Blaue Blumen, Mythos und Realität

Im Frühling waren sie noch omnipräsent, die Vergissmeinnicht, das Leberblümchen, das Veilchen, die Bluebells, der Storchenschnabel, die Glyzinien, dann die Jungfer im Grünen, die Kornblume – und jetzt? Die blauen Blumen mögen wohl keine Sommerhitze. Ausser der Rittersporn. Dazu kommen wir noch.

Die blaue Blume, ein Symbol der Romantik, steht bis heute für Träume, Sehnsüchte, nach Liebe, nach Harmonie, vielleicht auch nach einem vollkommenen Garten. Im Frühling kann man sich diese Wünsche leicht erfüllen. Aber im August?

Es war Novalis, der Dichter der Romantik, der in einem Fragment gebliebenen Roman dieser «blauen Blume Glück» nachspürt: Ein junger Mann träumt von einer wunderbaren Pflanze. Ihre blaue Blüte neigt sie über ihn und er glaubt, in ihr ein zartes Gesicht zu erkennen. «Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die zunächst an der Quelle stand, und ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. (…) Er sah nichts als die blaue Blume und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit.

Als wandernder Minnesänger spürt er dieser Verheissung nach, bis er im Gesicht einer Frau ein Abbild seiner blauen Traumblume zu erkennen glaubt. Nicht für lange leider, dann wandert er wieder einsam weiter.

Blau wirkt kalt, weckt Fernweh

Joseph von Eichendorff widmete dem blauen Blütentraum ein Gedicht: «Ich suche die blaue Blume, / Ich suche und finde sie nie, / Mir träumt, dass in der Blume, / Mein gutes Glück mir blüh.» Zwei Strophen lang sucht er nach ihr, doch ach, er findet sie nicht.

Goethe hat ihr in seinen «Metamorphosen» nachgespürt, hat die Farbe Blau in seiner Farbenlehre allerdings auch als «kalt» beschrieben. Schränkt aber ein: Ein Raum ganz in Blau, der ziehe den Menschen hinaus, wecke gleichsam das Fernweh. Was ja auch eine Art Sehnsucht ist.

Rittersporn im Garten will gepflegt werden.

Weshalb wohl diese Sehnsucht nach einer Blauen Blume?  Eine rote Rose – die Züchtung einer blauen Rose wird übrigens immer wieder mal versucht –, eine strahlende Sonnenblume, eine zartgelbe Schlüsselblume sind doch alle auch ganz schön. Zum einen ist, glaubt man den Statistiken, Blau die absolute Lieblingsfarbe in unserem Kulturkreis. Dazu sind blaue Blüten selten. Noch eine Statistik: Nur sieben Prozent aller Blütenpflanzen weltweit blühen blau.

Sind Bienen romantisch?

Bienen, Hummeln und Wespen lieben blaue Blüten, Rot hingegen können sie gar nicht sehen. Sie nehmen allerdings Lichtwellen im kurzwelligen ultravioletten Bereich wahr und fliegen deshalb auch rote Blüten an. Aber blaue Blumen lieben sie. Gelbe und weisse auch. Wer einen bienenfreundlichen Garten möchte, sollte das bedenken. Auch wenn es mit Romantik wohl nicht viel zu tun hat.

Bienen lieben blaue Blüten, wie hier diese Bluebells im Frühling. (Alle Bilder pixabay)

Verhungern müssen blauaffine Insekten auch im August nicht. Zwar sind die meisten blauen Blütenpflanzen bereits verblüht, aber er steht noch da, präsent und aufrecht: Der Rittersporn. Gut, Eisenhut würde auch noch blühen. Aber da er für Mensch und Tiere ziemlich giftig ist, verbannen wir ihn mal aus dem Garten. Als Wildpflanze ist Rittersporn bei uns selten geworden. Aber im Garten kann er als einjährige oder mehrjährige Staude gezogen werden.

Im Frühsommer blüht der Storchenschnabel von hellblau bis zu blauviolett.

Allerdings ist er ein heikler Gast. Der mehrjährige Rittersporn wird im Frühling nach dem Austrieb gerne von Schnecken heimgesucht – und verschwindet dann still und heimlich, noch bevor man ihn wahrgenommen hat. Der Hohe Rittersporn wird im Frühling am besten als Setzling gekauft, wächst bei guter Düngung auch gerne schnell heran, wird gross und stolz – und fällt, sofern da nicht eine vorausschauende Gärtnerhand ist, beim ersten starken Gewitter einfach um. Rittersporn ist also ebenfalls eine Art Sehnsuchtspflanze. Blau eben, es muss an der Farbe liegen.

Übrigens: In Deutschland wird ein Award für romantische Kurzfilme vergeben: Der Blaue Blume Award.