StartseiteMagazinGesellschaftWaldbeeren und Wunderworte

Waldbeeren und Wunderworte

An einem Sommermorgen da nimm den Wanderstab, es fallen deine Sorgen wie Nebel von dir ab (Theodor Fontane)

Abends durch die Fensterscheibe zusehen, wie der junge Rotschwanz – gut genährt und flugfähig – ganz nah auf der Trockenmauer sitzt und mit offenem Schnabel bettelt, bis ihm der eine Altvogel das Maul stopft (ob man das so sagen darf?) Oder: Den beiden grossen braunen Schmetterlingen auf der Wiese neben dem Pfad zusehen und erfahren, wie kopulieren bei Sommervögeln geht – länger als man dachte. Oder: Die kleinen gelben Wildpflaumen pflücken, die zwischen lichtgrünen Blättern am Stockausschlag der dunkelroten japanischen Zierpflaume hängen, und gleich essen, weil sie diesen Sommer so süss schmecken.

Vielleicht kaum der Erwähnung wert, aber daraus entsteht gute Laune. Wer umsichtig statt zielstrebig durch die Welt geht, dem fallen kleine Wunder der Natur zu. Wenn man sie noch mit jemandem teilen kann, werden sie zum kleinen Glück. Diesmal esse ich den Pflaumensegen, dazu winzige Walderdbeeren, die wir bei der Wanderung sammelten, mit einer guten Freundin. Wir hatten vor Jahrzehnten regelmässige Zeiten der Begegnung – unter anderem Denkarbeit für Frauenpolitik, Chorgesang und ihren Jour fixe, wo man schwatzen, stricken, lesen konnte.

Nun wurde sie siebzig und hatte eine wunderbare Idee für ihr Fest. Nein, es gab keine Riesenparty mit viel Champagner und vielen Freundinnen und Freunden, aus verschiedenen Lebensabschnitten und Berufszeiten, mit denen die Gefeierte jeweils kaum Zeit für weitere Worte hat, als die Standardfloskeln beim Gratulieren. Die Frau ist rundum bekannt, genau die Alternative anzubieten, die sonst niemandem einfällt, die aber viel Freude bringt: Sie hat in ihrer Einladung geschrieben, dass sie sich ein paar gemeinsame Stunden zu zweit wünscht, eine Geburtstagsfeier in Fraktionen, bei der es zu echten Begegnungen kommt. Jetzt war ihre kleine Feier mit mir. Wir sind gemeinsam gewandert, wir schauten gemeinsam Nahes und Fernes, wir haben gemeinsam nachgedacht, was wir waren, was wir sind, wohin wir wollen. Sonne und Sommer gab es, gute Laune machte die Begegnung, von der ich mir einen alten Spruch für weniger sonnige Tage aufheben will: das Gebet der Gelassenheit. Hier ist es, nachgeschaut im weltweiten Web, nachdem wir uns verabschiedeten:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Zu den Beiträgen der Sommerserie der Redaktion:
Was für ein schöner Sommer

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