FrontGesellschaftNachhaltiges Glück: happy planet

Nachhaltiges Glück: happy planet

Global Happiness. Was brauchen wir zum Glücklichsein?  ist kein neuer Glücksratgeber, sondern die Ausstellung der HELVETAS in Aarau. Sie zeigt, was Glück mit Nachhaltigkeit zu tun hat und stellt Glücksgeschichten und –konzepte aus aller Welt vor. Die interaktive und multimediale Ausstellung gibt spielerisch Denkanstösse für eine zufriedenere Welt.

Die aktuelle Auseinandersetzung um die Klimaveränderung, begrenzte Ressourcen und die UNO-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) zeigt, dass erst nachhaltiges Glück zu globalem Glück führt. Nachhaltiges Glück, so die kanadische Forscherin Catherine O’Brien, trägt zu persönlicher, gemeinschaftlicher und globaler Zufriedenheit bei und schädigt weder Umwelt, Menschen noch kommende Generationen. Von diesem Glücksansatz geht auch Helvetas aus. Und so passt die Ausstellung perfekt in das naturkundliche Museum Naturama in Aarau.

Ein Blick ins Glück

Nachrichten von positiven Entwicklungen in der Welt führen zu mehr Vertrauen, gehen aber in der Medienflut meist unter. Foto: rv

Die Suche nach Glück ist eine alte Sehnsucht des Menschen überall auf der Welt. Doch wie schaffen wir es, weltweit glücklich, in Wohlstand und innerhalb der Umweltgrenzen des Planeten zu leben?

Diesen Fragen geht Global Happiness nach und ergründet die Verbindung zwischen Glück und Nachhaltigkeit. In einem weiteren Schwerpunkt überrascht die Schau mit weltweit positiven Entwicklungen, die in den täglichen Katastrophennachrichten (only bad news are good news) allgemein wenig Beachtung finden.

Die Ausstellung ist als Gartenlandschaft konzipiert und führt durch sechs Themenpavillons vom individuellen Glück bis zum Weltglück: Man kann die nachgebaute Wohnung einer junger Minimalistin in Berlin besichtigen, schlendert durch ein visionäres Quartier in Santiago de Chile und trifft auf das Bruttonationalglück in Bhutan. Unterwegs begegnet man Glückszitaten und –konzepten aus aller Welt und kann sein eigenes Glücksniveau messen.

Im ersten Pavillon lernen wir Menschen aus der Schweiz, Mali, Guatemala und Bhutan kennen, die uns in humorvollen und berührenden Videoportraits aus Strassenumfragen erzählen, was sie persönlich glücklich und zufrieden macht. Auch wir selber können uns im nächsten Pavillon hinterfragen und selbst einschätzen, wie zufrieden und glücklich wir sind. Was wir zusätzlich mit einem elektronischen Batch auf einem Tütchen Blumensamen an verschiedenen Stationen testen können.

Was brauchen wir für ein glückliches Leben und worauf können wir verzichten? Das Auto, das Flugzeug, das Handy in Einmachgläsern können wir mit einem orangen oder grünen Punkt bewerten. Foto: ©Helvetas, Adrian Zwyssig

Wovon hängt unser Glück ab?

Laut Glücksfachleuten spielen vier Faktoren für das Glück eine Rolle: die persönliche Lebenssituation, das soziale und natürliche Umfeld, das institutionelle Umfeld und die Sicherheit in einer Gesellschaft. Doch welche Rolle spielen Materielles und Besitz? Unsere Lebensqualität steigert sich nicht durch mehr, sondern weniger Konsum, sagen Expertinnen und Experten. «Nicht das Anhäufen materieller Dinge macht glücklich, sondern die Beschäftigung mit dem, was wir gut und gerne tun», so die Ausstellungsverantwortliche Nadja R. Buser.

In Yungay, einem Stadtteil von Santiago de Chile, engagiert sich eine Gemeinschaft schon seit Jahren für ein glückliches grünes Quartier. Die interaktive Zeichnung zeigt, was sie alles durch Ideen und Eigeninitiative erreicht hat. Foto: rv

Heute suchen Städteplanerinnen und Architekten weltweit nach Lösungen für ökologische, soziale und verdichtete Wohnformen. Genossenschaftsmodelle liegen in Europa im Trend und stillen unsere Sehnsucht nach mehr Gemeinschaft und einer nachhaltigen Lebensweise. Indigene Völker bewahren bewusst das Miteinander und die Verbundenheit mit der Natur als Lebensform. Nach Erkenntnis der Glücksforscher haben soziale Beziehungen und die Natur einen wichtigen Stellenwert in der Lebensqualität einer Gemeinschaft. Exemplarisch wird dazu in einem Pavillon Yungay, ein Stadtteil in Santiago de Chile, vorgestellt mit einer Gemeinschaft, die sich seit langem für ein glückliches grünes Quartier engagiert.

