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Digitalisierung mit oder ohne uns

Digitalisierung mit oder ohne uns

Am jährlich stattfindenden Kongress des Schweizerischen Verbands für Seniorenfragen (SVS) wurde die Frage «Wieviel Digitalisierung erträgt das Alter?» thematisiert und diskutiert.

Etwa 100 Personen kamen nach Olten ins Seminarzentrum Arte. Pünktlich begrüsste SVS Präsident Karl Vögeli die Anwesenden und gab auch gleich, wie er meinte, eine einfache Antwort auf die Kongressfrage: «Wir müssen die Digitalisierung nicht nur ertragen, sondern auch verarbeiten, um nicht abgehängt zu werden.» Damit gehe es den heutigen Menschen ähnlich, wie unseren Vorfahren im 19. Jahrhundert: Die technische Revolution liess sich weder verlangsamen noch aufhalten.

Regierungsrätin Susanne Schaffner, Vorsteherin des Departementes des Inneren im Kanton Solothurn, begrüsste die Anwesenden im Namen der Solothurner Regierung und reflektierte gleich zu Beginn über die technischen Möglichkeiten, sich weltweit mit einem Click zu «treffen» und fragte, ob wir vielleicht Gefahr laufen, dadurch den zwischenmenschlichen Kontakt zu verlieren. Aus ihrer Sicht sei es wichtig, die Digitalisierung für alle gewinnbringend einzusetzen und die Risiken wie Diskriminierung oder Ausgrenzung gemeinsam anzugehen.

Ist die Schweiz bereit für die digitale Revolution?

Im ersten Referat zündete Nicolas Bürer, Managing Director der branchenübergreifenden Initiative digitalswitzerland, ein Feuerwerk an brisanten Fakten, mutigen Ansagen für die Zukunft und kritischen Reflektionen über die Bereitschaft der Schweiz für die Digitalisierung. Er fasste die vier industriellen Revolutionen zusammen. Zuerst die Dampfmaschinen, gefolgt von den elektrischen Maschinen und Geräten.

Die dritte industrielle Revolution drehte sich um die Informationstechnologie mit Computern, PC, Laptops etc. Jetzt erleben wir mit der Digitalisierung Nummer vier. Schneller als jemals zuvor kommt Neues auf den Markt. Jetzt lenkte Bürer den Fokus auf die Schweiz. Vor sieben Jahren waren 10% der Schweizer online, heute sind es 90%. Generell zeigen die Prognosen, dass der nächste Entwicklungsschritt nur noch drei bis vier Jahre dauern wird. Die Digitalisierung sei eine Innovationsplattform für Produkte und Geschäftsmodelle, bei der lokale Präsenz keine Wettbewerbsvorteile mehr bringt. Anbieter kämen wie aus dem Nichts und bringen ihre Produkte und Dienstleistungen standortunabhängig auf den Markt. Kein Industriezweig werde dabei verschont. Obwohl die Schweiz bezüglich Innovation, Wissen und Technologie weltweit zu den Top 10 gehöre, falle sie zurzeit hinsichtlich Risikobereitschaft zurück.

Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten den SVS-Kongress 2018.

Nutzen die Generationen die Digitalisierung unterschiedlich?

Dr. Esther Ruf, MPH, Interdisziplinäres Kompetenzzentrum Alter der Hochschule für angewandte Wissenschaften in St Gallen, berichtete über die Studie «Nutzung digitaler Dienstleistungen bei Menschen über 65». Etwa 2’100 Fragebögen seien verteilt worden, 537 kamen ausgefüllt zurück und konnten ausgewertet werden. Da die Studienteilnehmer mehrheitlich über eine gute bis sehr gute Ausbildung verfügten, sind die Aussagen nur beschränkt für das gesamte Segment der über 65-jährigen Bevölkerung repräsentativ.

Die Resultate würden zeigen, dass die Menschen nicht als homogene Gruppe betrachtet werden können. Die Hauptnutzer digitaler Dienstleistungen sind jüngere männliche Senioren. Über 80-jährige Frauen und Männer nutzen diese Form der Dienstleitungen weniger und sie bemängeln auch das Fehlen menschlicher Kontakte.

