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Nach Efas: Jetzt erst recht reformieren

Das Schweizer Stimmvolk hat entschieden: Dreimal gegen Bundesrat und Parlament und einmal, nicht überzeugend, liess es die sonst nicht so glückliche Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider nicht im Stich, hiess die Efas-Vorlage gut. Der 24. November 2024 wird so in die Geschichte eingehen. Nicht nur wegen der angenommenen einheitlichen Finanzierung der Krankenkosten stationär und ambulant Efas, sondern auch deshalb, weil die Autobahnen nicht mehr, zumindest vorerst, unbegrenzt ausgebaut werden sollen. Und es waren die Frauen, die mit 61% Nein-Stimmen (Männer:44% Nein-Stimmen) mehr als deutlich ein klares Zeichen gegen den Autoverkehr setzten. Die Botschaft des Stimmvolkes ist klar: Es braucht eine Gesamtlösung für den Verkehr der Zukunft, ein sinnvolles Nebeneinander von privatem und öffentlichem Verkehr. Das Geld ist mehr als vorhanden; es muss von der Zweckbindung des Fonds für Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr NAV gelöst und vor allem dort eingesetzt werden, wo es Not tut: in den grossen Agglomerationen.

Bundesrat Albert Rösti bezog damit seine erste, auch schmerzhafte Niederlage. Der Sonnyboy des Bundesrates muss zur Kenntnis nehmen, dass seine Politik vom Volk begrenzt wird, dass er künftig sorgsamer mit seinen Absichten umgehen muss, sei es bei der Reduktion der Konzessionsgelder für die Schweizer Radio und Fernsehgesellschaft SRG, sei es, wenn er die Renaissance der Atomkraft-Werke einleiten will.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider kann zum ersten Mal frohlocken. Die Efas-Vorlage schaffte es knapp, weil die Hoffnung auf tiefere Krankenkassen-Prämien wohl zuletzt stirbt. Nehmen wir das Positive vorweg: Die Kantone werden nun in der ganzen Breite bei den Kosten der Gesundheits-Versorgung miteinbezogen. Das heisst: Es fliessen mehr Steuergelder in die Gesundheitsversorgung. Die Steuerzahlenden der oberen Einkommen leisten künftig mehr an die mit tiefen Einkommen. Ein Zug zu mehr Solidarität.

Nur die Ernüchterung kann auf dem Fuss flogen, insbesondere dann, wenn auch die Pflege ab 2032 nach dem gleichen Schlüssel finanziert wird: 73,1% Krankenkassen, 26.9 die Kantone. Das ist in 7 Jahren und bis dann kann noch sehr viel passieren. Und vor allem auch dann, wenn die neusten Berechnungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG nicht eintreffen sollten, dass Efas 2 Milliarden einsparen wird.

Zu berücksichtigen ist auch, dass durch Efas nur rund 45 Milliarden der Gesamtkosten des Gesundheitswesens von über 90 Milliarden abgedeckt werden. Insbesondere ist der grosse Kostenblock der Medikamente nicht eingeschlossen.

Und die grösste Gefahr lauert darin, dass nun alle zufrieden sind und die Hände in den Schoss legen werden. Bundesbern brauchte insgesamt 15 Jahre, bis Efas zur Abstimmung gelangte. So kann es nicht weitergehen. Es braucht mehr Tempo. Aber nur mit einer grundlegenden Reform kann das Gesundheitswesen gesunden, können die Prämien stabilisiert werden. Den grössten Hemmschuh stellt die föderative Struktur der Schweiz dar. Der Kanton Zug beispielsweise schwimmt im Geld. Er wird ab 2025 nicht nur 26,9% der Spitalkosten übernehmen, sondern 100%, was Efas ausdrücklich zulässt. Das wird die schon jetzt tiefen durchschnittlichen Prämien im Kanton Zug noch einmal massiv senken, unter 300 Franken.

Was ist zu tun? Langfristig sind überkantonale Gesundheitsregionen zu bilden, wie sie sich bereits in der Westschweiz abzuzeichnen beginnen, wo die Efas-Vorlage auch massiv abgelehnt wurde. Die Spitallandschaft ist auszudünnen, einzelne Spitäler sind zu schliessen oder mit anderen zu fusionieren. Die Spitzenmedizin ist zu zentralisieren. Das Universitätsspital Zürich könnte beispielsweise für die Kantone Zug, Schwyz und Teile des Kantons St. Gallen und Aargau diese Funktion übernehmen. Und um dem grossen Wort Koordination gerecht zu werden, wären subregionale Anlaufstellen zu schaffen, welche eine sorgfältige Triage vornehmen, die Patienten beraten könnten.

Das ist zweifellos ein grosses Ansinnen. Aber die Gesundheit ist unser höchstes Gut. Sie muss uns viel wert sein. Nicht nur Geld, auch Mut für Innovationen ist mehr als nötig. Wenn dazu noch ein neues, ein ungeahntes eidgenössisches Tempo hinzukäme, würden wir die Lehren aus dem Abstimmungssonntag tatsächlich ziehen.

