StartseiteMagazinKulturStarporträts aus der Edo-Zeit

Starporträts aus der Edo-Zeit

«Made in Japan» nennt das Kunstmuseum Basel die Ausstellung von 110 Farbholzschnitten, die dank eines Geschenks seit 1942 im Kupferstichkabinett lagern. Viele davon werden erstmals öffentlich gezeigt.

Sie waren im 19. Jahrhundert berühmte Schauspieler des populären Kabuki-Theaters, um sie gab es einen Starkult ähnlich wie früher um Filmstars und heute um Musiker oder Sportler. Die Schauspieler wurden von Holzschnittkünstlern porträtiert, die Blätter tausendfach vermarktet und fleissig gesammelt. Holzschnitte waren für normale Bürger erschwinglich, während Originalmalerei der reichen Elite vorbehalten war.

Utagawa Kunisada: Der Kabuki-Schauspieler Sawamura Tanosuke III als Koshimoto Okaru aus dem Stück Chūshingura. 1860

Wie geht eigentlich Holzschnitt? Zunächst wird das Motiv gezeichnet. Nun kann die Zeichnung auf eine bis mehrere Holzplatten übertragen werden – je nach Anzahl Farben. Nun wird das Holz so bearbeitet, dass das, was weiss bleiben soll, weggeschnitzt wird, was Farbe annehmen soll, bleibt stehen. Nach dem Auftrag der Farbe wird das Papier aufgelegt und angepresst. Holzschnitt ist ein Hochdruck-Verfahren. Die Herstellung erfolgte meist arbeitsteilig.

Kubo Shunman: Surimono mit einer Gruppe von zehn Dichterinnen und Dichtern. Um 1800. Foto: Jonas Hänggi

Auf welche Weise kamen diese bunten Porträts auf Reispapier ins Basler Kunstmuseum? Und weshalb werden sie erstmals ausgestellt, obwohl der Schatz seit 1942 im Kupferstichkabinett liegt? Der Basler Chemiker und Kunstsammler Carl Mettler (1877-1942) hat neben einer bedeutenden Sammlung von Papierarbeiten – Druckgrafiken und Zeichnungen deutscher und französischer Provenienz – dem Kunstmuseum nach seinem Tod auch rund 320 japanische Holzschnitte vermacht.

Erst in den letzten Jahren wurde die Sammlung wissenschaftlich aufgearbeitet und nun eine umfassende Publikation erarbeitet sowie die Ausstellung eingerichtet. Anlass der späten Hommage an den grosszügigen Schenker ist das 160jährige Jubliäum der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und der Schweiz.

Anonym. Der Spiegelstein am Fuss des Berges Kōya. 1854

Japanische Holzschnitte waren Ende des 19. Jahrhunderts nach Europa ­gelangt, nachdem Japan Mitte des 19. Jahrhunderts Handelsbeziehungen aufgenommen hatte. Die Drucke begeisterten hier Kunstsammler und Künstler wie beispielsweise Vincent van Gogh und wurden als Inspirationsquelle genutzt – eigentlich bis heute, wenn man nur an die Wirkungsgeschichte der wohl bekanntesten Arbeit, nämlich Hokusais Grosse Welle denkt.

Katsushika Hokusai: Der Fluss Tama in der Provinz Musashi. 1831. Foto: Martin P. Bühler

Diese ist in der Ausstellung nicht zu finden, wohl aber ein anderer Druck von Katsushika Hokusai (1760-1849) aus der berühmten Serie der 36 Ansichten des Bergs Fuji: Der Fluss Tama in der Provinz Musashi eröffnet das Kapitel Auf dem Weg mit Landschaftsdarstellungen, die zumeist als Illustrationen in Reiseführern oder als Einzeldrucke von berühmten Reisezielen erschienen sind.

Utagawa Hiroshige:Kirschblütenschau auf dem Berg Asuka. 1853. Foto: Jonas Schaffter

Das zweite Kapitel In der Stadt zeigt Ansichten von Edo, heute Tokio, das im 18. und 19. Jahrhundert prosperierte, eine Großstadt und ein wichtiges Zentrum von Handel und Handwerk, aber auch von Unterhaltung und Kultur war. Die Bildthemen sind Sehenswürdigkeiten wie Tempel und Schreine, Vergnügungsviertel, die Kirschblüte.

