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Älter werden ohne betreuende Angehörige

Mindestens 8% der über 65-Jährigen, aktuell ca. 142 000 Personen, haben im Alter keine betreuenden Angehörige. Inwiefern wird dadurch ein gutes Altern gefährdet? Eine neue Studie, die am 31. Mai 2023 an der FHNW vorgestellt wurde, gibt Auskunft.

Im Auftrag von acht Förderstiftungen (Age-Stiftung, Beisheim Stiftung, Christoph Merian Stiftung, Ernst Göhner Stiftung, Fondation Leenaards, Migros Kulturprozent, Paul Schiller Stiftung, Walder Stiftung) hat die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) folgende Fragen untersucht:

  • Wie bewältigt die wachsende und heterogene Gruppe älterer Menschen ohne betreuende Familienangehörige ihren Alltag und wie können wir auf ihre gegenwärtigen und zukünftigen Wünsche, Bedürfnisse oder Ängste eingehen?
  • Welche Implikationen haben die gegenwärtigen, sozialstaatlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz für Unterstützung und Selbstbestimmung im Alter, insbesondere mit Blick auf die Zielgruppe der älteren Menschen ohne betreuende Familienangehörige, und wie kann man Situationen erhöhter Vulnerabilität präventiv begegnen?
  • Vor welche Herausforderungen stellt der demographische Wandel und die Zunahme von Menschen, die im Alter nicht auf die Unterstützung von Familienangehörigen zählen können, die Altersarbeit, die Alterspolitik, aber auch uns alle als Teil einer Gesellschaft des langen Lebens? (https://www.im-alter.ch/tagung/)

Zur Begründung des Auftrags sagt Fleur Jaccard von der Age-Stiftung: «Handeln, bevor es zu spät ist! Auch Menschen ohne betreuende Familienangehörige haben ein Recht auf Unterstützung. Politik und Gesellschaft sind gefordert Lösungen zu entwickeln. Acht Stiftungen rufen mit der vorliegenden Studie dazu auf tätig zu werden.»

Erkenntnisse aus der Studie

Rebecca Durollet von der FHNW fasst die Haupterkenntnisse so zusammen: «Die Bedürfnisse, Wünsche und Ängste unserer Zielgruppe sind so unterschiedlich wie die älteren Menschen selbst – es braucht daher Herangehensweisen, die dieser Heterogenität gerecht werden können. Alt werden ohne betreuende Familienangehörige kann ausserdem nicht sofort mit besonderer Vulnerabilität gleichgesetzt werden, obwohl dies in der Schweizer Alterslandschaft oft so dargestellt wird. Alleinsein im Alter ist auch nicht gleichbedeutend mit Einsamkeit oder Unzufriedenheit. Dennoch kann das Altwerden ohne betreuende Familienangehörige bei fehlenden sozialen und finanziellen Ressourcen oder auch fehlenden sozialstaatlichen Rahmenbedingungen zum Problem werden. Wenn die wichtige Rolle der Familienangehörigen wegfällt, können sich Lücken ergeben, zum Beispiel im Hinblick auf den Zugang zu Informationen, die Auseinandersetzung mit schwierigen Zukunftsthemen oder auch die psychosoziale Betreuung im Alltag.»( https://www.im-alter.ch/interview-de-hauptstudie/)

Empfehlungen

Für die Alterspolitik gibt Carlo Knöpfel von der FHNW folgende Empfehlungen:

«Die gute Betreuung älterer Menschen muss als eigenständige Form der Unterstützung anerkannt und finanziert werden. Dazu braucht es ein Anrecht auf Betreuung auf nationaler Ebene, unabhängig von der Wohnform. Finanzielle Mittel für gute Betreuung älterer Menschen ist gut investiertes Geld. Gute Betreuung entfaltet eine präventive Wirkung. Sie fördert die Lebensqualität im Alter und trägt dazu bei, dass ältere Menschen einen Übertritt in ein Pflegeheim hinauszögern oder ganz vermeiden können. Die Betreuung älterer Menschen ist eine soziale Aufgabe. Wo es professionelle Unterstützung braucht, sind Personen aus den Sozialen Berufen FH.» ( https://www.im-alter.ch/interview-de-hauptstudie/)

