Eine Gruppe älterer Menschen erarbeitet ein Projekt für selbstorganisiertes Wohnen im Alter auf dem Lagerplatz in Winterthur. Was erhoffen sie? Was befürchten sie? Das neue Haus wächst, das Einziehen rückt näher. Wie kommen sie in der neuen Wohnung an? Wie geht es ihnen nach dem Wechsel?
Informativ und einfühlsam berichtet darüber der Dokumentarfilm «Horizonte» von Robert Frei.
Wie in einem fiktiven Gespräch enthält der folgende Text Aussagen der am Projekt beteiligten Seniorinnen und Senioren:
«Unser Haus ist zu gross, wir sollten ausziehen.» Doch oft ist es zu früh, oft zu spät, also bleiben viele in der alten Wohnung. Dagegen eine Frau: «Ich freue mich, im Alter nochmals etwas Neues anfangen zu können».
Der Umzug rückt näher. Wie kommen sie im neuen Haus an? Wie geht es ihnen nach dem grossen Wechsel? So oder ähnlich wird diskutiert. Ein Paar: «Für meine Frau ist es eine Herzensangelegenheit, für mich ein Kopfentscheid.»
Worüber der Film berichtet, ist für die Beteiligten existenziell: «Wir brechen auf zu neuen Ufern!» Miteinander hinterfragen die am Schluss etwa hundert Personen immer wieder neu ihre Träume und Hoffnungen. Nachdem sich genügend Interessierte für das Projekt «zusammen_h_alt» gemeldet haben und Mitglieder geworden sind, wächst auch das Haus. Zwischentitel wie «Noch 2 Monate» verleihen dem sonst ruhig dahinfliessenden, zum Mitdenken und Sinnieren anregenden Film Spannung.
Mit Diskutieren die Probleme lösen
Grundsteinlegung, Juni 2017
«Ich hänge am Alten, sie hat gern Neues», meint ein Paar. Je mehr Leute angemeldet sind, desto vielschichtiger werden die Diskussionen, und alle lernen neue Meinungen kennen, Gemeinsames und Gegensätzliches kommt auf den Tisch. Es entsteht Gemeinschaft! Man lernt voneinander und miteinander. «Das Setting dieses Projektes ist so angelegt, dass wir uns, wenn nötig, auch füreinander kümmern können.»
«Für uns ist es Zeit, nochmals aufzubrechen, etwas Neues anzufangen; wir waren zehn Jahren unterwegs, das Haus war als Familienhaus wichtig, jetzt brauchen wir es nicht mehr.» Die Idee des «zusammen_h_alt» fasziniert! Mit andern aktiv bleiben, gefällt. «Es entsteht Lebendigkeit, auf die ich mich freue.» Und es folgt die Zustimmung: «In dieser Gemeinschaft wollen wir leben. Wir sind ein kleines Dorf.»
Abschied nehmen von alten Wohngewohnheiten
Gemeinsam kreativ altern
Es kann aber auch mal schwierig werden: «Welche Regeln, welche Freiheiten sollen gelten?» Mehr und mehr beflügelt das Projekt die Frauen und Männer: «Wir planen für uns und andere ein neues Leben! Wir hoffen auf Leute, die mit der gleichen Absicht unterwegs sind.»
«In der Pubertät träumte ich, nach San Francisco auszuwandern, habe erlebt, dass man beim Wohnen experimentieren kann und habe gewusst, dass ich einmal in ein gemeinschaftliches, selbstverwaltetes, grosses Altersprojekt einziehen will.» Für alle gilt: «Jetzt kann ein neues Leben anfangen! Die Begegnungen mit immer neuen interessanten Menschen gibt mir Zuversicht auf ein gutes Gelingen.»
«Es hat mich angesprochen, dass es hier Ateliers gibt für Leute, die nicht nur kreativ schaffen, sondern auch kreativ leben. Ich bin gern autonom und schätze autonome Menschen, weiss aber auch, dass jeder einzigartig ist, ich den einen näher, anderen weniger nah komme.»
Mit Zuversicht in die Zukunft schauen
Das Leben, das mir noch gegeben ist
«Irgendetwas kann immer passieren. Doch ich fühle mich im neuen Umfeld so gut aufgehoben, dass solches zu meistern sein dürfte. Wenn jemand krank ist, hilft man. Der Nachbarschaftskontakt ist jetzt schon sehr gut. Die Begegnung mit der ersten Person, die im Haus gestorben ist, wurde für uns auch zu einem bewegenden, schönen Erlebnis, einer bereichernden Begegnung. Angesichts solcher Erfahrungen der Endlichkeit werden auch unsere Gespräche persönlicher.»