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3 Kommentare

  1. Nach dem gestrigen Abstimmungsergebnis und mit Blick auf zwei Abstimmungen der jüngsten Vergangenheit (13. AHV und BVG) ist viel von Links-Rutsch und Polarisierung der Ränder in der Presse geschrieben worden. Das Narrativ der Linken habe verfangen. Da und dort wird aber auch die Frage gestellt, ob sich die Parlamentsmehrheit und der Bundesrat mehr und mehr von der Wohnbevölkerung entfremden bzw. ihre Sorgen und Nöte zu wenig ihn den parlamentarischen Entscheidungsprozess einbeziehen.

    Wo wirklich der Schuh drückt, sieht man auf der untenstehenden Liste. Früher hatte die Credit Suisse jedes Jahr einen solchen Sorgenbarometer erstellt, bis die Bank vor lauter eigener Sorgen gerettet werden musste.

    Wer sich ernsthaft Gedanken machen will, wo die wichtigen gesellschaftspolitischen Probleme in der Schweiz verortet werden, der möge einen Blick in die untenstehende Aufstellung tun. Es gäbe viel zu tun, nur anpacken sollten wir es, nicht auf die lange Bank schieben. Oder auf Neudeutsch: Just do it!

    Die Schweizerinnen und Schweizer sorgen sich am meisten über die steigenden Gesundheitskosten und Krankenkassenprämien. Dichtauf folgen: Wohnkosten/Miete, Inflation/Rezession, AHV/Pensionskasse, Energiepreise, Umweltschutz/Klimawandel (in absteigender Reihenfolge der Bedeutung). Das ist jedenfalls das Ergebnis des «Sorgenmonitors Schweiz 2024», einer Studie vom Forschungsinstitut Brand Indicator Switzerland. Befragt wurden 2631 Personen im Alter von 16 bis 65 Jahren in der Deutsch- und Westschweiz. Die Online-Befragung fand Ende November 2023 statt.

    Sorgenbarometer 2023/24

    Gesundheitskosten/Krankenversicherungsprämien
    41,8%
    Gestiegene Wohnkosten / Anstieg der Mieten
    33,4%
    Inflation / drohende Rezession
    33,0%
    AHV/Pensionskasse
    28,1%
    Energiepreise
    27,9%
    Umweltschutz/Klimawandel
    27,2%
    Ausländer/Flüchtlinge/Überfremdung
    23,3%
    Energie/Versorgungssicherheit
    18,7%
    Globale Kriegsbedrohung / Mehrfachkrisen
    15,2%
    Wirtschaftslage / Wirtschaft / starker Franken
    14,7%
    Bildung
    12,7%
    Arbeitslosigkeit/Jugendarbeitslosigkeit
    12,7%
    Soziale Sicherheit / Wahrung der sozialen Sicherheit
    12,1%
    Rassismus/Fremdenfeindlichkeit
    11,9%
    Internetsicherheit / Umgang mit Daten
    11,6%
    Terrorismus/Extremismus
    11,3%
    Persönliche Sicherheit
    10,9%
    Digitalisierung/Technologisierung
    10,4%
    EU/Bilaterale/Integration
    10,2%
    Gleichberechtigung der Geschlechter
    10,0%

    Grafik: Beobachter Quelle: Brand Indicator Switzerland

  2. Mit EFAS wurde ein Systemfehler des Gesundheitssystems beseitig. Leider gibt es noch viele weitere Systemfehler, und für deren Eliminierung sehe ich schwarz. Da auch der Konsum von Leistungen des Gesundheitssystems ungebremst zunimmt, werden die Prämien mit Sicherheit weiter steigen.
    @Herrn Kägi: Das CS Sorgenbarometer gibt es immer noch, halt jetzt von der UBS. Die neue Ausgabe wird am12.12. publiziert.

  3. Ich finde es einfach hochgradig ungerecht, dass die Prämien KANTONAL unterschiedlich sind. Was können wir Tessiner dafür, dass viele Deutschschweizer (und auch Ausländer) nach der Pensionierung ins Tessin ziehen, d.h. überdurchschnittlich viele ältere Leute hier leben, die natürlich grössere Gesundheitskosten verursachen. Es hat keine Logik, dass einer der ärmsten Kantone 10.5% Prämienerhöhung zahlt, während es nördlich der Alpen die Hälfte sein kann. Wann endlich werden die Preise und Erhöhungen GESAMTSCHWEIZERISCH festgelegt, genau so wie die entsprechenden Gesetze und Rahmenbedingungen vom Bundesrat beschlossen werden?
    Ein weiteres Problem ist die ALTERSDISKRIMINIERUNG: In jeder Arztrechung fällt der Zuschlag «für Personen über 75 Jahre» (und übrigens auch für Kinder unter 6) auf: Sicher gibt es in diesen Kategorien umständliche Leute, aber wenn sie mehr Zeit in Anspruch nehmen, wird diese ja in Rechnung gestellt. Abgesehen davon, dass Kinder meist zum Kinderarzt, und Alte zum Geriatriker gehen, die ja eh als Spezialisten bezahlt werden.
    Allerdings getraut sich keine Partei, auch bei den Ärzten Einsparungen vorzuschlagen, bei den Apothekern auch nicht… Aber wenn, statt bei ALLEN zu sparen, der schwarze Peter vom einen zum andern gereicht wird, kann sich nie etwas ändern….

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