Der WeltCHOR Baden singt mit rund hundertfünfzig Sängerinnen und Sängern zwischen 16 und 80 Jahren aus über zwanzig verschiedenen Ländern. Über das gemeinsame Singen in verschiedenen Sprachen gibt es Raum für Austausch und Geselligkeit. Foto: WeltCHOR

Nicht nur neue Wohnformen entwickeln sich, auch neue soziale Gemeinschaften entstehen und lösen alte Vereinigungen ab. So schwinden in der Schweiz in vielen Gesangsvereinen die Mitgliederzahlen, dafür wachsen andere rasant, wie beispielsweise der 2016 gegründete WeltCHOR Baden, der 2019 bereits über hundertfünfzig aktive Chormitglieder zählt.

Seit den 1980er Jahren untersucht die wissenschaftliche Glücksforschung, was genau das Wohlbefinden und die Lebensqualität einer Gesellschaft dauerhaft verbessern kann. Sogar Regierungen messen inzwischen das subjektive Wohlbefinden ihrer Bürgerinnen und Bürger. Dafür wird nicht nur statistisches Material wie die Lebenserwartung ausgewertet, sondern man befragt die Menschen. Die UNO macht seit 2012 in 155 Ländern jährliche Umfragen. Dabei können die Menschen auf einer Skala zwischen 0 und 10 auf die Frage, wie glücklich sie sind, antworten.

Wo leben die glücklichsten Menschen?

Gemäss dem Uno-Weltglücksbericht leben in Skandinavien und in der Schweiz die glücklichsten Menschen. Die Schweiz ist allerdings 2019 auf die sechste Stelle gerutscht. Trotzdem schneidet sie seit Beginn dieser Messung immer sehr gut ab. Dies wird vor allem durch den Wohlstand, das gut funktionierende Gesundheitssystem, die guten sozialen Netzwerke, die Möglichkeit über das eigene Leben zu entscheiden und durch das Vertrauen in Staat und Wirtschaft erklärt. Der UnoGlücksbericht stellt aber auch fest, dass westliche Industrienationen über ihre Verhältnisse leben bezüglich des ökologischen Fussabdrucks ihres Landes. Besser schneiden viele lateinamerikanische Länder ab mit einer relativ hohen Lebenszufriedenheit, kombiniert mit einem relativ kleinen ökologischen Fussabdruck.

Bhutan, das buddhistische Königreich am östlichen Rand des Himalayas, misst Fortschritt nicht am Bruttonationalprodukt, sondern am Bruttonationalglück, also der Zufriedenheit seiner Bürger. Das Land versucht sich auf dieser Grundlage nachhaltig zu entwickeln. Dabei beeinflusst das Resultat der regelmässigen Glücksumfrage politische Entscheide zur Verbesserung der Lebensumstände. Auch wenn der Weg vom armen Land zu einem, in dem alle genug haben, steinig ist, steigt das Glücksniveau stetig.

Plakat zur Ausstellung Global Happiness

Die UNO Agenda 2030

Die Auseinandersetzung mit Fragen zu Glück und Nachhaltigkeit führte 2016 zur UNO Agenda 2030  für nachhaltige Entwicklung mit siebzehn konkreten Zielen für eine bessere Welt. Heute arbeiten weltweit viele Organisationen, auch Helvetas, an der Idee eines gesunden Planeten mit glücklichen Menschen. Für Bhutan und Neuseeland ist dies ein offizieller Auftrag auf staatlicher Ebene, was andere Länder inspirieren könnte.

Global Happiness bietet den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, «Glücksbotschaften für den Bundesrat» zu verfassen und gibt Tipps, wie wir alle mehr zu nachhaltigem Glück beitragen können – für uns selbst, für das eigene Umfeld und für die Welt.

Die Wanderausstellung wird in den nächsten vier Jahren in Museen der Schweiz und in Liechtenstein gastieren. Den regionalen Bezug stellt die Ausstellung mit dem Glücksfundus her: Eine Anregung, eigene Glücksgegenstände für sich ausfindig zu machen, die an den regionalen Ausstellungsorten mit kurzen Textpassagen gezeigt werden.

Ausstellung im Naturama  in Aarau bis 1. März 2020

Begleitheft zur Ausstellung von Helvetas und Dokumentation für Schulen

 

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