Kitagawa Utamaro: Kakogawa Konami, Oboshi Rikiya und das Dienstmädchen Suki. Aus der Serie Modelle für Liebesgespräche. Foto: Jonas Hänggi

Aufwendig inszeniert und in reicher Kleidung war die weibliche Schönheit ein beliebtes Motiv, oft hatten hochrangige Kurtisanen und Geishas Modell gestanden. Aber selbst wenn der Name dabeisteht, handelt es sich nicht um ein individuelles Porträt, sondern um eine Darstellung der Schönheitsnorm. Wer denkt da nicht an das Phänomen der mit viel Kunsthandwerk geschönten Influencerinnen der Digitalzeit. Am bekanntesten unter diesen Künstlern ist Kitagawa Utamaro (1753-1806), der mit seinen Liebespaaren auch Geschichten erzählen kann.

Hundertfach wurden Blätter von Schauspielern des populären Kabuki-Theaters aufgelegt. In den Aufführungen erstarrten die Protagonisten auf dem Höhepunkt der Handlung jeweils in einer ausdrucksstarken Pose, die dann gern im Holzschnitt dargestellt wurde. Dazu gab es die Bilder der oben erwähnten Stars aus dem Kabukitheater, die als Idole verehrt wurden, mitunter auch mit Gedenkdrucken nach deren Tod. Der produktivste und zu Lebzeiten auch erfolgreichste Künster war der Meister der Schauspielerbilder Utagawa Kunisada (1786-1865).

Kikuwara Eizan: Inmitten einer Versammlung eleganter Schönheiten. Aus einem fünfteiligen Werk. 1811-1814

Waren die Holzschnitte damals Massenware, sind sie heute wertvoll, denn die Künstler stellten hohe Qualitätsanforderungen an sich und ihre Schnitzer und Drucker, und die Papierbilder dienten bisweilen als Verpackungsmaterial. So sind heute manchmal nur Einzelstücke im Handel.

Schon deshalb ist das Basler Konvolut von unschätzbarem Wert. Neben den Holzschnitten bekannter Künstler sind auch Werke ausgestellt, deren Zeichner nur Spezialisten kennen. Für Sammlerinnen und Sammler, aber auch für alle, die gern mehr über den japanischen Farbholzschnitt wüssten, ist der vom Spezialisten Hans Bjarne Thomsen, Professor am kunsthistorischen Institut der Universität Zürich, und Kuratorin Judith Rauser erarbeitete Katalog ein Buch, das zusammen mit der Ausstellung alle denkbaren Fragen beantwortet und alle Wünsche erfüllt.

Die Wirkungsgeschichte des einst in Japan beliebten Farbholzschnitts reicht übrigens direkt bis in die Gegenwart der Manga, der japanischen Comics, und der bewegten Anime: Populäre Kunst welche die Phantasie beflügelt und für alle erschwinglich ist.

Titelbild: Kuratorin Judith Rauser vor Porträts von Kabuki-Theater-Stars. Foto: © R. und E. Bühler
bis 21. Juli

Hier geht es zur Website der Ausstellung «Made in Japan»
Katalog: MADE IN JAPAN – FARBHOLZSCHNITTE VON HIROSHIGE, KUNISADA UND HOKUSAI, D. Herausgegeben von Judith Rauser und Hans Bjarne Thomsen, Kunstmuseum Basel, Deutscher Kunstverlag, 2024. 48 Franken. ISBN 978-3-422-80183-7

 

Rabatt über Seniorweb

Beim Kauf einer Limmex-Notruf-Uhr erhalten Sie CHF 100.—Rabatt.

Verlangen Sie unter info@seniorweb.ch einen Gutschein Code. Diesen können Sie im Limmex-Online-Shop einlösen.

Beliebte Artikel

Mitgliedschaften für Leser:innen

  • 20% Ermässigung auf Kurse im Lernzentrum und Online-Kurse
  • Reduzierter Preis beim Kauf einer Limmex Notfall-Uhr
  • Vorzugspreis für einen «Freedreams-Hotelgutschein»
  • Zugang zu Projekten über unsere Partner
  • Massgeschneiderte Partnerangebote
  • Buchung von Ferien im Baudenkmal, Rabatt von CHF 50 .-

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein