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Hobbygärtner sind Trendsetter

Der Garten im April. «Urban Gardening» heisst der Megatrend der letzten Jahre. Gemüseanbau wird zum trendiges Freizeitvergnügen – sozusagen das neue Bungee Jumping.

Ist das schön. Da wird in der kleinen Szenebar statt über den neusten Dicosound über das richtige Entgeizen von Tomatenstauden debattiert und die aktuellsten Demos finden auf brachliegenden Landparzellen statt. Die Stars auf dem Rasen im Zürcher Hardturmstadion sind keine teuer eingekaufte Kicker, sondern gestreifte Tomaten, Schlangengurken und die grossen Büsche Basilikum.

Guerilleros mit Blumenbomben

Es ist eine grüne Revolution, die da in vielen Nischen, auf Balkonen und an Parkplatzrändern angezettelt wird – und die, wie es sich für eine richtige Revolution gehört, zuerst durch Guerillakämpfer verbreitet wurde. «Guerilla Gardening» nennt sich denn auch der Trend, der sich vor einigen Jahren plötzlich in Grossstädten wie London, New York und auch Zürich ausbreitete.

Gartenarbeit macht glücklich, das merken immer mehr auch Städter. Und legen kleine Gartenoasen an.

Da schlichen des Nachts dunkle Gestalten durch die Strassen – zugegeben, dieser Teil der Story ist jetzt etwas dramatisiert – und deponierten an Strassenrändern, auf Verkehrsinseln und kahlen Baumscheiben und auf herrenlosen Gartengrundstücken kleine Bomben. Die aus Humus und Lehm geformten Kugeln enthielten keinen Sprengstoff, sondern Blumensamen, was zur Folge hatte, dass zum Beipiel plötzlich überall Malven blühten.

Unübersehbar, werden diese Pflanzen doch fast zwei Meter hoch. Es war der Anfang einer grünen Bewegung, ein kreativer Protest von Stadtbewohnern, die sich ein Stück Natur zurückholen wollen und letzlich der Beginn des gemeinschaftlichen urbanen Gärtners.

Gartenarbeit ist in

Die Erfahrung, dass Gärtnern glücklich macht, mag so richtig trendy geworden sein, neu ist sie allerdings nicht. Seit Menschengedenken wird gepflanzt, gehegt und gepflegt – man denke nur an die vielen alten Gärten von Klöstern, Bauernhäusern und Landsitzen, die Generationen von Gartenbegeisterten bis heute erfreuen.

Srassenkämpfer der floralen Art: Malven gedeihen fast überall – und sie sind nicht zu übersehen.

Es war Amerikas frühere First Lady, Michelle Obama, die mit ihrem Garten hinter dem Weissen Haus für Schlagzeilen sorgte, und die Rockröhre der Achtzigerjahre, Kim Wilde, vertauschte bereits einige Jahre früher wenigstens zeitweise die High Heels gegen Gummistiefel und führte im TV durch eine eigene Gartensendung.

Ist Gartenarbeit auch sexy?

Die Schlagzeile «Gartenarbeit ist sexy» stand vor Jahren in einer Gartenzeitschrift. Natürlich. Wo denn sonst werden Rückenschmerzen, Erde unter den Fingernägeln und der Kampf gegen Schnecken und allerlei andere Störenfriede als sexy bezeichnet. Aber sinnlich, das ist Gartenarbeit allemal. Das wird jeder Freizeitgärtner gerne bestätigen.

Und dann an einem warmen Sommerabend im Freien zu sitzen, die schweren Düfte der Kräuter und Blumen einzuatmen, sich immer wieder wundern, wie zauberhaft weisse Blüten in der Dunkelheit leuchten und dem Brummen der Nachtfalter zu lauschen, die noch nie von einem Nachtflugverbot gehört haben – das ist ein zutiefst sinnlicher Genuss.

Den können in diesem Sommer hoffentlich alle die neuen «Urban Gardeners» geniessen, die sich von den grünen Daumen überall anstecken lassen. Und wenn nach getaner Arbeit noch eine sehnige Schulter da ist, an die man sich anlehnen kann, dann stimmt sogar die Schlagzeile: Gartenarbeit ist sexy.

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