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Bilder mit Geschichte(n)

Zu Besuch bei Ursula Niemand. Was haben der Schweizerpsalm, opulente Blumensträusse, Porträts und ein gezeichnetes Tagebuch gemeinsam? Sie bilden das Werk der Malerin und Zeichnerin Ursula Niemand.

«Hier wohnt Niemand» steht zwar an der Haustüre, aber das ist nur ein Wortspiel. Es ist eine Wohnung voll orientalischem Flair, voller Farbe, mit viel Gold, viel Grün – nicht nur auf dem Balkon –, mit Glöckchen an der Türe und weichen Sitzgelegenheiten. Es ist keine Traumwelt, es ist Zürich Höngg. Dort, wo Ursula Niemand zusammen mit ihrem Mann wohnt und arbeitet.

Ihr Atelier ist wie eine kleine Schatzkammer. Bilder an den Wänden, am Boden, Gestelle voller Bücher, Tische belegt mit Maluntensilien. Hier arbeitet eine Frau, die auf ein reiches Schaffen zurückblicken kann – und noch lange nicht müde ist. Davon zeugt ein grossformatiges Bild, eine Sinfonie in Grau mit wenigen goldenen Akzenten. Im Grunde ist es nur eine Sicht auf eine Fläche voller Kieselsteine, aber wie Ursula Niemand die Steine einerseits fotografisch genau gezeichnet hat – mit wasserlöslichen Farbstiften verschiedener Härtegraden – andererseits Rhythmus und Dynamik in das Steinarrangement gebracht hat, ist faszinierend.

Farbe dominiert

Grau ist ansonsten in Niemands Schaffen eher selten zu finden. Die Künstlerin liebt Farben, klar, plakativ, präsent. So sind ihre Blumensträusse bunt wie ein Sommergarten. Sie fotografiert dazu auf den Wochenmärkten, von oben direkt in die emporgereckten Blumengesichter. Es sind dann die Details, die diesen an alte Hochglanz-Albumbilder erinnernden Kompositionen ein bisschen Ironie und damit Distanz zur vorgefertigten Massenware einhauchen: ein Preisschild, abstrahierte Füllblätter, oder auch mal ein Strauss nur mit Schlüssel, Schuhen, Spiegelei und anderem mehr.

Ein Blumenstrauss ragt aus dem kreativen Durcheinander heraus.

Was Ursula Niemands Schaffen aber im wahrsten Sinn des Wortes unvergessen macht, sind ihre Porträts. «Jugendstil» nennt sie die grossformatigen Bilder, die etwas an Porträts von Frida Kahlo erinnern, und doch unverwechselbar Niemand sind. Im Stil der Fin de Siècle-Kunstrichtung ist erst mal der Hintergrund eines jeden Bildes: ornamental, floral, farbenfroh, tänzerisch beschwingt oder energisch akzentuiert. Im Gegensatz dazu das eigentliche Porträt: Zart in der Farbgebung, behutsam fast und doch mit einer starken Ausstrahlung. Es sind fast alles junge Menschen – Jugendstil eben –, die Ursula Niemand porträtiert hat.

Die Geschichte dazu ist ein Teil von Niemands Biografie. Als junge Kunststudentin mit deutsch-italienischen Wurzeln kam sie nach Absolvierung der Kunstgewerbeschule Basel nach Zürich. Der Liebe wegen. An der F + F, der Schule für experimentelle Gestaltung, belegte sie Kurse, bis 1981 ein gestalterischer Vorkurs gegründet wurde und Ursula Niemand als Lehrbeauftragte und Leiterin diese Sparte übernahm. 20 Jahre lang führte sie diese Vorkurse, leitete junge Kunstschaffende an und begleitete sie ein Stück weit auf ihrem Weg.

Keine Auftragsporträts

Es sind denn auch meist ehemalige Schülerinnen und Schüler, die sie porträtiert. Modelle, die sie allein ausgesucht hat. «Es muss funken», meint sie und verweist darauf, dass sie keine Auftragsporträts macht. Es sind junge Menschen, deren Schicksal oder Charakter sie berührten, Gesichter, die Gefühle ausdrücken.

Aufmüpfig wie dieser Junge, aber auch nachdenklich oder kritisch – Ursula Niemand hat die Jugendlichen porträtiert, die sie interessiert haben.

Meist arbeitet sie nach Fotos und immer sind ihre Bilder auf einer Trilogie aufgebaut: Zuerst malt sie den Hintergrund, der trotz seiner Opulenz viel mehr als Deko ist. Die in etlichen Schichten sorgfältig mit Farbstift mehr modellierten als gemalten Porträts, aus denen die Augen mal träumerisch, mal aufmüpfig, mal verloren die Betrachtenden anblicken, bilden die zweite Ebene. Und immer ist den Porträtierten ein Tier zugeordnet. Kein Wunsch-Kuscheltier, aber doch ein Wesen, das dem Porträt einen zusätzlichen Ausdruck verleiht. Es kann ein Gecko sein, ein Fisch, eine Maus oder auch mal eine Ameise. Niemand wählt die Tiere nach ihrem Gefühl aus – «und sie passen immer!»

Und dann ist da noch eine dritte Bildergruppe: Auf den ersten Blick sind es einfach farbige Quadrate, die sie eins neben das andere reiht, in streng geometrischer Anordnung. Erst die Titel lüften das Geheimnis. Niemand arbeitet mit einer Farbensprache. Das heisst, jedem Buchstaben ist eine Farbe zugeordnet – und die quadratischen Bilder sind gleichzeitig Liedtexte oder Lyrik. So finden sich neben dem Schweizerpsalm noch weitere Nationalhymnen und es ist spannend, die verschiedenen Farbkombinationen zu verfolgen, die jede Hymne zu einem Original machen.

Die Künstlerin Ursula Niemand in ihrem Atelier. (Bilder b.r.)

Für Ursula Niemand ist Malen, Zeichnen essenziell. Kein Tag vergeht, ohne dass sie arbeitet. Und sei es nur ein kleiner Tagebucheintrag in Postkartengrösse. Seit Jahren füllt sie kleine Ordner mit diesen Tagebuchbildern, die mal ein kleines Aquarell, mal eine Stilstudie oder eine rasch hingeworfene Skizze sein können. Ein Leben in Bildern.

Und damit zurück zu den Kieselsteinen, so ganz in grau mit nur wenig Gold. Ursula Niemand wird das Bild 2022 in Dietikon in einer von 23 Künstlerinnen organisierten Ausstellung zeigen. Endlich. Denn Corona sorgte dafür, dass das Werk viel länger als geplant im Atelier von Ursula Niemand verblieb. Und einen Akzent gegenüber den farbsprühenden Arbeiten der Künstlerin setzt: «Weniger kann auch mehr sein».

www.niemand-ursula.ch

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