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Mord auf dem Bauernhof

Mit dem Kurzroman «Bajass» des Luzerner Autors Flavio Steimann (74), inszeniert als Erzähltheater, brilliert Hanspeter Müller-Drossaart (65) sprachgewaltig  auf der Bühne und begeistert das Publikum im Theaterpavillon Luzern.

Zur Geschichte: Auf dem abgelegenen Gandhof im stotzigen Luzerner Hinterland wurden der Bauer und seine Frau erschlagen aufgefunden. Kriminalkommissar Gauch macht sich noch vor Tagesanbruch auf, den Doppelmord aufzuklären. Schon bald zeigt sich, dass der Fall viel komplexer ist, als es zuerst den Anschein macht. Gauch lässt sich schliesslich auch auf dem Übersee-Dampfer Liberté einschiffen, wo er kurz vor New York den Bajass, den jugendlichen Täter und ehemaligen, übel behandelten Verdingbuben der ermordeten Bauersleute stellt und gehen lässt.


Das Bühnenbild

Der Autor bedient sich zwar des Genres Kriminalroman, aber «Bajass» ist vor allem eines: eine sinnliche und psychologich-hochdifferenzierte, grossartige Milieu- und Gesellschaftsstudie, die letztlich illusionslos Partei für die Aussenseiter dieser Welt nimmt.

Steimanns Sprache ist reich an wunderbaren Begriffen, die man heute nicht mehr hört. Wie Geländekerbe, Büttel, Sarger, Prosketur, Kasel, Manipel, Wellendrilling, Luftmensch und Häuteljude.

Am Ende beschäftigt ihn die Lösung des Falles weniger als eine damit verbundene moralische Frage.  Ihn packt  neben dem bestürzenden Psychogramm des Fahnders der soziale Hintergrund des bäuerlichen Lebens.


Der Schauspieler im Stück Bajass auf dem Weg nach Amerika

Das Bühnenbild zeigt einen Tisch und einen Stuhl, eine Leinwand und ein Leintuch, unter dem man eine Leiche vermutet. Die Erwartungen an den Schauspieler sind gross. Man kennt Hanspeter Müller-Drossaart aus Kinohits wie «Grounding», «Die Herbstzeitlosen», als Dällebach-Kari sowie aus TV-Produktionen wie «Lüthi und Blanc», «Gotthard» und «Bozen-Krimi».

Die Erwartungen werden mehr als erfüllt. In seiner ruhigen Art umkreist er spielend und erzählend den Tisch, berührt ihn, stützt sich, kniet hinter ihm. Seine Mimik, Sprache und Gestik sind auf die Figur zugeschnitten.

Die Tonalität, die Variationen, die Sprache, teilweise gewürzt mit einheimischem Dialekt, sind einsame Spitze. Ganz grosses Theater. Die Zuschauer sind begeistert.

Der umjubelte Hanspeter Müller erklärt am Schluss, was sich unter dem Leintuch verbirgt. Der Projektor, der die Bilder des Luzerner Fotografen Hans Eggermann auf die Leinwand projezierte.

Hanspeter Müller-Drossaart stand nach der Premiere Seniorweb Red und Antwort:

Was bedeutet Ihnen das Stück?
Mir bedeutet es extrem viel, weil das von Flavio Steimann geschriebene Buch unglaublich dicht  ist, wo man viele Welten zusammen kriegt, die über den Realismus hinausgehen, weil ich das Buch liebe und weil ich mir die Freiheit herausnehmen konnte, den Inhalt in eine theatrale Form zu giessen. Das hat grosse Freude bereitet.

Verläuft jeder Abend gleich?
Der Text ist schon immer derselbe. Ich rede aber mit den Zuschauern, und das ändert immer wieder, da mache ich oft eine längere Pause. Das Theater ist so offen. Heute mussten wir unterbrechen, weil ein Zuschauer Probleme hatte und ärztlich betreut werden musste.

Einzelne Passagen hat der Schauspieler in Dialekt umgeschrieben und auch so vorgetragen.

Was bedeutet ihnen der Dialekt?
Ich bin ursprünglich Obwaldner und im Kanton Uri aufgewachsen, eine verrückte Mischung. Flavio Steimann arbeitet mit Helvetismen und darum habe ich zugunsten einer grösseren Farbigkeit  verschiedene Sachen in Mundart übersetzt. Da wird der Text deutlicher angesiedelt und bringt musikalisch eine andere Farbe, eine grössere Verbindung.

Wieviele Vorstellungen gibt es noch?
Die Produktion fängt erst an.  Ich werde Bajass sicher noch zwei, drei Jahre spielen.

Was ist ihre nächste grosse Rolle?
Ich spiele in Disentis beim Festspiel des Klosters Mitte März den Klostergründer Pater Sigisbert. Wir hatten schon die ersten Leseproben, und was ich gerade hinter mir habe, ist eine neue Theaterfassung von Heidi, das von der Theatergesellschaft Buochs zum 160-Jahr Jubiläum aufgeführt wird.

Fotos: Josef Ritler

Weitere Vorstellungen von Bajass:
18. Januar um 20 Uhr, 19. Januar um 17:30 Uhr, im Theater Pavillon Luzern
5., 7. und 8. Februar, Kellerbühne St. Gallen
18. Februar, Kulturhaus Central Uster

Weitere Informationen unter: 
https://www.hanspeter-mueller-drossaart.com

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