«Schön, dass man sich hier zurückziehen, aber auch hinausgehen kann. Die Gemeinschaftsräume und die Angebote laden ein und bereichern. Ich hoffe auf ein Haus mit Kontakten nach aussen, ein Haus, in dem Solidarität und Mitmenschlichkeit herrschen.» Eine alleinstehende Frau: «Künftig habe ich eine kleinere Wohnung, dafür mehr Gemeinschaftsräume: für mich ein Gewinn.»
«Das Alter ist extrem ungeeignet zum Alleinsein. Hier erfahren wir den Prozess einer neu entstehenden Gemeinschaft als herausforderndes, bereicherndes Experiment. Man muss einiges loslassen, sich nur selbstverwirklichen, reicht nicht. Mich reizt vor allem, dass man hier zusammen alt werden will. Die einen regenerieren sich, indem sie sich in die Wohnung zurückziehen, die anderen, indem sie sich in den Gemeinschaftsräumen aufhalten. Beides ist für mich ein Lebenselixier.» Grosse Zustimmung: «Hier sind wir unterwegs, auf dem Weg.»
«Ich würde mich nochmals gleich entscheiden. Es war ein Wurf! Hier lebe ich das Leben, das mir noch gegeben ist, bewusst und intensiv.»
Das Haus wächst, ebenso die Gemeinschaft
Der Einzug, die erste Hausversammlung, Mai 2020
Im Frühling 2022 fahren täglich Möbelwagen vor und bringen den Hausrat der neuen Bewohnerinnen und Bewohner. Jetzt beginn das herausfordernde Miteinander! Und bald schon gilt es, gemeinsam erste Entscheide zu treffen. «Ich habe früh gewusst, ich will nicht allein alt werden, ich möchte im Alter mit ähnlichen Menschen zusammenleben. Hier leben wir nicht generationenübergreifend, sondern altersübergreifend. Doch mit dem Bistro und den von uns organisierten Veranstaltungen sind wir auch für Gäste offen.»
Der Film, der sinnigerweise «Horizonte» heisst, lädt ein, die Horizonte unserer eigenen Zukunft abzusuchen. Was in den Wohnungen am Lagerplatz in Winterthur gelebt wird, ist an anderen Orten vielleicht noch Zukunftsmusik, könnte aber bald schon Wirklichkeit werden – wenn viele Männer und Frauen, Alte und Junge, Institutionen und Gruppen ihre persönlichen Horizonte absuchen, dann weiterdenken und weitersinnieren.
In den Hausversammlungen wird abgestimmt
Weiterführende Informationen
Die Institution hinter diesem Projekt heisst Genossenschaft Zusammen_h_alt für Tätigksein und Wohnen in der zweiten Lebenshälfte.
Der Film «Horizonte» ist gratis zu visionieren auf Vimeo HORIZONTE «Zusammen_h_alt» in Winterthur on Vimeo
Ansprechpersonen für eine Begleitung von Filmvorstellungen und weitere Auskünfte sind Marianne
Sigg:mariane_sigg@bluewin.ch und Anne Wunderle: anne.wunderle@bluewin.ch
Regie: Robert Frei, Produktion: 2023, Länge: 64 min, Verleih: Marianne Sigg
Grüezi mitenand
Interessiert mich, hat es auch einen Lift?
Was würde eine Zwei-Zimmerwohnung mtl. kosten?
Herzliche Grüsse
Willi Zweidler
8412 Hünikon
Ist super Suche auch so etwas bitte Preis durchgehen
Die Kommentatoren merken an, was bei diesem Artikel fehlt. Der Preis. Beim Mieten sind drei Faktoren wichtig. 1. der Preis, 2. der Preis, 3. der Preis. Ich habe mich schlau gemacht.
Die Wohnungen sind zwischen 40 und 80 m2 gross. Die Mieten kosten zwischen 1000 und 2200 Franken, plus Nebenkosten.
Wichtig: Es ist eine Genossenschaft. Deshalb muss ein Anteilschein zu 2000 Franken gekauft werden.
Noch wichtiger: Jeder Mietvertrag kostet einmalig 250 Franken pro Quadratmeter Wohnfläche. Für die kleinste Wohnung sind das 10 000 Franken, für die grösste 20 000 Franken, zusätzlich zum Anteilschein von 2000 Franken.
Meine persönliche Einschätzung: Die Mieten sind marktüblich, für Winti evtl. sogar günstig. Ungewöhnlich scheinen mir die Kosten beim Abschluss des Mietvertrags zwischen 10 000 und 20 000 Franken. Die Genossenschaftsanteile (2000.00) werden beim Auszug zurückbezahlt. Werden diese Vertragskosten ebenfalls zurückerstattet? Wenn nicht, würden Mieter, die nach kurzer Zeit wieder ausziehen, viel Geld verlieren.
Am wichtigsten: Das Projekt bevorzugt Menschen zwischen 50 und 65 Jahren. Das bedeutet, dass Seniorinnen und Senioren ausgeschlossen sind.