FrontKultur«Ich bin ein Sonntagskind»

«Ich bin ein Sonntagskind»

Eine Hommage an den fast vergessenen Zürcher Künstler Franz Karl Opitz (1916 – 1998)

Auch in der Kunst entscheidet leider nicht nur Qualität, sondern auch Glück, Geschäftssinn und andere Faktoren darüber, ob ein Künstler in die Geschichte eingeht oder völlig in Vergessenheit gerät. Zu den fast vergessenen Künstlern gehört Franz Karl Opitz (1916 – 1998), der zweifelsfrei zu den bedeutenden Zürcher Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zählt. Er hinterliess ein umfangreiches künstlerisches Werk an Gemälden, Grafiken, Mosaiken und Glasfenstern, das anlässlich seines 100. Geburtstages eine postume Würdigung verdient.

«Meine Aufsätze schrieb ich meist in Versform»

Franz Karl Opitz wuchs in einer Schuhmacher-Familie in Zürich-Unterstrass auf. Nach der Lehre als Schuhmacher arbeitete er bis 1940 im elterlichen Geschäft. Über sich selbst schrieb Opitz: «Ich bin ein Sonntagskind. Und ich habe ein fröhliches Gemüt». Und: «Schon früh erwachte die Freude am schöpferischen Gestalten, sei es durch die Möglichkeit, mich mit Form und Farbe auseinander zu setzen, sei es im Umgang mit dem Wort, der Sprache. Zeichnen und Aufsatz waren meine liebsten Schulfächer, meine Aufsätze schrieb ich meist in Versform.»

Ersten Malunterricht erhielt Opitz zwischen 1932 und 1934 bei Willy Fries, von 1938 bis 1940 bei Otto Friedrich Emil Séquin in Zürich. Anfänglich wandte er sich früheren Vorbildern zu, vor allem den Exponenten der westschweizerischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts wie dem Genfer Barthélemy Menn, dem Lehrer von Ferdinand Hodler. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges hielt er sich öfters in Paris auf, wo er eine Serie von Stadtlandschaften schuf. Es folgten mehrere Studienreisen nach Holland, Südfrankreich, Italien, Spanien, Marokko und Griechenland.

Druckgrafik in der ganzen Welt bekannt

Mit Beginn der 50er Jahre beteiligte sich Opitz regelmässig an Wettbewerben für staatliche und kirchliche Aufträge an Wänden und Fassaden, vor allem in der Mosaiktechnik. Sein Stil wurde zusehends abstrakter. Er begann mit verschiedenen Techniken zu experimentieren, mit Temperafarben, Acryl und später Aquarell. Auch interessierte er sich für die Druckgrafik, war ab 1949 Mitglied des «Vereins für Originalgrafik», der ein Jahr zuvor gegründet worden war. Dessen Zweck, Liebhabern moderner Grafik gute Werke zu erschwinglichen Preisen anzubieten, gab ihm die Chance, Grafiken in den verschiedensten Techniken zu entwickeln.

Abstrakte Druckgrafik von Franz Karl Opitz

Die Blätter von Opitz sind heute in der ganzen Welt bekannt und verbreitet, vor allem in der heute selten gewordenen Aquatintamanier. Die Kunstsammlung der Stadt Zürich allein besitzt über 1100 Originalgrafiken von Opitz. Er ist Spitzenreiter in der städtischen Sammlung mit über 35 000 Kunstwerken. «Mit ihren collageartig zusammengefügten und sorgfältig aufeinander bezogenen Form- und Farbsegmenten strahlen sie eine Gelassenheit und Harmonie aus, die heiter stimmt», schrieb die Galeristin Iris Burgdorfer-Elles. Auch als Fotograf hat Opitz grosse Bekanntheit erlangt und seine Fotografien im In- und Ausland ausgestellt.

Ein Meister der Glaskunst

Eine besondere Qualität erreichte der Künstler als Glasmaler, deren Technik er in hohem Mass beherrschte. Es ist ihm gelungen, die grosse Tradition der kirchlichen Glasmalerei eines Augusto Giacometti und Max Hunziker fortzuführen. «Wirksamer als in den zahlreichen früheren Mosaiken konnte Opitz in der Glaskunst das stets wechselnde Licht berücksichtigen und dadurch eine übersinnliche mystische Atmosphäre erzeugen», schrieb Hans A. Lüthy zu Opitz 80. Geburtstag.

Opitz-Fenster «Durchdringung» auf der Ostseite der ref. Kirche Zürich-Unterstrass.

Zahlreiche Kirchen beherbergen Glasfenster von Opitz: Zürich-Unterstrass, Zürich-Höngg, Fehraltorf, Obfelden, Simon- und Judas-Kapelle in Kappel, Kirchgemeindehaus Embrach. Speziell hervorheben möchten wir die Glasfenster in der Kirche Unterstrass. Bei diesen Arbeiten zeigen sich die zwei gestalterischen Phasen von Opitz vom konkreten zum abstrakten Bild.

Die fünf Glasfenster der Westfassade stammen aus dem Jahr 1967 und zeigen konkrete biblische Motive. 1997, bei der neuerlichen Renovation der Kirche, gestaltete Opitz im Alter von 80 Jahren zum Thema «Durchdringung» auf der Ostseite fünf Fenster abstrakt in den Farben Blau, Rot und Grün. «Es sind Bänder, die alles durchziehen und durchdringen, eine Wellenbewegung, die von der Seite anfängt und alles in Bewegung setzt». Das sei für ihn Religion, sagte Opitz bei der Einweihung.

Franz Karl Opitz umfangreiches künstlerisches Werk verdient es, dass es nicht in Vergessenheit gerät. Die grossen Sprünge waren nicht seine Sache, ebenso wenig wie Geschrei und Propaganda. Umso wichtiger ist, dass die Nachwelt seinem reichhaltigen Schaffen Sorge trägt und sein künstlerisches Erbe zu erhalten weiss.

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