StartseiteMagazinGesellschaftKultur und Kulinarik im Hotelzimmer

Kultur und Kulinarik im Hotelzimmer

Mit einem interessanten Format versuchen Theater und Gastronomie im Kanton Bern derzeit, neue Gäste zu gewinnen. Noch bis zum 14. März spielen Karo Guthke und Christoph Keller in ausgewählten Hotels und Gasthöfen das Beziehungsdrama «Toulouse», inszeniert von Regisseur Markus Keller. Seniorweb war im Berner Kursaal dabei.

Mit einem spannenden Experiment verbinden Berner Gastrobetriebe gemeinsam mit dem «Theater an der Effingerstrasse» Kulinarik mit der Theaterkultur: Für zwanzig bis dreissig Theaterinteressierte öffnen die Betriebe abends ein echtes Hotelzimmer, in dem eine Komödie gespielt wird. Vor oder nach dem Theater geniessen die Gäste ein Dreigangmenu im selben Lokal. Mit dem Experiment hoffen Hoteliers auf neue Gäste. Regisseur Markus Keller möchte zeigen, wie lebendig Theater auch abseits einer konventionellen Bühne sein kann.

Ehepaar am Scheideweg

Die Ausgangslage des Stücks von Autor David Schalko ist rasch erzählt: Fünfzehn Jahre waren Silvia und Gustav verheiratet und kinderlos geblieben. Jetzt sind sie getrennt, die Scheidung läuft. In dem Hotelzimmer in den französischen Alpen, in dem sie ihre erste gemeinsame Nacht verbrachten, verabreden sich die beiden ein letztes Mal.

Vertraute Erinnerungen an gute Zeiten im Hotelzimmer.

Silvia will mit Gustav abrechnen und ihn mit ihren negativen Gefühlen, mit ihrer Verbitterung, konfrontieren. Gustav ist – obwohl gerade am Neubeginn einer Beziehung mit einer jüngeren Frau – einem letzten Schäferstündchen mit seiner Ex nicht abgeneigt.

Seiner neuen Freundin lügt Gustav am Telefon vor, er sei geschäftlich im fernen Toulouse, und erkundigt sich scheinheilig nach dem Baby, das seine Neue bereits unter dem Herzen trägt. «Ein Kind würde Dir guttun. Es ist der einzige Grund, weshalb Mann und Frau zusammen sind», keift Silvia im Hotelzimmer nach dem Anruf.

Der Manager ist gerade dabei, seine Firma an seinen Geschäftspartner zu verkaufen, der ebenfalls gerade fremdgeht. Die telefonische Nachricht vom geplanten Verkauf verletzt Silvia. Für sie hätte Gustav das nie getan, obwohl es ihr Wunsch war, wirft sie ihm verbittert an den Kopf. «In den letzten fünfzehn Jahren hast Du es kein einziges Mal geschafft, für mich da zu sein.»

Wenn Hotelzimmer flüstern: Silvia will nur mit Gustav schlafen, weil sie dann besser mit ihm reden kann.

Dennoch: Nichts scheint einem emotionalen Abstecher in die gemeinsame Vergangenheit im Wege zu stehen. Silvia und Gustav spielen mit ihren Erinnerungen und spüren gleichzeitig, dass die Gegenwart keine Zukunft hat. Dann setzt die Frau alles daran, ihren Ex-Mann ein letztes Mal zu verführen: «Ich will nur mit dir schlafen, weil ich dann mit Dir besser reden kann», gibt sie berechnend zu und schiebt heuchlerisch nach: «Dein Schweiss riecht wie Rasierwasser.»

Das Spiel pendelt hin und her zwischen offener Ablehnung, geiler Lust und heimlicher Rache. Silvia versucht, ihren Ex mit all ihren negativen Erfahrungen zu konfrontieren, während er mit seinen einstigen Gefühlen kokettiert, die er nun nicht mehr einlösen muss. Still und heimlich macht er zuerst auf Zurückhaltung, gibt sich aber sofort willig, als seine Ex ihn auszuziehen beginnt. Weder der Gedanke an seine neue Frau noch an sein ungeborenes Kind hindern ihn daran. Da erhält Gustav einen schockierenden Anruf, und das Schäferstündchen droht völlig aus dem Ruder zu laufen.

Ebenso echt wie einfühlsam

Die Inszenierung von Karo Guthke und Christoph Keller ist äusserst unterhaltend. Ab und zu fühlt man sich an Szenen aus der eigenen Beziehung erinnert. Aller Absurditäten zum Trotz: Das unterhaltende Spiel wirkt ebenso echt wie einfühlsam. Authentisch klingen sogar Silvias Hustenanfälle. Und Gustav nimmt man die emotionalen Achterbahnen zwischen neuer Beziehung und alten Lustgefühlen ab. Geduldig steckt er sämtliche Boshaftigkeiten seiner Ex weg: «Du siehst nackt wie angezogen aus», giftelt Silvia und schiebt nach: «Du gönnst mir nicht einmal, dass ich Dich vergesse.»

