FrontKolumnen„Rentenklau“ wieder auferstanden

„Rentenklau“ wieder auferstanden

Wenn die Medien zum alten Slogan greifen.

Jeder Junge zahlt über 1000 Franken an Rentner“ titelt die Sonntags-Zeitung und setzt damit einmal mehr den Begriff Rentenklau in die Zeitung und so in die Öffentlichkeit. Mehr noch: Die Redaktion untermauert im Untertitel ihre gewagte These damit, dass diesmal Experten von einem „echten Rentenklau*, sprechen würden. Das heisst: Bisher war der Begriff Rentenklau unecht und wohl nur als Drohung zu verstehen. Nun ist er also echt, der Rentenklau. Situativ betrachtet haben die Pensionskassen aktuell tatsächlich Mühe, ihre notwendigen Renditen zu erzielen, um die angesparten Kapitalien der Rentner zu erwirtschaften. Die Zinsen an den Finanzmärkten sind seit Jahren sehr, sehr tief, mehrere Pensionskassen können ihre Gelder kurzfristig sogar nur zu einem Negativzins anlegen. Die Aktienmärkte sind volatil, die Kurse sind zum Jahresbeginn eingebrochen und erholen sich nur langsam.

Aufgrund dieser aktuellen Situation lässt sich leicht errechnen, dass die künftigen Rentner mit Einbussen rechnen müssen. Der Umwandlungssatz, den laut der Sonntags-Zeitung 47 Prozent der Bevölkerung nicht verstehen, wird in den nächsten Jahren laufend nach unten angepasst. Zum Verständnis: Wenn ein Arbeitnehmer mit den eigenen Beiträgen und denen seines Arbeitgebers (insgesamt rund 15 Prozent des Lohnes) in seinem gesamten Berufsleben 1 Mio. CHF angespart hat, bekommt er beim gängigen Umwandlungssatz von 6,8 % im Jahr 68’000 CHF oder eine monatliche Rente von 5’660 CHF . Nun sinkt der Umwandlungssatz laufend, einzelne Pensionskassen sehen den Satz im Jahre 2025 auf unter 5% absinken. Das bedeutet, dass die Rente nur noch rund 50’000 oder 4’166 CHF im Monat betragen würde. Das sind 1’500 CHF weniger.

Der Ständerat hat unter der klugen Regie von alt Ständefrau Christine Egerszegi und den alt Ständeherren Felix Gutzwiller und Urs Schwaller, unterstützt von Paul Rechsteiner, Präsident des Gewerkschaftsbundes und SP Ständerat, entgegen dem Bundesrat, in der Vorlage „Vorsorge 2020“ für Neurentner, eine Erhöhung der AHV um rund 70 CHF pro Monat (Einzelrente)) in die Vorlage reingeschrieben. Für die neuen Rentner also, die durch die Senkung des Umwandlungssatzes Renteneinbussen zu gewärtigen haben. Das würde den Verlust zwar nur bescheiden, so doch etwas kompensieren. Nun ist die nationalrätliche Kommission an der Reihe. Erste Vorzeichen kündigen aber an, dass der Nationalrat die Erhöhung der AHV wieder kippen wird. Also keine Kompensation und damit künftigen Rentnern die Einkünfte beschneiden will.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB hat, wohl ahnend, die Volksinitiative AHVplus lanciert und kämpft bereits engagiert für die Vorlage, die eine AHV-Rentenerhöhung im Monat von 10 % ( 240 CHF bei einer vollen AHV Rente, unverheiratet, verheiratet:  180 CHF) vorsieht und voraussichtlich im September zur Abstimmung gelangt. Die 1. Säule der Vorsorge, die AHV, wird nach dem Umlageverfahren finanziert. Das heisst, die jeweilige aktive Bevölkerung finanziert die Renten. Diese Finanzierung ist weit weniger abhängig von der aktuellen Situation an den Finanzmärkten als die zweite Säule, die berufliche Vorsorge, sieht man von geäufneten AHV-Fonds ab. Zudem ist sie weit billiger in der Bewirtschaftung.

Die Präsidentenkonferenz des Schweizerischen Verbandes für Seniorenfragen SVS hat sich an ihrer letzten Sitzung eingehend mit der Initiative AHVplus befasst. Die Präsidenten der kantonalen Verbände und der Vorstand des Dachverbandes SVS stellten fest, dass die Initiative in die richtige Richtung geht, aber zu ausgreifend, schwer zu finanzieren ist. Sie fassten vorerst keine Parole. Wenn der Nationalrat aber nicht der Version des Ständerates folgt, will der SVS allenfalls gar der Initiative zustimmen.

Zu hoffen ist jetzt eines, dass sich immer mehr um ihre eigene Vorsorge kümmern, dass auch die 47 Prozent der Bevölkerung, die den Umwandlungssatz nicht benennen können, sich zunehmend kundig machen. Die AHV ist das wichtigste Sozialwerk der Schweizer Bevölkerung. Sie ist zu wertvoll, als dass sie weiter an Vertrauen in der Bevölkerung verlieren darf. Bereits 38 % der Bevölkerung haben nach der Sonntags-Zeitung nämlich kein Vertrauen mehr in die AHV und in die Pensionskassen.

Und eines ist auch sicher: Mit Schlagzeilen „ Jeder Junge zahlt über 1000 CHF an Rentner“ wird kein Vertrauen geschaffen. Im Gegenteil. Es wären übrigens 1000 CHF im Jahr, also rund 80 CHF im Monat, wenn die Experten der Sonntags-Zeitung recht hätten. Etwa der gleiche Betrag also, mit dem die AHV der jungen Frauen und Männer dannzumal aufgestockt werden sollte.

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