Golf ohne Handicap

Einst war Golf ein Sport der Oberklasse. Das hat sich in den letzten 20 Jahren geändert. Heute gilt Golf als ein Sport, der durchaus erschwinglich und  bis ins hohe Alter möglich ist. 

«Hast du noch Sex oder spielst du schon Golf?» ist einer der Uraltwitze, die den Golfsport in die Altmännerecke platzieren will. Was gar nicht so falsch ist. Nein, nicht die Bemerkung mit dem Sex – Tiger Woods ist dafür das überzeugendste Gegenbeispiel. Aber dass auf den Golfcourses vor allem an Wochentagen sehr viele ältere Herrschaften anzutreffen sind, trifft durchaus zu. 

Golf statt Tennis 

Viele sind Spätberufene. Sie haben, wie die Schreibende auch, früher Tennis gespielt und dann, als der Rücken oder die Gelenke nicht mehr richtig mitmachen wollten, zum Golfsport gewechselt. Was zuerst frustrierend ist. In höherem Alter nochmals eine komplexe Sportart von Grund auf zu lernen, endlos auf einer Driving Range Bälle zu schlagen oder zu versuchen, sie in ein kleines Loch zu bugsieren, braucht eine rechte Portion Durchhaltewillen. 

Der richtige Schwung – darauf kommt es an.

Dazu kommt, dass es wie beim Autofahren ist: Wer auf die Strasse will, muss zuerst eine theoretische und eine praktische Prüfung bestehen. Und wer auf dem Golfplatz seine Schläger in die gepflegten Grasflächen, die Fairways, hauen will, der muss eine theoretische «Regel-und Etikette-Prüfung» ablegen und dann auf dem Platz selber beweisen, dass er die kleinen weissen Bälle in etwa zu schlagen versteht. Dann erhält er die Platzreife. Damit ist der Weg frei, sich an Turnieren zu beweisen, ein Handicap heraus- und das nach und nach «herunterzuspielen».

Golfliteratur

Wie das geht, hat der Autor und Werber Frank Baumann in mittlerweilen zwei Golfbüchern eingängig beschrieben. ( siehe «Wie werde ich ein guter Golfer?») Als passionierter Golfer spricht er aus Erfahrung und widerspricht mit viel Witz und einiger Ironie der Mär vom gemütlichen Altherrensport.

Aber auch, wer keine Ambitionen auf eine Single-Wertung hat – das ist ein Handicap im einstelligen Bereich – kann dem Golfsport viel Positives abgewinnen. Zuerst mal ist da der Aufenthalt im Freien, in der Regel in schöner Umgebung und angenehmer Gesellschaft. Bei einer normalen 18-Loch-Runde legt man gut und gerne acht bis zehn Kilometer zu Fuss zurück.

Dazu ist die Verletzungsgefahr äusserst gering. Also wenn man das Golfen bei einem guten Pro oder einer erfahrenen Proette erlernt hat. Die wissen in der Regel, wie Schwünge rückenschonend anzusetzen sind und korrigieren Fehlhaltungen bereits in der Anfangsphase. So muss auch nach einer Rückenoperation oder mit einem künstlichen Gelenk nicht auf den Sport verzichtet werden.

Golf ist Kopfsache 

Wichtig sind beim Golf aber in erster Linie nicht Kraft oder Schwungtechnik, sondern Konzentration und die Koordination von Auge und Hand. Wer einen Ball schlägt, darf in diesem Moment an gar nichts anderes denken, muss sich voll auf das kleine Ding fokussieren. Die anderen Spieler stehen in diesem Moment absolut ruhig da, klimpern weder mit ihren Schlägern noch sprechen sie oder bewegen sich – das wird einem bereits im Regel- und Etikettenkurs eingebläut. 

Es ist diese volle Konzentration auf den Ball, dieses Ausschliessen von allen äusseren Eindrücken, die wesentlich zur psychischen Entspannung beiträgt. Ausser der Ball fliegt ins Out, ins Rought – das ist das fiese hohe Gras am Rande des Fairway, der Golfbahn – oder ins Wasser. Dann kann die Psyche schon mal Achterbahn fahren und man muss sich selber energisch zur Ordnung rufen. 

Spiel gegen sich selber 

Verlieren kann man allerdings nicht – ausser in einem Turnier. Ansonsten spielt jeder Golfer gegen sich selber, das heisst, er kann auch mit Spielern mit besserer oder schlechterer Spielstärke einen Flight, ein Mannschaft, bilden. Der schwächere Spieler schlägt einfach ein paar Mal mehr auf den Ball ein, bis er ihn im Loch hat. Bei einem Turnier kommt dann die Handicap-Regel zur Anwendung: Schwächere Spieler mit hohem Handicap können durchaus einen besseren Spieler schlagen, weil ihnen mehr Schläge zugestanden werden. 

Golf ist ein beliebter Generationensport

Gibt es auch negative Seiten beim Golfsport? Da ist zuerst mal der Zeitfaktor zu nennen. Eine 18-Loch-Runde dauert meist mehr als vier Stunden, mit Anfahrtszeit, einspielen und abschliessendem Umtrunk im Klubhaus kommt man da gut und gerne auf rund sechs Stunden – ein ganzer Tag, genaugenommen. Und leider ist es so, dass Gelegenheitsspieler, die nicht die ganze Freizeit und die Ferien dem Golfen opfern wollen, in der Regel nicht so recht vom Fleck kommen. 

Zeit und Geld 

Denn Golfen ist ein schwieriger, komplexer Sport, den man nicht mal zwischendurch erlernt. Ein Grund mehr, im Alter damit anzufangen, wenn die berufliche Belastung weggefallen ist. Dann ist da noch der Kostenfaktor. Zu einer Mitgliedschaft in einem Golfclub oder bei den freien Golfern (ASGI) schlagen da die Greenfees zu Buche. Das sind die Gebühren für die Benützung der pflegeintensiven Plätzen.

Die Ausrüstung fällt hingegen nicht so ins Gewicht, reicht doch für den Anfang ein bescheidenes Sortiment an Schlägern, die auch aus zweiter Hand sein können. Mit dem Können steigen dann allerdings auch die Ansprüche – aber dann lohnt sich die Investition ja auch. Alles in allem muss einem das Golfen schon etwas wert sein. Aber wenn man den Nutzen aufrechnet – einen Tag lang in frischer Luft, in Bewegung und in netter Gesellschaft – dann kommen einem die gebühren gar nicht so hoch vor. Ich jedenfalls gebe mein Geld lieber fürs Golfen aus als für Arztrechnungen und Medikamente. Und Schlafmittel, die braucht man nach einer anstrengenden, sowohl spannenden und entspannenden Golfrunde definitv nicht mehr.

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