Das Schäferstündchen im Hotelzimmer droht, aus dem Ruder zu laufen.

Nach dem Schlussapplaus verlässt man als Zuschauer/Zuschauerin das Hotelzimmer mit der nicht ganz neuen Erkenntnis, dass man bei nachhaltigen Gesprächen, in intimen Momenten oder im Bett das Mobiltelefon zwingend ausschalten sollte. Sonst droht die Zukunft zu entgleisen, da Alibis und Lebenslügen plötzlich platzen. Markus Kellers Inszenierung (Kostüme Sybille Welti) ist äusserst reich an Pointen, die beim Schlummertrunk sogar an der Hotelbar nachhallen und zum Nachdenken anregen.

Von Curry bis Sushi

Auf dem Begleitprogramm des abwechslungsreichen Theaterabends steht ein Dreigänger, den der Theaterkritiker von Seniorweb.ch im Berner Kursaal geniessen durfte. Das Speiseerlebnis war exzellent. Das Restaurant Jù bietet eine erstklassige asiatische Küche. Ein frisch zubereiteter «Asian Dream Buffet» mit Fleisch, Fisch, Sushi, chinesische Dim Sum, knusprige Pekingente sowie vegetarischen und veganen Gerichten sorgte für mehrere kulinarische Höhepunkte. Über dreissig asiatische Spezialitäten, alle à discrétion, warteten auf den Gast.

Das reichhaltige Buffet im Restaurant Jù im Berner Kursaal.

Die kulinarische Auswahl war überwältigend: Vom ersten Bissen bis zum süssen Abschluss am vielfältigen Dessertbuffet wurde die Theaterbesuchenden von gelungenen Aroma-Kombinationen verwöhnt. Der Duft der Gewürze und das Zischen der Pfannen bezeugten die Frische sowie die Qualität der Speisen. Zum Trinken gabs japanischen Tee, Wein, chinesisches Bier und Cocktails mit asiatischen Einflüssen. Im Berner Kursaal finden jeder und jede das Richtige für seinen/ihren Geschmack.

Blick in das Restaurant Jù im Berner Kursaal.

Die nächsten Orte der Tournee

Genaue Informationen über das Theaterstück Toulouse, über kulinarische Angebot, die Menüpreise und den definitiven Beginn der Vorstellung sind beim jeweilen Hotel zu erfahren. Der Eintrittspreis zur Vorstellung in der Höhe von CHF 30.– pro Person wird mit dem Menüpreis des Hotels verrechnet. Die Getränke müssen separat bezahlt werden.

  • Fr 28.02.2025, Eggiwil, Hirschen, 18:30 Uhr
  • Sa 01.03.2025, Eggiwil, Hirschen, 18:30 Uhr
  • Do 06.03.2025, Burgdorf, Stadthaus, 18:30 Uhr
  • Fr 07.03.2025, Burgdorf, Stadthaus, 18:30 Uhr
  • Sa 08.03.2025, Interlaken, Carlton Europe, 19:00 Uhr
  • Do 13.03.2025, Aarberg, Krone, 19:00 Uhr

Titelbild: Während die eine Hälfte des Publikums die Komödie im Hotelzimmer schaut (links), geniesst die andere Hälfte im Restaurant ein Dreigangmenü (rechts). Alle Fotos ©  PS.

LINKS

Tickets fürs Hotelzimmerstück Toulouse

Kursaal Bern – Restaurant Yù – Eine kulinarische Reise durch Asien

 

 

 

Spenden

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, Sie zum Denken angeregt, gar herausgefordert hat, sind wir um Ihre Unterstützung sehr dankbar. Unsere Mitarbeiter:innen sind alle ehrenamtlich tätig.
Mit Ihrem Beitrag ermöglichen Sie uns, die Website laufend zu optimieren, Sie auf dem neusten Stand zu halten. Seniorweb dankt Ihnen herzlich.

IBAN CH15 0483 5099 1604 4100 0

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebte Artikel

Mitgliedschaften für Leser:innen

  • 20% Ermässigung auf Kurse im Lernzentrum und Online-Kurse
  • Reduzierter Preis beim Kauf einer Limmex Notfall-Uhr
  • Vorzugspreis für einen «Freedreams-Hotelgutschein»
  • Zugang zu Projekten über unsere Partner
  • Massgeschneiderte Partnerangebote
  • Buchung von Ferien im Baudenkmal, Rabatt von CHF 50 .-