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Zu Besuch bei Paul Ott

Er hat in den letzten vierzig Jahren Dutzende von Krimis und Kurzkrimis, ein Standardwerk über den Kriminalroman, einen Berner Ortsführer, das Lehrmittel «Deutsch» geschrieben, und er ist Initiator sowie treibende Kraft hinter dem Schweizer Krimiarchiv in Grenchen.

Krimifans kennen ihn unter dem Pseudonym Paul Lascaux. Als Herausgeber und Verfasser von Sachbüchern publiziert er unter seinem bürgerlichen Namen, Paul Ott. Der 67-Jährige lebt im Berner Breitenrain-Quartier. Seine Wohnung ist eine einzigartige Bücher- und Kunstsammlung: Im Büro, im Wohnzimmer, im Esszimmer, soweit das Auge reicht: überall Bücher. An den Wänden hängen Ölbilder, Stiche, Drucke. Auf einer Staffelei steht das Bild einer amerikanischen Kosmetik-Ikone. Durch die Balkontür guckt eine Hauskatze, wann der Besucher endlich wieder geht.

Am Briefkasten steht hinter dem bürgerlichen Namen auch der des Schriftstellers.

Paul Ott, geboren 1955 in Romanshorn, wuchs in Goldach am Bodensee und in St. Gallen auf. Seit 1974 lebt er in Bern. 1980 erlangte er das Lizentiat an der Universität Bern in Germanistik und Kunstgeschichte. 1984 folgte das Gymnasiallehrerpatent. Ab 1980 war er in verschiedenen Anstellungen als Lehrer vor allem für Schülerinnen und Schüler im 10. Schuljahr tätig. Seit drei Jahren ist er pensioniert. 2020 publizierte er als Co-Autor das Lehrmittel «Deutsch» für Lehrpersonen, das bereits die dritte Auflage erreicht hat. Mit einem Augenzwinkern bemerkt Ott, dass es sein bisher erfolgreichstes Buch ist.

Paul Lascaux, der Schriftsteller

Als er nach dem Studium vorübergehend arbeitslos war und mit dem Krimischreiben begann, wählte er, der Germanist mit viel historischem Interesse und in Anlehnung an die «Höhle von Lascaux», ein Pseudonym: Seine Kriminalromane erscheinen bis zum heutigen Tag unter dem Namen Paul Lascaux. Die Titel sind ebenso kurz wie prägnant: «Salztränen», «Wursthimmel», «Feuerwasser» «Gnadenbrot», «Mordswein», «Schokoladenhölle», «Nelkenmörder», «Goldstern», «Burgunderblut», «Schwarzes Porzellan», «Emmentaler Alpträume», «Berner Totentanz»… lauten einige der im Gmeiner-Verlag erschienenen Titel.

Am 8. Februar 2023 kommt der 15. Krimi aus der Serie «Detektei Müller und Himmel» unter dem Titel «Berner Strategie» in die Buchhandlungen. Darin geht es um eine Leiche, die an einen Ritualmord aus der Steinzeit erinnert. Die Lesenden erfahren mehr über das Neandertaler-Gen und die Quantenteleportation. Otts Geschichten kreisen stets um Rätsel aus der Vergangenheit, die in der Gegenwart gelöst werden. Das ist eines der Alleinstellungsmerkmale seiner Krimis.

«In jedem meiner Bücher steckt ein bisschen von mir selbst», betätigt der Autor und ergänzt. «Meine Geschichten sind geprägt von dem, was mich interessiert, was ich täglich sehe, höre, erlebe und basieren keinesfalls ausschliesslich auf meiner Fantasie». So hat beispielsweise die Geschichte in «Der Tote vom Zibelemärit» einen engen Bezug zu Otts Punk-Zeit in den siebziger Jahren. Damals war er Manager einer Punk-Band und Autor bei einem Punk-Magazin. Andere Werke spiegeln sein grosses historisches Interesse.  Dank dem Fachwissen gewinnen die Krimis für die Lesenden an Wert.

Ott besitzt alle Ersterscheinungen von Friedrich Glausers Kriminalromanen.