Im Schlussbericht der Studie werden von S. 127 – 140 Handlungsempfehlungen differenziert erläutert. Neben den im obigen Zitat von Carlo Knöpfel zusammengefassten Handlungsempfehlungen für die Alterspolitik hier ein Überblick über die Handlungsempfehlungen für die Altersarbeit: «Entwicklung geeigneter Selbsteinschätzungs- und Abklärungsinstrumente für Prävention und individuelle Bedürfniseruierung; Etablierung unabhängiger informations-, Abklärungs- und Beratungsstellen zur Gewährleistung von Wahlfreiheit bei Angeboten und Anbietern; Professionalisierung von Betreuung und Betreuungsstrukturen; Entwicklung realistischer und realisierbarer Caring Community-Modelle» (S. 139).

Die Studie zeigt auf, dass der gesundheits- und sozialpolitische Grundsatz «ambulant vor stationär» bei älteren Menschen, die sich bei finanziellen und gesundheitlichen Schwierigkeiten nicht auf familiäre Sorgearbeit abstützen können, nicht greift. Präventiv mag auch ein sorgsamer, freundschaftlicher Umgang im Quartier und der Nachbarschaft wirken, wie er in Ansätzen in der Corona-Krise zu erkennen war.

Link zum Downloaden oder Bestellen der Studie (2023) in der Kurzfassung oder komplett: https://www.im-alter.ch/bestellen/

Website zur Studie «Älter werden ohne betreuende Angehörige» mit Einblicken in die Tagung vom 31. Mai 2023 an der FHNW: https://www.im-alter.ch/de

Titelbild: Ausschnitt aus dem Titelblatt des Schlussberichts von Heger-Laube, Isabel, Rebecca Durollet, Yann Bochsler, Sandra Janett und Carlo Knöpfel (2023). Alt werden ohne betreuende Familienangehörige: Eine qualitative Studie. Muttenz: Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit.

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2 Kommentare

  1. Man kann sich auch als alleinstehende Person ein familiäres Umfeld schaffen. Ich bin seit über 13 Jahren ‹Grosi› von einer Familie aus dem Ausland. Sie sind mittlerweile eingebürgert. Blutsbande könnten nicht enger sein.

  2. Dass nur 8 % der über 65-jährigen Alleinstehenden aktuell und in Zukunft ohne betreuende Angehörige sind bzw. sein werden, bezweifle ich stark. Die Zeiten sind doch vorbei, als von der Tochter, der Schwiegertochter überhaupt von den weiblichen Angehörigen erwartet wurde, dass sie selbstverständlich die Betagten in der Familie versorgen. Und das ist auch in Ordnung so; sie haben schliesslich das Recht auf ein eigenes Leben.
    Es bräuchte für alle Menschen in der Ortschaft oder im Quartier wo sie leben, eine Anlaufstelle mit gut vernetzten sozialen und medizinischen Angeboten, wo man sich bei alltäglichen Anliegen und Gebrechen hinwenden kann und jedem mit Rat und Tat unkompliziert geholfen wird, menschliche Zuwendung inbegriffen. Niemand müsste im Alter allein mit seinen Problemen sein und könnte mit diesen Hilfestellungen bis zum Tod im eigenen Heim gut versorgt leben.
    In den Skandinavischen Ländern funktioniert diese effektive und wirtschaftlich viel günstigere, erweiterte Spitex mit Sozialberatung schon lange. Sie wäre m.E. eine gute Alternative zu unserer inakzeptablen teuren, sehr komplexen und immer unpersönlicher werdenden Gesundheitsversorgung und könnte das Gesundheitspersonal enorm entlasten.

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