StartseiteMagazinGesellschaftDie Schweiz sucht(e) sich selbst.

Die Schweiz sucht(e) sich selbst.

Was machte der Bundesrat 1993, nachdem im Dezember 1992 das Volk mit 50,3% das EWR-Abkommen abgelehnt hatte? An der Vernissage «Diplomatische Dokumente der Schweiz 1993» vom 3. Januar 2024 liess sich ein fulminanter 81-jähriger alt Bundesrat Ogi dazu interviewen.

Die Schweiz ist ein landschaftliches Bijou im Herzen Europas. Diese Willensnation hat sich im Jahre 1848 eine Verfassung gegeben mit einer einzigartigen föderalistischen Struktur und weitreichenden basisdemokratischen Partizipationsmöglichkeiten. Sie sucht seit ihrem Bestehen nach Wegen, wie sie sich in Europa und der Welt positionieren kann.

Ein Brennpunkt dieser Selbstpositionierung der Schweiz war das Jahr 1993 nach der sehr knappen Ablehnung des EWR-Abkommens am 6. Dezember 1992. Das war für viele damals ein Scherbenhaufen der schweizerischen Europapolitik. Die «Forschungsstelle Diplomatische Dokumente der Schweiz» Dodis macht nun diplomatische Dokumente von 1993 für die Öffentlichkeit zugänglich, da nach 30 Jahren die Schutzfrist jeweils abläuft. Aus diesen Dokumenten ist ersichtlich, dass der Bundesrat 1993 unter der Führung von Bundespräsident Ogi gegenüber der EU eine Charme-Offensive einleitete. Hier zwei Bilder:

Der Bundespräsident Adolf Ogi (links) begrüsst den deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl (2.v.l.). Auch die Bundesräte Flavio Cotti (2.v.r.) und Kaspar Villiger sind beim Empfang vom 18.10.1993 zugegen. (Foto:©Dodis)

Der französische Präsident François Mitterrand landet in Begleitung des Bundespräsidenten Adolf Ogi mit dem Helikopter in Interlaken und wird durch Harder-Masken-Träger auf dem roten Teppich empfangen. (Foto:©Dodis) 

Alt Bundesrat Ogi hat nicht nur gegen aussen mit viel Charme für das Ansehen der Schweiz in der Welt geworben. Auch im Bundesrat hat er dank seinen Kommunikationsfähigkeiten und seiner Empathie für eine gutes Teamwork im Bundesrat gesorgt.

Die dynamischen und unterhaltsamen Ausführungen von Alt Bundesrat Ogi können mitverfolgt werden unter https://www.youtube.com/watch?v=YepnRzemF4k ab Minute 41:30. (Screenshot von bs aus youtube)

Die Niklaus von Flüe (gest. 1487) zugeschriebenen Maximen «Macht den Zaun nicht zu weit!» und «Mischt euch nicht in fremde Händel!» werden je nach politischer Interessenlage und historischer Situation unterschiedlich gedeutet. Wie soll sich die Schweiz neutralitäts-, wirtschafts-, umwelt-, entwicklungs-, friedens- und sicherheitspolitisch international positionieren?

Eric Nussbaumer, Nationalratspräsident 2024 (Foto bs)

Eric Nussbaumer, Nationalratspräsident 2024, liess sich die Vernissage an der UNI Bern wie viele andere Interessierte, v.a. aus Politik, historischer Forschung und Diplomatie nicht entgehen. Auf die Frage von Seniorweb, wie er die Rolle der Schweiz in Europa und der Welt sehe, gab er folgendes Statement: «In der Europapolitik hört man immer wieder von Rosinenpickerei, wenn Staaten bloss ihre nationalen Interessen vertreten. Ich erwarte von der Schweiz, dass sie weder Rosinenpickerei noch als Trittbrettfahrerin in der Europa- und Weltpolitik unterwegs ist. Die Schweiz kann auf europäischer und globaler Ebene mehr Statur gewinnen,  wenn sie weiss, was sie will. Es geht immer darum, klar zu machen, was unser Beitrag in den schwierigen Fragen der Staatengemeinschaft ist.»

Eine Übersicht über die Forschungsarbeiten von Dodis, einem Institut der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW), ist einsehbar unter https://www.dodis.ch/de/thematisches-verzeichnis.

Dodis-Publikation zu 1993: https://www.dodis.ch/en/dds-1993

Titelbild: Alt Bundesrat Ogi im Gespräch mit Marc Tribelhorn (NZZ) und Prof. Dr. Sacha Zala (Direktor Dodis). (Foto: Jonas Hirschi, Dodis)

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1 Kommentar

  1. Wieder typisch, lieber eine Lobhudelei auf die Charmeinitiativen damaliger Politiker nach der knappen aber beschämenden Ablehnung zum Beitritt in den Europäischen Wirtschaftsraum EWR. Als einziges Efta-Mitglied lehnte 1992 die Schweizer Bevölkerung ganz knapp den Beitritt zum EWR ab. Langjährige und mühevolle Anstrengungen der zuständigen Politiker:innen über Jahrzehnte für billaterale Abkommen waren schliesslich die Folge.
    Die Urheber dieser Entscheidung, die Schweizerische Volkspartei SVP und ihr Anführer und Financier Herr Blocher, haben mit Falschinformationen, Angstmacherei und viel Geld dafür gesorgt, dass wir nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum betreten durften. Sie wurden auch nie zur Rechenschaft gezogen oder gar für die Folgen haftbar gemacht. Im Gegenteil, Herr Blocher und Konsorten leisten sich seit Jahren mediale Aufmerksamkeit mit Argumenten gegen die EU, die einer seriösen und der heutigen Zeit angepassten Demokratie zuwiderlaufen.

    Aber die EU hat die Nase voll von einer nur auf einseitigen Profit ausgerichteten Schweiz auf die von der EU geschaffenen Leistungen, ohne sich für deren Zugang zu revanchieren und sich, wie alle EU-Mitglieder, den Richtlinien der EU anzupassen. Recht hat sie.

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