Hohe Temperaturen heizen die Städte auf. Wie Pflanzen, Wasser und Luftströme dazu beitragen, die Umgebung zu kühlen, zeigt die Ausstellung «Cool down Zurich – Wir kühlen die Stadt» in der Zürcher Stadtgärtnerei.
Mitten im Zürcher Wohnquartier ist die Stadtgärtnerei eine friedliche Oase, an der ich schon oft, ohne sie zu beachten, mit dem Auto vorbeigefahren bin. Die Ausstellung Cool down Zurich hat mich angelockt. Rabatten mit buntem Blumenflor und wohlriechenden Düften, schattenspendende Bäume und Büsche empfangen mich. Gärtnerinnen und Gärtner pflegen die Anlage. In einem der Gewächshäuser ist die Ausstellung untergebracht.
Die Stadtgärtnerei Zürich an der Sackzelgstrasse mitten im Wohnquartier.
An heissen Tagen, wie auch in diesem Sommer, werden Städte zu Wärmeinseln. Gebäude, Strassen und Plätze heizen sich auf. Bereits 2022 war ein Hitzesommer. Damals eröffnete die Stadtgärtnerei Zürich die Ausstellung Cool down Zurich – Wir kühlen die Stadt, die nun bis im September 2024 verlängert wird. Informationstafeln, Fotokulissen und interaktive Stationen vermitteln das Thema. Bewohnerinnen und Bewohner erzählen in kurzen Videos von ihren persönlichen Erfahrungen.
Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen weltweit an. Seit den 1980er Jahren ist die Erderwärmung spürbar. In der Schweiz liegt die Lufttemperatur durchschnittlich um zwei Grad Celsius höher als noch um 1850. Dicht bebaute Städte mit wenig Grünflächen sind bis sieben Grad wärmer als die Umgebung. Die versiegelten Böden lassen das Wasser durch die Kanalisation rasch ablaufen, so dass keine Kühlung durch Verdunstung entsteht. Zudem wird der Luftaustausch durch die Gebäude behindert.
Blick in die Ausstellung. Bewohnerinnen und Bewohner erzählen in kurzen Videos von ihren persönlichen Erfahrungen. Foto: © Marion Nitsch.
Viele Menschen leiden unter der Hitze. Lange wurde das Problem nicht erkannt. Noch 2014 wurde statt der Wiese auf dem Zürcher Sechseläutenplatz der Boden mit Quadersteinen ausgelegt. Doch damit das Leben in der Stadt auch im Sommer angenehm bleibt, braucht es Massnahmen. Die Stadt Zürich hat mit der «Fachplanung Hitzeminderung» für die Jahre 2020 bis 2023 Handlungsansätze erarbeitet, damit sich Zürich in Zukunft weniger erwärmt. Das Resultat dieser Fachplanung bildet auch die Basis dieser Ausstellung.
So erfahren die Besucherinnen und Besucher, wie sich unterschiedliche Baumaterialien und deren Färbung aufwärmen. Dunkle Materialien heizen stärker auf, da wundert man sich doch über die schwarzen Gebäude, die in den letzten Jahren vermehrt gebaut werden. Empfohlen wird die Verwendung von möglichst hellen Baustoffen, die weniger Wärme speichern als dunkle.
Am Modell lässt sich selber ausprobieren, wie effektiv die Begrünung wirkt. Foto: © Marion Nitsch.
Bei der natürlichen Kühlung spielt die Verdunstung von Wasser eine grosse Rolle. Damit Wasser verdunstet, wird Energie benötigt. Diese Energie wird der warmen Luft entzogen, daher kühlt sie ab. So tragen feuchte Böden, Brunnen und Bäche dazu bei, dass die Umgebung gekühlt wird. Aber auch Grünflächen, Pflanzen und Bäume senken die Temperatur. Die Blätter sorgen für Schatten, die Wurzeln saugen Wasser aus dem Erdreich und lassen es über die Blätter verdunsten. Laubbäume mit ausladenden Kronen sind besonders wirkungsvoll. Auch die Begrünung an Fassaden und auf Dächern tragen zur Hitzeminderung bei, zudem fördern sie die Biodiversität, geben vielen Tieren Nahrung und Unterschlupf.
Die Ausrichtung der Gebäude spielt eine grosse Rolle, damit kühlende Luft ins Siedlungsgebiet strömen kann.
Besonders beeindruckt hat mich die Funktion der Luftströme. Zürich ist umgeben von bewaldeten und unbebauten Hügeln. Die Luft ist hier kühler als im tiefer gelegenen Stadtzentrum. Sie strömt vom Uetliberg und in der Umgebung des Zürichberg und des Adlisberg ins Siedlungsgebiet hinunter, wo die Abkühlung in der Nacht spürbar und messbar ist. Bei einer interaktiven Station mit einem Luftgebläse lässt sich mit der Wirkung solcher Luftströme selber experimentieren. Gebäudeblöcke können verschieden ausgerichtet werden, dabei sieht man, wie sich die Luftströme verändern, je nachdem, ob ein Häuserblock parallel oder quer zum Luftstrom steht.
Das Modell zeigt, wie Grünflächen kleine kühlende Luftströme erzeugen.
Kleinräumige kühle Winde entstehen auch über begrünten Flächen, wo die Luft im Sommer kühler ist als über asphaltierten Strassen und Plätzen. Dabei beeinflussen Grösse, Form und Platzierung der umliegenden Gebäude diese kleinen Winde. Lücken zwischen den Gebäuden ermöglichen den Luftaustausch und wirken der Überhitzung des Quartiers entgegen.
Mit dieser Ausstellung demonstriert Zürich das Ziel, klimagerecht zu planen, etwa schattige Fussgängerwege, natürliche Flächen mit Bäumen, damit das Regenwasser versickern kann, auch neue Gebäude so zu platzieren, dass sie kühlende Winde nicht aufhalten. Ein zukunftsweisendes Projekt wurde soeben an der Heinrichstrasse fertiggestellt. Auf der grosszügig entsiegelten Fläche der Quartierstrasse im Kreis 5 stehen nun Bäume und Sitzbänke und es gibt mehr Platz für den Fussverkehr.
Im Tropenhaus der Stadtgärtnerei
Der Stadtgärtnerei angeschlossen ist auch ein Tropenhaus, das 1961 erbaut wurde. Hier wuchern Pflanzen mit bunten Blüten und exotischen Früchten. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, dafür sorgen ein Teich mit Fischen sowie ein kleiner Bach und ein Wasserfall. Im Subtropenhaus daneben, erbaut 2014, herrscht ein eher trockenes Klima. Hier wachsen Pflanzen aus Madagaskar. Kakteen und Sukkulenten, Pflanzen mit dicken Blättern als Wasserspeicher und weitverzweigten Wurzeln, die an das Klima der trockenen Subtropen mit kurzer Regenzeit angepasst sind.
Titelbild und Ausstellungsansichten: © Marion Nitsch und rv
Bis 15. September 2024
«Cool down Zurich – Wir kühlen die Stadt», Stadtgärtnerei, Zürich