StartseiteMagazinKulturDie verborgene Schönheit der Insekten

Die verborgene Schönheit der Insekten

Zwei unterschiedliche Ausstellungen sind im Neuen Museum Biel zu sehen: Libellen, gezeichnet von Paul-André Robert, und grossformatige Fotografien von Levon Biss.

Die Schönheit der Insekten, ihre ausgefallenen Formen, ihre Farben bleiben uns in den meisten Fällen verborgen. Umso mehr beindrucken künstlerische oder wissenschaftlich geprägte Wiedergaben. Für mehrere Jahrhunderte war die wissenschaftliche Darstellung mit der Zeichen- und Malkunst gleichzusetzen. Denken wir nur an Maria Sibylla Merian, die vor mehr als dreihundert Jahren zum ersten Mal wagte, nicht nur Schmetterlinge, sondern auch deren Entwicklung als Raupen und Puppen darzustellen.

Paul-André Robert: Anax imperator, Grosse Königslibelle. Libelle ♂. Aquarell und Bleistift auf Papier, 1922. Sammlung Robert, NMB Neues Museum Biel; Foto: Patrick Weyeneth, NMB

In dieser Tradition steht Paul-André Robert (1901 – 1977) mit seinem Libellenatlas «Odonta. Die Libellen der Schweiz», der bei seinem Erscheinen 1958 grosse Anerkennung erhielt. Das Neue Museum Bern zeigt gegenwärtig in einer Ausstellung Arbeiten dieses grossen Zeichners und Malers, der schon in seiner Jugend Libellen gezeichnet hatte und noch im Alter, nach dem Erscheinen des Buches, genaue Darstellungen von Libellenlarven anfertigte, die bis heute unveröffentlicht waren.

 

Paul-André Robert: Pyrrhosoma nymphula, Frühe Adonislibelle. Libellenpaar beim Tandem im Habitat 3-fach vergrössert, undatiert (vor 1958). Sammlung Robert, NMB Neues Museum Biel. Foto: Patrick Weyeneth, NMB

Das Neue Museum Biel ist für solche Ausstellungen prädestiniert, besitzt es doch die Sammlung der Familie Robert, einer Familie von Malern und Zeichnern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die vorwiegend in ihrer Heimat Biel und Seeland – bis hin nach Neuenburg – ebenso feine, differenzierte und ästhetisch schöne Landschaftsbilder, Darstellungen von Pflanzen, Vögeln und anderen Lebewesen geschaffen haben. Die Schreibende gesteht, dass sie jede Ausstellung dieser Maler gern besucht.

«Zwischen zwei Welten» heisst die Präsentation von Larven- und Libellenzeichnungen und spielt darauf an, dass eine Libelle eine viel längere Lebenszeit als Larve im Wasser verbringt, ehe sie elegant und pfeilschnell übers Wasser fliegt, um einen Paarungspartner zu suchen und die befruchteten Eier an einem geeigneten Ort abzulegen.

Paul-André Robert: Onychogomphus uncatus, Grosse Zangenlibelle; Larve ♂ 3-fach vergrössert. Aquarell und Bleistift auf Papier, 1960. Sammlung Robert, NMB Neues Museum Biel Foto: Patrick Weyeneth, NMB

Zugleich sind im Haus Schwab die Arbeiten von Levon Biss zu sehen, unter dem Titel «Microsculpture»: Fotografien von Insekten im Format von 2×3 Meter. Zum ersten Mal wurden sie der Öffentlichkeit letztes Jahr im Oxford University Museum of Natural History gezeigt, woher die präparierten Insekten stammen.

Lassen sich die Bilder der beiden unterschiedlich arbeitenden Künstler überhaupt vergleichen? Ja und Nein. Sowohl Paul-André Robert als auch Levon Biss haben das gleiche Ziel: ein Insekt in all seinen Besonderheiten und seiner Schönheit unseren Augen sichtbar zu machen. Der Bieler Künstler steht in der Tradition der wissenschaftlichen Zeichnung. Dazu muss man wissen, dass in Fachkreisen bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts wissenschaftliche, von Hand gefertigte Zeichnungen als präziser galten als Fotografien.

Levon Biss: Orchid Cuckoo Bee, Pracht- oder Orchideenbiene (Tribus); Brasilien  © Levon Biss

Auch in der Fotografie hatte man spätestens in den 1930er Jahren begonnen, Pflanzen, Blätter, Blüten u.a. exakt zu fotografieren. Erst die moderne Technik und die digitale Fotografie allerdings brachten den Wandel. Was heute mit diesen modernen Hilfsmitteln möglich ist, konnte man sich zu Roberts Zeiten noch gar nicht vorstellen. Wohlgemerkt: Auch ein Paul-André Robert zeichnete eine Libelle nicht einfach ab, er betonte mit feinen Strichen die besonderen Merkmale und vergrösserte eine Libellenlarve, damit man sie erkennen konnte.

Levon Biss: Jewel Longhorn Beetle, Familie der Bockkäfer; Nigeria © Levon Biss

Der Engländer Levon Biss, 1975 geboren, arbeitet für die Werbung, macht Portraitfotos, liebt die Sportfotografie, denn Bewegung dazustellen, findet er herausfordernd. In «Microsculpture» fotografiert er stille, unbewegte Objekte, konservierte Insekten. Jedes Bild entsteht aus ungefähr 8’000 Einzelfotografien, die übereinandergelegt und digital bearbeitet werden. Die Beleuchtung spielt dabei gleichfalls eine wichtige Rolle. So entfalten sich der Betrachterin die Komplexität der Oberfläche des Insekts und seine Schönheit.

Levon Biss: Tricolored Jewel Beetle, Familie der Prachtkäfer; Insel Seram, Indonesien © Levon Biss

Zum Vergleich stehen in jedem Saal Kästen mit den originalgetreuen Kopien. Wer dort hineinschaut, bemerkt die Kleinheit der Insekten und stellt fest, dass vieles gar nicht sichtbar ist. James Hogan, Entomologe des Museums Oxford, hatte die Insekten ausgewählt. Ihm ging es vor allem darum zu zeigen, wie sich Insekten ihrem jeweiligen Lebensraum anpassen.

Es lohnt sich, die im Museum installierte Videodemonstration anzuschauen. Dort erklärt der Fotograf selbst, wie er bei seiner Arbeit vorging: Er benutzte eine 36 Megapixel-Kamera, ein 200mm-Objektiv und zusätzlich ein Mikroskop mit zehnfacher Vergrösserung. Levon Biss fotografierte jedes Insekt in circa dreissig Abschnitten – für den gesamten Prozess von Bearbeitung und Retuschen benötigte er pro Insekt ungefähr drei Wochen.

«Zwischen zwei Welten. Die Larven und Libellen von Paul-André Robert» wird noch bis 30. April 2017 gezeigt.
«Microsculpture. Levon Biss. Fotografien von Insekten» ist nur bis 16. April 2017 zu sehen.

Das Neue Museum Biel (geöffnet Di-So) bietet als Beiprogramm einige attraktive Veranstaltungen an.

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