Stubete im Museum.

Mit der neuen Ausstellung «Volksmusik» auf klangvolle Entdeckungsreise. Wie klingt eigentlich die Schweiz? Die Wechselausstellung «Volksmusik» im Forum Schweizer Geschichte Schwyz widmet sich  den vielen Facetten der populären Schweizer Musikkultur.

 Von traditionellen Instrumenten über die Stimmen und Gesichter der Volksmusik bis hin zu modernen Interpretationen. Das Forum feierte zusätzlich seinen 30. Geburtstag, Mit dabei war auch Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss, die versuchte mit einem Alphorn zu spielen.


Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss versucht mit dem Alkphorn zu spielen

Mitmachen ist erwünscht – auf der «Stubete-Bühne» darf geörgelt, gejodelt und getanzt werden. Es gibt nicht die eine Schweizer Volksmusik – vielmehr ist sie geprägt von regionalen Eigenheiten, unterschiedlichen Instrumenten und wandelnden Melodien. Die Ausstellung nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine kulturhistorische Klangreise durch die Schweiz.


Bis um 1900 wird das Alphorn aus einer krumm gewachsenen Tanne hergestellt. Den Stamm halbiert und höhlt man dafür aus. Die beiden Hälften umwickeln die Herstellenden schliesslich mit Peddigrohr, einem holzigen Flechtmaterial. Hersteller: Robert Christen, Hergiswil, um 1940, Nadelholz, umwickelt mit Peddigrohr, lackiert

Sie zeigt, wie der «Mythos Volksmusik» entstanden ist und immer wieder neu interpretiert wird. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen vier prägende Elemente der populären Schweizer Musikkultur: Das Schwyzerörgeli, das um 1886 die Volksmusik revolutionierte und vielerorts traditionelle Streich- und Blasinstrumente verdrängte.


Sechs Alder-Generationen. Zwei Brüder der Familie Alder gründen 1884 die «Streichmusik Alder Urnäsch». Die vierte Generation spielt als «Alderbuebe» weiterhin typische Appen-zeller Volksmusik. Heute ist bereits die sechste Alder-Generation am Musizieren. «Alderbuebe», 4. Generation, v.l.: Werner, Noldi, Hansueli und Walter Aider, 1964

Auch das Alphorn, das seit dem Unspunnenfest 1805 gezielt als Nationalsymbol gefördert wurde; das Hackbrett, das seinen Weg von Persien in die Säntisregion fand; und der Jodel, der vom textlosen Naturjodel bis zum vereinsorganisierten Gesangswettbewerb reicht.

Auf Skiern transportiert der Kontrabassist sein Instrument über den Flüelapass ins Unterengadin, um beim Chalandamarz zu spielen. Seit es Melodien gibt, werden diese von Ort zu Ort transportiert, unterwegs adaptiert und zu neuen Melodien gemacht. Kontrabassgeiger beim Aufstieg zum Flüela Hospiz, um 1930

Historische Exponate, authentische Klangbeispiele und Porträts von Musikerinnen und Musikern machen die Entstehung und Entwicklung der Schweizer Volksmusik greifbar. Zu bestaunen gibt es etwa die Auslegeordnung eines 2500-teiligen «Nussbaumer»-Schwyzerörgelis oder die aufwendig dekorierte Haube eines Silvesterchlauses aus dem Appenzellerland – samt holzgeschnitzter Szenerien mit Figürchen und Perlen.

Örgele vor dem Stall. Das Schwyzerörgeli mit seiner handlichen Grösse ist portabel, kann Melodie, Begleitung und Rhythmus erklingen lassen und so eine ganze Kapelle ersetzen. Dies ist im ländlichen Raum populär, da oft das Geld oder die Instrumente fehlen. Feierabend auf der hinteren Arni-Alp, Wolfenschiessen, 1934.


Generationenübergreifend Rees Gwerder (1911-1998) und Josef Inderbitzin üben gemeinsam mit Gwerders Enkelin Rita Schwyzerörgeli.

