StartseiteMagazinLebensartRomantisch, aber leider giftig

Romantisch, aber leider giftig

Er ist selten geworden in den Familiengärten, der Fingerhut. Dabei gehört er doch zum Sommer wie der Rittersporn, der Phlox und viele andere Sommerblüher. Der Grund ist wohl der, dass die grossgewachsene Pflanze giftig ist und deshalb in der Nähe von Kindern und Haustieren nichts zu suchen hat.

Dabei sind die auffälligen, dekorativen Glockenrispen pflegeleicht und vermehren sich, einmal ausgepflanzt, gerne im ganzen Garten. Aber nicht übermässig, sondern bescheiden einfach da und dort. Das kann im Halbschatten sein oder auch in der Sonne. Fingerhut ist schnell mal zufrieden, nur etwas feucht soll der Boden sein.

Insekten lieben ihn, vor allem die Hummeln, die ganz in die «Fingerhüte» hineinkriechen, und mit wohligem Gebrumm von einer Blüte zur andern wechseln. Schnecken indes meiden die Pflanzen, sowohl ihre Blattrosette im ersten Jahr wie auch die Blütenstände im folgenden Sommer.

Fingerhut im ersten Jahr. Die zweijährige Pflanze blüht erst im zweiten Jahr. Sie sät sich aber zuverlässig weiter aus. (alle Bilder pixabay)

Und das mit gutem Grund: Fingerhut ist giftig und gerade für Kinder richtig, richtig gefährlich. Nur schon ein, zwei Blätter in den Mund gesteckt, können starke Vergiftungserscheinungen hervorrufen, ja sogar tödlich sein. Dieses Gift, die in allen Pflanzenteilen enthaltenen Glykoside, wird allerdings in der Medizin seit Jahrhunderten und bis heute auch bei Herzproblemen verwendet. In einer verträglichen Dosis natürlich. Und taucht ab und zu als Digitalis, das ist die Pflanzengattung, in Kriminalromanen auf. Als schnell wirkendes, kaum nachzuweisendes Gift.

So, weg von Gift und Verbrechen und hin zu Conrad Ferdinand Meyer, der eine alte irische Sage in Verse gesetzt hat. Es ist eines meiner Lieblingsgedichte, dieses «Liebe Kinder, wisst ihr wo, / Fingerhut zu Hause? / Tief im Tal von Acherloo / Hat er Herd und Klause.» Es ist die Geschichten eines von der Gesellschaft geächteten buckligen Korbflechters. «Sitzt er, staunen Kinn und Knie, / Dass sie Nachbarn werden.»

Ein Elfenmärchen. Was passt denn besser zu einer warmen Sommernacht?

Das abergläubische Volk dichtet ihm Hexenkräfte und mehr an, aber der kleingewachsene Mann mit seiner blauen Fingerhut-Mütze kümmert das wenig. Bis er eines Nachts auf dem Heimweg bei einer kurzen Rast den Gesang von Elfen vernimmt. Sie singen ein Lied, also wenigstens die erste Zeile, weiter kommen sie nicht. Haben sie den Text vergessen? Als der süsse Elfengesang wieder anhebt, spinnt Fingerhütchen den Reim leise weiter – und die Elfen sind begeistert. Und befreien ihn zum Dank von seiner Bürde auf dem Rücken. Das wird so poetisch, so einfühlsam beschrieben – einfach wunderbar.

Die irische Sage geht allerdings weiter. Denn etwas Moral muss ja sein. Können alle selber nachlesen unter «Irische Elfenmärchen».

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