Aus der Punk-Zeit übernommen hat er auch sein Lebensmotto: Nicht zuerst fragen, ob etwas geht, sondern beginnen, ohne Schere im Kopf handeln, ausprobieren. «Es funktioniert in den meisten Fällen», lautet Otts Erkenntnis. Wie geht er beim Schreiben eines neuen Buchs vor? Zuerst hat er eine Idee. Dann recherchiert er alle Fragestellungen, Gegebenheiten, Grundlagen rund um die Idee. Daraus entsteht auf einer Excel-Liste der Plott für den neuen Krimi, mit Angaben zu Personen, deren Charaktere, Orte, Handlungen, Spannungsbögen, Wendungen, vom ersten bis zum letzten Kapitel. Erst wenn die Geschichte in allen Details feststeht, beginnt Ott mit Schreiben. Dies geschieht meistens nachmittags und abends. Wenn der Schriftsteller in den richtigen „Flow“ kommt, dann entsteht pro Tag ungefähr ein Kapitel. Vorbilder oder Lieblingsautoren hat er keine, «weil sich mit dem Älterwerden der Geschmack verändert».

Paul Ott der Sachbuchautor

Sachbücher publiziert Ott unter seinem bürgerlichen Namen. Ausser dem Lehrmittel «Deutsch» erschienen sind ein Buch über «Lieblingsplätze und 11 Köche in Bern und Umgebung» sowie ein Standardwerk über den Kriminalroman «Mord im Alpenglühen. Der Schweizer Kriminalroman – Geschichte und Gegenwart». Das Buch ist kürzlich, vollständig überarbeitet und ergänzt, in einer zweiten Auflage erschienen. Auch als Herausgeber ist Ott tätig: «Gotthelf lesen. Auf dem Weg zum Original», «Gefährliche Nachbarn. 20 Kurzkrimis aus dem schweizerisch-deutschen Grenzgebiet», «Sterbenslust. 21 – Erotische Kriminalgeschichten» und «MordsSchweiz» lauten einige der Titel, an deren Entstehung der pensionierte Lehrer beteiligt war.

Zehn Jahre lang organisierte er die «Mordstage», Veranstaltungen rund um den Kriminalroman, bis es ihm zuviel wurde. 2011 hat Ott für seine Verdienste den «Spezialpreis der Literaturkommission der Stadt Bern» erhalten. 2020 wurde er für sein Grundlagenwerk «Mord im Alpenglühen» mit einem Spezialpreis des Kantons Bern ausgezeichnet. Ott ist Mitglied bei in- und ausländischen Autorengruppen sowie Schriftstellervereinen und war dreimal Jurymitglied beim deutschen «Glauserpreis».

Der Archivgründer

Das neue Krimiarchiv in Grenchen. Foto zVg.

Wichtig ist ihm sein Engagement bei «Krimi Schweiz – Verein für schweizerische Kriminalliteratur». Der Organisation gehört das «Schweizer Krimiarchiv in Grenchen», das von Ott mitbegründet wurde. Derzeit umfasst es 2000 Bücher sowie umfangreiches Sekundärmaterial. Rund 1500 der in einem Raum unter der Grenchner Stadtbibliothek eingelagerten Krimis gehörten einmal Ott. Er hat sie eigenhändig von Bern nach Grenchen transportiert und der Präsenzbibliothek geschenkt. Bücher können dort keine ausgeliehen, aber vor Ort gesichtet und gelesen werden. «Ziel des Archivs ist es, Kulturgut zu erhalten und der interessierten Öffentlichkeit sowie der Forschung zur Verfügung zu stellen,» betont er. In Zukunft sollen auch Autorennachlässe aufgenommen werden.

Kunstsammler und Geniesser

Auch privat ist Ott ein Sammler. Der studierte Kunsthistoriker und Germanist sammelt Bilder, alte Drucke und Stiche. Vor kurzem hat er im Internet eine handkolorierte Karte mit den Mondphasen aus dem Jahr 1708 ersteigert. Es würde niemanden erstaunen, wenn das Rätsel um die Abbildung in einem seiner nächsten Bücher thematisiert würde. Der Schriftsteller liebt die fiktive, imaginäre Literatur. Seine Leidenschaft lebt er als Geschichtenerzähler. Bücher sind eine elementare Voraussetzung fürs Lernen. In diesem Punkt treffen sich seine beiden Berufe: Gymnasiallehrer und Schriftsteller.

Ott ist ein Geniesser. Er liebt es zu kochen. Und ist einem guten Glas Rotwein nicht abgeneigt.

Titelbild: Paul Ott auf dem Balkon seiner Wohnung, mit einigen seiner Werke. Fotos PS

LINK: Paul Lascaux – Kriminalromane

LINK: Krimi Schweiz – Verein für schweizerische Kriminalliteratur

LINK: Schweizer Krimiarchiv Grenchen

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