaquin Jimenez-Martinez).
Die abgezapften Wasserproben werden ausserdem von Forschenden der Eawag-Abteilungen Umweltmikrobiologie sowie Aquatische Ökologie regelmässig im Labor untersucht. Für sie steht die Frage im Zentrum, wie sich die mikrobielle Vielfalt unter dem Einfluss von Temperaturen dieser Grössenordnung verändert. Ebenfalls lässt sich mit DNA-Spuren nachweisen, welche Organismen das Grundwasser bevölkern und ob sich ihre Anzahl und Verbreitung aufgrund der Erdsonden verändert.
Grosses Interesse bei Bund und Kantonen
Die Schweiz verfügt heute schon über die höchste Dichte an Erdwärmesonden pro Flächeneinheit in ganz Europa, daher stösst das Projekt bei Kantonen und Bund auf grosses Interesse. Die Nachfrage nach neuen Möglichkeiten zur Energiegewinnung und saisonalen Speicherung ist im Rahmen der Energiewende zusätzlich gestiegen. Ebenso von Interesse sind die Auswirkungen des Temperatureintrags auf das Grundwasser als Gesamtsystem. Das Projekt ARTS wird daher vom Bundesamt für Energie, sowie von mehreren Kantonen unterstützt. Dabei tragen Mitarbeitende aus den Umweltämtern von Zürich und Thurgau auch fachlich zum hydrogeologischen Verständnis bei. Eine Zusammenarbeit in diesem Umfang ist nicht alltäglich und auch die Geschwindigkeit, mit der das Projekt entstand, ist beispiellos. «Von der ersten Idee im Flur der Eawag bis zur Bohrung der Löcher auf dem Campus für die Sensoren sind nur zehn Monate vergangen», so Jimenez-Martinez.
Beitrag von Cornelia Zogg, Eawag (leicht gekürzt)
Titelbild: Unser Erdreich besteht aus mehreren Schichten. Nahe der Oberfläche ist es porös und locker, in der Tiefe allerdings kompakt wie Beton. Im Bild: Erdreich aus den Bohrlöchern für die notwendigen Grundwasser-Pumpen (Foto: Eawag, Joaquin Jimenez-Martinez).