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Kaffee und Liebe sind heiss am besten

Mit ihrem Kafimobil sorgen René Leuthold und Walter Wyss für einen guten Kaffee an öffentlichen Anlässen, sie pflegen soziale Kontakte und beleben ihren Ruhestand.

Heisse Liebe für heissen Kaffee. Habt ihr eine Kaffeerösterei in eurer Familie? Frage ich René und Walter. René lacht: „Nein, die Geschichte beginnt in Hamburg. Dort feierte ich mit meiner Familie meinen 60. Geburtstag. Der Hotelier empfahl uns einen mobilen Kaffeewagen für einen besonders guten Kaffee. Da schlug der Funke über. Ich suchte nach einem Projekt, mit dem ich meinen Ruhestand sinnvoll gestalten konnte. Später, an einem kalten Chilbitag im Restaurant Gambrinus in Wädenswil, nahmen wir die Idee des heissen Kaffees auf. Wann beginnen wir damit? stupfte Walter nach zwei Wochen. Ich hatte es nicht so eilig, war damals noch berufstätig, plante anfangs, das Projekt alleine durchzuziehen. Heute bin ich froh, die Arbeit mit einem Partner teilen zu können“.

René und Walter erzählen: Wir recherchierten in der Schweiz und in Deutschland, fanden in Kassel einen Anbieter, der uns eine original italienische Dreirad-Vespa zu einem akzeptablen Preis in ein Kafimobil umbaute. Als Startkapital setzten wir rund CHF 40‘000 ein. Das Zugfahrzeug übernahmen wir vom Geschäft (René war Inhaber). Der Import des umgebauten Fahrzeugs und das Vorführen beanspruchten Zeit und Nerven. Für den Start am Züri-Fäscht 2007 half ein Freund mit einer Garagennummer aus.

René Leuthold erzählt, Walter Wyss arbeitet im Hintergrund (v.r.n.l.)

Erster Auftritt am Züri-Fäscht 2007

Wir starteten mit grossem Optimismus und mit einem gut ausgebauten Kafimobil mit Kaffemaschine, Kaffeemühle, Porzellangeschirr, zusätzlichem Einsatz für Pappbecher, Spülbecken, Wassertank. Unsere Frauen bucken Kuchen. Wir ergänzten das Angebot mit Guetzli aus einer Wädenswiler Backwarenfabrik.

Unser Standplatz lag bei der Sukkulentensammlung am Mythenquai. Die Leute waren auf dem Rückweg vom Fest. Sie kamen verpflegt, nahmen gerne einen Kaffee, wollten aber nichts essen. Abends mussten wir viele Backwaren entsorgen. Allmählich begann es zu regnen. Gegen Regen waren wir mit einem kleinen Schirm schlecht ausgerüstet.

Aus negativen Erfahrungen lernen

An diesem Fest haben wir von unserem Konkurrenten gelernt. Eine Firma für Kaffeemaschinen führte in unserer Nähe einen Stand mit hübschen Studentinnen. Die Frauen füllten den Kaffee in Pappbecher und servierten ohne grosse Begeisterung. Das schlechte Wetter schlug wohl auch ihnen aufs Gemüt. Die Kunden kamen zu uns, lobten unseren guten Kaffee, das Porzellangeschirr und die freundliche Bedienung.

Nach diesen Erfahrungen entschlackten wir unser Angebot. Wir entschieden uns für Kaffee und Porzellangeschirr, das wir laufend abwaschen. Unnötiger Schnick-Schnack, wie der Einsatz für Kartonbecher, wurde entsorgt, ebenso die grossen Wasserkanister. Wir filtern normales Trinkwasser und nehmen die geringen Geschmacksunterschiede in Kauf. Auf Backwaren verzichten wir, weil zu viel Abfall anfällt, bis auf die einzeln verpackte Wädenswiler Hüppe, die wir jedem Kaffee belegen.

Woher der gute Kaffee?

Unsere Kunden, die Nachbarn und die Freunde loben ausnahmslos unseren Kaffee. Auf der Suche nach dem Kaffeelieferanten hatten wir das grosse Glück, an unserem Wohnort Daniele zu finden. Daniele ist ein Vollblut-Italiener, ein Kaffeeliebhaber mit Herz und Seele. Er verkauft uns nicht nur den Kaffee, er zeigte uns auch einige Tricks für einen guten Kaffee. Von ihm beziehen wir auch das Geschirr. Funktioniert ein Gerät nicht, so hilft er sofort, Pannen zu beheben.

Gab es einen Businessplan?

