Seit den 80-Jahren findet in der Region Bodensee am Ostermontag der Internationale Bodensee-Friedensweg statt. In diesem Jahr trafen sich Friedensbewegte aus der Region Bodensee aus A, D und CH in Bregenz, um für eine friedliche Welt zu protestieren.
Der Bodensee-Friedensweg wird von ca. 100 Organisationen rund um den Bodensee mitgetragen, die gemäss Website u. a. folgende Überzeugungen teilen:
- Wir sind überzeugt, dass eine andere – friedlichere – Welt möglich ist. Gewalt darf niemals Mittel der Politik sein.
- Friedensbewegung, Klimabewegung und Menschenrechtsbewegung gehören zusammen – wir sind vernetzt und damit stärker.
- Für unsere Mitmenschen und für eine lebenswerte Zukunft kommender Generationen fordern wir alle Anstrengungen in politischer, wirtschaftlicher, finanzieller, kultureller und menschlicher Hinsicht – nur in einem engagierten Miteinander sind das Pariser Klimaabkommen und die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Wir setzen dazu unsere Priorität für eine sozio-ökonomisch-ökologische Transformation.»
Friedensbewegte auf dem Bodensee-Friedensweg in Bregenz 2025 (Foto von der Website des Bodensee-Friedenswegs)
Unter dem diesjährigen Thema «Was Frieden schafft – Neugier statt Spaltung» wurden auf vier zentralen Ebenen ermutigende Perspektiven entwickelt:
- Militärisch: Abrüstung statt Militarisierung; Diplomatie statt Fronten; Friedenssicherung statt Abschreckung.
- Wirtschaftlich: Nachhaltigkeit statt Raubbau; Gerechtigkeit statt Wachstumszwang; Solidarität statt Eigennutz
- Sozial: Gleichberechtigung statt Ausgrenzung; Autonomie statt Bevormundung; Vertrauen statt Angst
- Geistig: Kooperation statt Isolation; Empowerment statt Ohnmacht; Vision statt Resignation
Unter dem Titel «Grenzen des Wachstums – militärische und wirtschaftliche Abrüstung als Voraussetzung für Frieden?» hielt Bruno Kern ein sehr bedenkenswertes Impulsreferat. Darin zitierte er Antje Vollmer, die kurz vor ihrem Tod 2023 in ihrem Vermächtnis festhielt: «Der Hass und die Bereitschaft zum Krieg und zur Feindbildproduktion ist tief verwurzelt in der Menschheit, gerade in Zeiten großer Krisen und existentieller Ängste. Heute aber gilt: Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren einzigartigen wunderbaren Planenten, der muss den Hass und den Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption.»
Dr. theol. Bruno Kern, geb. 1958 in Wien, Theologe und Philosoph. Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter «Das Märchen vom grünen Wachstum» und «Industrielle Abrüstung jetzt!» (Foto bs)
Seit dem Bericht des Club of Rome von 1972 über die Grenzen des Wachstums sei eigentlich klar, dass unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum auf diesem Planeten nicht möglich sei. Es gehe darum, nicht das zu produzieren, was Geld bringt, sondern was das Wohlergehen aller fördert und auf das zu verzichten, was überflüssig ist und das Klima belastet. Hinter den aktuellen geopolitischen Spannungen zwischen den Supermächten drohe ein sogar militärischer Kampf um die immer knapper werdenden Rohstoffe. Aber eine militärische Durchsetzung nationaler Interessen sei Ausdruck einer ultima irratio, weil die menschlichen und ökologischen Folgen militärischer Auseinandersetzungen angesichts des ungeheuren Zerstörungspotentials modernen Waffen unabsehbar seien. Damit sei das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten gefährdet.
Obwohl das Völkerrecht das Recht auf einen Verteidigungskrieg anerkennt, rät Bruno Kern davon ab. Auch die Vorbereitung eines Verteidigungskriegs führe zu einer kostenintensiven Aufrüstung, so dass Geld für die Lösung sozialer und ökologischer Probleme fehle (Militärische Rüstungsausgaben weltweit 2024 gemäss Sipri: 2700 Milliarden Dollar!). Und er erinnerte an den kategorischen Imperativ von Immanuel Kant: Jeder Mensch ist ein Zweck an sich und hat eine unantastbare Würde. Kein Mensch darf als blosses Mittel für andere Zwecke instrumentalisiert werden. Kein Mensch ist bloss Kanonenfutter oder eine Berechnungseinheit von Militärstrategen.
Die Alternative zu einem militärischen Verteidigungskrieg sei nicht Wehrlosigkeit und Unterwerfung, sondern es gelte die soziale Verteidigung zu praktizieren, wie sie seit den 1960er und 1970 Jahren gegen militärische Versuche der Konfliktlösung entwickelt wurde, etwa gewaltlosen Widerstand, zivilen Ungehorsam, Streiks, zivile Konfliktbearbeitung.
**********************************************************************
Zum Titelbild: Szene aus dem Bodensee-Friedensweg in Bregenz 2025 (Foto von Website des Bodensee-Friedenwegs)
Website des Bodensee-Friedenswegs
Rede von Bruno Kern (ab 2 min. 30)
Besprechung des Buches von Bruno Kern «Industrielle Abrüstung jetzt!» im Seniorweb