Aber auch Generationen von Volksmusiklegenden werden porträtiert: von Klarinettist Kasimir Geisser, über TV-Ländlerpapst Wysel Gyr, bis zur jungen Alphornsolistin Lisa Stoll.Die Ausstellung beleuchtet, wie Volksmusik in allen Regionen der Schweiz unterschiedlich klingt: In der Innerschweiz entwickelte sich die Ländler-Hochburg, im Appenzell blieb die Streichmusik erhalten, in Graubünden prägten die «Fränzlis» und «Sepplis» die Klanglandschaft, im Tessin spielten die «Bandellas» auf; in der Romandie hingegen ging durch die Reformation vieles verloren.


Wysel Gyr (1927-1999) prägt von den 1960er- bis in die 90er-Jahre verschiedene Schweizer Volksmusiksendungen am Fernsehen. Der Redaktor und Moderator ist aber auch ein genauer Archivar: Er  sortiert und ordnet seine Recherchen gewissenhaft und nutzt sie für spätere Sendungen. Wysel Gyr während der Arbeit in der SRF-Redaktion

«Was viele nicht wissen: Ländlermusik war ursprünglich eine Tanzmusik für die Unterschichten», erklärt Kuratorin Sibylle Gerber. Erst während des Zweiten Weltkriegs verbreitete das Radio zur Stärkung des nationalen Zusammenhalts Ländlermusik in der ganzen Schweiz.


Kasi Geisser: Vollblutmusiker Der begabte Klarinettist aus Goldau erobert rasch die Zürcher Tanzmusikszene. Kasi Geisser (1899-1943) komponiert zahlreiche Ländler und nimmt über 200 Titel auf Schallplatten auf. Viele Volksmusiker seiner Zeit gehen einer geregelten Lohnarbeit nach, Kasi Geisser setzt alles auf die Musik. Finanzielle Sorgen, ständige Wohnungswechsel und Alkoholkonsum prägen sein Leben.

Ab den 1960er Jahren folgten Gegenbewegungen, die mit Traditionellem und Neuem experimentierten, was zur «Neuen Volksmusik» führte – ein Spannungsfeld zwischen Bewahren und Innovation, das bis heute besteht.


Mit der Folle, einem hölzernen Milchtrichter, ruft die Sennin oder der Senn den Betruf oder Alpsegen. Der Trichter verstärkt megaphonartig den Sprechgesang. Man sagt, der Schutz gelte, soweit der Schall reiche. Trichter zur akustischen Verstärkung zum Rufen des Alpsegens, 1743, Nadelholz. Bauer ruft den Alpsegen auf dem Schilteli, Morschach, um 1940.

Es  lassen sich neue Klänge, und vielleicht auch ungeahnte Talente, entdecken. Wer Teil der Ausstellung werden möchte, ist herzlich eingeladen, eigene Volksmusik-Erinnerungen beizusteuern – sei es in Form von Schnappschüssen, Tonaufnahmen oder Videos. Daraus entsteht die digitale Sammlung «Meine Volksmusik»: Ein klingendes Mosaik der Schweizer Volksmusik – von allen, für alle. Die Ausstellung dauert bis 3. Mai 2026.
Titelbild: Franz Schmidig mit Cécile und Mirielle sorgten für musikalische Unterhaltung
Fotos: Josef Ritler

Spenden

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, Sie zum Denken angeregt, gar herausgefordert hat, sind wir um Ihre Unterstützung sehr dankbar. Unsere Mitarbeiter:innen sind alle ehrenamtlich tätig.
Mit Ihrem Beitrag ermöglichen Sie uns, die Website laufend zu optimieren, Sie auf dem neusten Stand zu halten. Seniorweb dankt Ihnen herzlich.

IBAN CH15 0483 5099 1604 4100 0

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebte Artikel

Mitgliedschaften für Leser:innen

  • 20% Ermässigung auf Kurse im Lernzentrum und Online-Kurse
  • Reduzierter Preis beim Kauf einer Limmex Notfall-Uhr
  • Vorzugspreis für einen «Freedreams-Hotelgutschein»
  • Zugang zu Projekten über unsere Partner
  • Massgeschneiderte Partnerangebote
  • Buchung von Ferien im Baudenkmal, Rabatt von CHF 50 .-