René und Walter lachen: Wir haben uns einfach kopfüber ins Abenteuer gestürzt. Unser Ziel war, dass wir die Unkosten decken und uns hin und wieder etwas Sackgeld ausbezahlen können. Das haben wir erreicht. Das Startkapital ist inzwischen amortisiert, und wir haben ein neues Zugfahrzeug gekauft, bestätigt Walter.

René verweist auf die Fixkosten wie Versicherungen, Verkehrszulassungsgebühren, Kosten für Einstellplätze in einer Garage für die zwei Fahrzeuge. Wäre die Autobahnvignette teurer geworden, so hätten 60 Kaffees mehr verkauft werden müssen, meint René lakonisch.

Den Kaffee verkaufen wir zu CHF 3.50. Reich werden wir nicht damit. Für uns zählen die sozialen Kontakte, die Erlebnisse mit den Menschen.

Kollegen statt Konkurrenten

Starten wir auf einem Markt, so offerieren wir unseren Nachbarn als Erstes einen Gratiskaffee. Das sind sich Marktfahrer nicht gewohnt. Marketender sind besondere Menschen, sie fahren sich oft an den Karren, reagieren mit Misstrauen: Sie hätten diesen Kaffee nicht bestellt und würden ihn auch nicht bezahlen. Wir brauchen Überzeugungskraft, damit man uns als Kollegen wahrnimmt. Wie die Alleinunternehmerin mit festem Standplatz an einem Wochenmarkt am Zürichsee, die allmählich Vertrauen zu uns fasste und uns fragte, ob wir einzelne Wochen für sie übernähmen, damit sie sich auch mal Ferien gönnen könne.

Lustig auch eine Erfahrung in Thusis. Wir stellten fest, dass die Einheimischen ihren Kaffee ungern von Zürchern kaufen wollten. Nachdem wir die Fahrzeugnummer abdeckten, entspannte sich die Lage und der Absatz nahm zu.

Standplätze auf Märkten und an Sportanlässen

Walter bewirbt sich jedes Jahr neu um Standorte. Das ist aufwändig. Auf 70 bis 80 % der Anfragen erhält er keine oder eine abschlägige Antwort. Manchmal amüsieren die Absagen: so darf das Kafimobil jedes Jahr an die Richterswiler Chilbi, am Wohnort Wädenswil aber erhielt es nach fünf Jahren Absagen erst 2013 wieder einen Standplatz an der Chilbi.

Andererseits werden die beiden auch direkt angefragt. Sie gehören zu den Stammanbietern auf dem ETH Markt Science City Hönggerberg und zu verschiedenen Märkten in grösseren Ortschaften im Kanton Zürich. Eine gute Erfahrung war der Zürcher Marathonlauf oder die Einweihung der West Tangente Zürich. Der Andrang war so gross, dass sich Warteschlangen bildeten. René und Walter mussten zusammen mit ihren Frauen und Bekannten  bis zu sechst arbeiten. „Gut Ding will eben Weile haben“, tröstete Walter die Ungeduldigeren.

Unvergesslich bleibt den beiden ein Aufrichtefest einer Wohnüberbauung, zu welchem sie mit dem Kafimobil eingeladen wurden. Der Baukran hievte das Kafimobil in den achten Stock. Die Feier war sehr lustig. Viele Gäste waren etwas „angedeckelt“, auch der Kranführer, wie René feststellte. Als er das Kafimobil nach Mitternacht am Baukran abwärts baumeln sah, habe er den Atem angehalten, bis er es auf seinen drei Rädern auf sicherem Boden wusste.

Wie lange hält ihr das aus?

Ob die Verpflichtung mit den Jahren zum Problem werde, frage ich. „Vielleicht durch das zunehmende Alter“, meint René, und verweist auf besonders strenge Wochenenden. Im letzten Jahr sind die beiden nach einem Mitarbeiterfest morgens zwischen 1 und 2 Uhr nach Wädenswil zurück gekehrt und haben das Kafimobil bis morgens um 3 Uhr auf dem Chilbiplatz wieder aufgebaut. Die Chilbi begann ja schon um 13 Uhr und es folgten drei strenge Arbeitstage. Anstrengend sind auch Zufahrten mit Verkehrsstau, manchmal mit langer Wartezeit über die Brunau zur ETH. „Walter ist jünger als ich, er kann sich einen neuen Kollegen suchen“, neckt René. „Ich hatte schon Anfragen“, frotzelt Walter, „aber mindestens bis zum Zehnjährigen machen wir das noch zusammen“.

http://www.kafimobil.ch/

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