Unbegrenzte Möglichkeiten (I): Beispiel Detailhandel

Humorvoll und ein bisschen selbstkritisch startete Pascal Schaub, Leiter Dachmarke Migros, in sein Referat. Er erzählte, dass während der Schwangerschaft seiner Frau eine Meldung der Migros auf seinem Smartphone eingegangen sei: «Guten Tag Herr Schaub, in Ihrem Bauch wird es langsam eng.» Es sei eben noch nicht alles perfekt und: «Wir stehen am Anfang vieler Entwicklungen für den Detailhandel.»

«Augmented Reality» wird sicher eine solche Entwicklung sein, sie gibt zum Beispiel dem Möbelkauf eine neue Dimension: Ich bin in meinem Wohnzimmer und schaue durch die Kamera meines Smartphones wie das gewünschte Sofa aus dem online Katalog in meinem Wohnzimmer aussehen könnte. Für die Schweiz ist der Online-Kauf schon heute sehr wichtig, hiesige Konsumenten belegen europaweit den zweiten Platz hinter dem Vereinigten Königreich. Ein kontrovers diskutiertes Angebot sei das der «Self-Scanning Kassen». Pascal Schaub nimmt dies als typisches Beispiel, wie mittels Digitalisierung Kundenbedürfnisse durch entsprechende zusätzliche Optionen abgedeckt werden können: «Unsere Absicht ist es nicht, die bestehenden Kassen abzulösen, sondern diese zu ergänzen.»

Sehr eindrücklich sei auch, wie oft Seniorinnen und Senioren die Migros-Community MIGIPEDIA benutzen. Über 75’000 beteiligen sich aktiv an Diskussionen oder teilen ihre Zufriedenheit beziehungsweise ihre Kritik. Der Lieferdienst AMIGOS ist ausserdem eine interessante Art, wie Nachbarschaftshilfe wiederbelebt werden kann: hier bedeutet sie, dass die Bringer gleichzeitig mit ihrem eigenen Einkauf vor Ort die bestellte Ware der Besteller abholen. Senioren könnten sich hier sowohl als Bringer, wie auch als Besteller einbringen.

Unbegrenzte Möglichkeiten (II): Beispiel Telekommunikation

Stefan Nünlist, Leiter Unternehmenskommunikation bei Swisscom, brachte es gleich auf den Punkt: «Wir sollten uns mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen und kein Angst haben.» Das beinhalte auch neue Geschäftsmodelle: Das grösste Taxiunternehmen der Welt besitzt kein eigenes Taxi, das grösste Hotel kein eigenes Hotel und das grösste Warenhaus ist ein Buchhändler. Aber auch unsere Gewohnheiten haben sich angepasst. Früher war um 20:15 Uhr die Tageschau und danach «der Tatort». Das Fernsehprogram diktierte den Ablauf des Abends. Heute kann man sehen was man will und wann man es will. Nünlist geht davon aus, dass bis 2020 durch Anwendung von künstlicher Intelligenz die Kommunikation stark maschinell unterstützt wird. Computer werden E-Mails beantworten und Mitarbeitende der Helpline erhalten Hinweise über den emotionalen Zustand der Anrufenden. Stefan Nünlist resümiert, dass mit dieser modernen Technik und dem Verschmelzen der realen und der virtuellen Welt, der Mensch wieder mehr im Zentrum steht. Und dies ist doch ein Signal, das Angst nimmt und Zuversicht gibt.

Angeregte Schlussdiskussion zwischen Publikum und Referenten

Die anschliessende Diskussion des Publikums mit den Referenten hat klar aufgezeigt, dass die Digitalisierung kommen wird und dass es gesellschaftliche Rahmenbedingungen braucht, um die Risiken wie Diskriminierung, Ausgrenzung oder Zwang zu mindern.

Die Referenten beantworteten Fragen aus dem Publikum. (Fotos: Ueli Brügger, SVS)

Karl Vögeli schloss den offiziellen Teil des Kongresses mit zwei positiven Erkenntnissen: Erstens kann die Digitalisierung das Leben einfacher machen und zweitens werden Seniorinnen und Senioren als wichtige Kunden wahrgenommen.

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