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Gesundheitsförderung Kanton Zürich

Betreuende Angehörige: Mehr Leichtigkeit ins Leben bringen

Menschen, die ein erkranktes Familienmitglied betreuen oder pflegen, müssen vieles bewältigen. Das ist belastend und kann Betroffene an ihre Grenzen bringen. Die Gesundheitspsychologin Michèle Bowley erklärt, wie betreuende Angehörige Entlastung im Alltag finden und Energie tanken können.

Text: Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich

Bild: iStock

Frau Bowley, betreuende Angehörige sind meist grossen physischen und emotionalen Belastungen ausgesetzt. Was können sie tun, um gesund zu bleiben?

Michèle Bowley: Einen gesunden Lebensstil pflegen: Sich genügend bewegen, bewusst, saisonal und regional essen, sich immer wieder erholen, genügend Pausen einlegen und ausreichend schlafen. Einiges kann man möglicherweise auch grad zusammen mit der erkrankten Person machen wie zum Beispiel auf dem Markt frische Lebensmittel einkaufen, spazieren gehen oder zusammen etwas Gesundes kochen.

 

Sie haben Pausen angesprochen. Wie können Menschen, die sich intensiv um ein Familienmitglied kümmern, am besten Pausen einbauen?

Michèle Bowley: Es braucht nicht unbedingt lange Pausen, sondern genügend Pausen. Man muss sich aber die Erlaubnis geben, gut auf sich zu achten und Pausen zu machen. Ich empfehle, mehrere Pausen über den Tag zu verteilen: Einen Tee zu trinken, mit einer App Atemübungen zu machen, den Blick einfach ins Grüne schweifen zu lassen oder die Füsse bewusst zu spüren, sind beispielsweise Pausen fürs Gehirn. Um längere Pausen einzulegen, ist in der Regel Entlastung von aussen erforderlich.

 

Wie kann es gelingen, trotz der oft fehlenden Zeit, mit anderen Menschen in Kontakt und in Beziehung zu bleiben?

Michèle Bowley: In Kontakt mit anderen Menschen zu bleiben, ist sehr wichtig. Indem betreuende Angehörige Entlastungsangebote nutzen, können sie sich Auszeiten gönnen für Treffen mit Freundinnen und Freunden, für Hobbies oder Spaziergänge.

 

Auf was müssen betreuende Angehörige besonders achtgeben, um sich nicht zu überfordern?

Michèle Bowley: Ich stelle häufig fest, dass betreuende Angehörige die eigenen Bedürfnisse nicht mehr ernst nehmen und vieles auf später verschieben. Um die eignen Batterien immer wieder aufladen zu können, ist es aber wichtig, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen nachzukommen.

 

Und wie können betreuende Angehörige konkret ihre Batterien aufladen?

Michèle Bowley: Achtsamkeit zu üben, ist in meinen Augen sehr wichtig. Ich empfehle betreuenden Angehörigen, mehrmals pro Tag innezuhalten und zu schauen, wie sie sich gerade fühlen und wie es ihnen mit den anstehenden Aufgaben geht. Es lohnt sich auch, sich zu überlegen, ob andere Personen gewisse Aufgaben übernehmen könnten.

 

Ab welchem Punkt ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen?

Michèle Bowley: Besser zu früh als zu spät. Hilfe anzunehmen ist ein Akt der Stärke. Betroffene sollten rechtzeitig Entlastung organisieren wie beispielsweise von der Spitex oder einem Begleit- und Besuchsdienst, bevor die Trauer und Erschöpfung zu Depression und die Ängste zu Angststörungen werden. Ein regelmässiger Termin bei einer Psychologin oder einem Psychologen oder bei einer anderen Fachperson kann für die eigene Unterstützung Gold wert sein.

 

Noch eine letzte Frage: Wie können betreuende Angehörige mehr Leichtigkeit in ihr Leben bringen?

Michèle Bowley: Wichtig ist, sich und die Situation anzunehmen. Mit einer vertrauten Person über das zu sprechen, was Sorgen bereitet, traurig oder wütend macht, kann sehr erleichternd sein – nach dem Motto «geteilte Sorgen sind halbe Sorgen». Idealerweise wählt man dafür Menschen aus, die gut zuhören können, einen nicht bewerten, mal nachfragen und Gelegenheit geben, eigene Lösungen zu finden, anstatt Ratschläge zu geben. Ein besonderes Erlebnis ist es, sich mit Menschen in ähnlichen Situationen auszutauschen. So spürt man, dass man nicht allein ist und lernt auch andere Lösungswege kennen.

 


Entlastung im Alltag finden

Begleit- und Besuchsdienste oder eine Selbsthilfegruppe ermöglichen betreuenden Angehörigen kurze Auszeiten zu nehmen. Im Kanton Zürich bieten unter anderem folgende Organisationen Dienstleistungen an, die pflegende Angehörige entlasten: Pro Senectute Kanton Zürich, Entlastungsdienst Schweiz – Kanton Zürich, Schweizerisches Rotes Kreuz Kanton Zürich, Alzheimer Zürich und die Spitex vor Ort. Auch in Gemeinden und Städten gibt es Organisationen, die für pflegende Angehörige Entlastung im Alltag bieten. Es empfiehlt sich, in der eigenen Gemeinde oder Stadt nachzufragen.

 

Podcast über Care-Arbeit

Zum «Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen» vom 30. Oktober wird dieses Jahr der Podcast «Care-Arbeit geht alle an» produziert. In diesem Podcast spricht Moderatorin Daniela Lager mit der Leiterin der Beratungsstelle «Leben im Alter», Dr. phil. Bettina Ugolini und mit Sara Satir, Coach und betreuende Angehörige. Der «Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen» wird im Kanton Zürich von Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich und den sechs kantonalen Non-Profit-Organisationen  Entlastungsdienst Schweiz, Pro Senectute, Alzheimer, Schweizerisches Rotes Kreuz, Spitex Verband und Pro Infirmis organisiert und unterstützt. Der Podcast ist ab sofort verfügbar: https://www.angehoerige-pflegen.ch/.

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