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Wofür stehe ich morgens auf?

Was soll ich tun? Was ist meine Aufgabe hier und jetzt? Wer bin ich und was macht Sinn? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Michaela Haas, eine Kennerin asiatischer Spiritualität. Seniorweb hat ihr drei Fragen gestellt.

Zum hundertjährigen Jubiläum des O.W. Barth Verlags kommentiert Michaela Haas 108 Zitate aus 20 Bestsellern der Verlagsgeschichte. Warum gerade 108 Zitate? Die Zahl 108 sei im Buddhismus, Hinduismus und anderen fernöstlichen Kulturen eine heilige Zahl, weswegen die traditionelle Gebetskette (mala) 108 Perlen trage, sagt Michaela Haas. Die Zitate stammen von folgenden Autoren (in alphabetischer Reihenfolge): Charlotte Joko Beck, Tara Brach, Karlfried Graf Dürckheim, Joan Halifax, Eugen Herrigel, B.K.S. Iyengar, Jon Kabat-Zinn, Ramana Maharshi, Mooji, Ulli Olvedi, Ulrich Ott, Sadhguru, Thich Nhat Hanh, Anna Tröckes und Bettina Knothe, Alan Watts.

Das Buch mit dem Titel «108 Arten, dem Leben einen Sinn zu geben» ist in 12 Kapitel gegliedert mit folgenden Überschriften: 1. Was jetzt? 2. Die Praxis der Achtsamkeit. 3. Die Weisheit des Körpers. 4. MitGefühl MitMenschen 5. Durch Stürme segeln. 6. Wer bin ich? 7. Wege zur Weisheit. 8. Lehrer als Wegweiser. 9. Was kommt danach? 10. Was ist meine Aufgabe? 11. Die Essenz des Glaubens. 12. Die Kunst glücklich zu sein.

Michaela Haas geht seit über 20 Jahren einen buddhistisch-meditativen Weg auf ihre  Weise. Dabei ist sie einigen Autoren der 20 Bestseller selbst begegnet und hat mit ihnen Probleme, Hindernisse, Stolpersteine und Chancen auf dem Weg diskutieren können. Für die Leserschaft ergibt sich daraus die Möglichkeit, die 108 Zitate auf sich wirken zu lassen, die Fragen dazu von Michaela Haas mitzubedenken und selbst einen praktikablen Weg kennenzulernen und selbst jeden Tag zu gehen.

Freundlicherweise hat Michaela Haas sich zu drei Fragen von Seniorweb geäussert.

Seniorweb: Michaela Haas, am Schluss Ihres Vorwortes sagen Sie, dass «wahre Weisheit» nicht in den Worten, sondern im Erleben liegt. Soll die Leserschaft Ihr Buch erleben oder lesen? Wie geht das?

Michaela Haas: Es ist wie bei Kochbüchern: Rezepte lesen macht Spaß und man lernt viel, aber satt wird man nur, wenn man kocht. Über Wege, die zu mehr Sinn im Leben führen, kann man zwar schreiben und reden, aber gehen muss man sie selbst. Ich habe versucht, nicht ins Esoterische abzuheben, sondern sehr pragmatisch zu bleiben. Wie lerne ich Achtsamkeit? Welche Fragen kann ich mir stellen, um meine Aufgabe im Leben zu entdecken? Wie finde ich wahre Liebe? Die Autoren, die ich zitiere, haben all diese Fragen nicht nur beantwortet, sondern die Antworten auch in ihrem eigenen Leben umgesetzt, und ich hoffe sehr, dass ich dazu auch die Leser inspiriere.

Sie sagen: «Das gelebte Weisheitswissen ist traditionell und gleichzeitig hochaktuell.» Worin liegt seine Aktualität?

Forscher entdecken immer häufiger Wissen, das Meditationsmeister und Yogis schon seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden kennen, zum Beispiel, dass Achtsamkeit einen enorm großen Einfluss auf unser Schmerzempfinden hat und wir mit unserer Atmung auch unseren Herzschlag beruhigen können. Der Arzt Jon Kabat-Zinn hat die Wirkung von Achtsamkeitsmeditation viele Jahre lang nicht nur selbst gespürt, sondern sie mit wissenschaftlichen Methoden studiert. Tausende von Krebskranken, Veteranen oder Suchtkranke profitieren von seinen Einsichten. Ein weiteres Beispiel: Neurowissenschaftler bestätigen, dass vermeintliches Multitasking uns nicht effektiver, sondern ineffektiver macht. Während wir versuchen, ein halbes Dutzend Dinge auf einmal zu erledigen, sind wir tatsächlich insgesamt langsamer, als wenn wir uns auf jeweils eine Sache konzentrierten. Außerdem machen wir nachweisbar beim Multitasking mehr Fehler – die dann zeitraubend wieder korrigiert werden müssen. Das wusste Buddha Shakyamuni schon vor 2600 Jahren, aber im Zeitalter von Smartphones und Facebook sind diese Erkenntnisse wichtiger denn je.

Sie haben das Buch in zwölf Kapitel gegliedert, «eines für jeden Monat», wie Sie sagen. Ich nehme an, man könnte auch sagen, eines für jeden Monat und für die nächsten 12 Jahre, da das Verständnis der Weisheitstexte sich im Laufe der Zeit ändert. So gesehen, könnte das Buch zu einem Lebensbegleiter werden, das man sogar auf die «einsame Insel» mitnehmen würde. Oder?

Das wäre wunderbar, wenn Leser diese Kapitel immer wieder lesen. Für mich selbst entdecke ich Autoren wie Thich Nhat Hanh, Charlotte Joko Beck oder Joan Halifax immer wieder neu, je nachdem, was ich gerade in meinem eigenen Leben durchmache. Mein Verständnis, worin für mich meine Lebensaufgabe liegt, hat sich über die Jahre immer wieder geändert, und ich denke, es ist sinnvoll, sich diese Fragen immer wieder zu stellen: Bin ich auf dem richtigen Weg? Oder, um es mit Jon Kabat-Zinn zu sagen: „Was ist meine Aufgabe auf diesem Planeten?“ ist eine Frage, die wir uns regelmäßig stellen sollten. Andernfalls kann es passieren, dass wir die Arbeit eines anderen tun und dies nicht einmal bemerken. Wenn das Buch dafür Wegmarkierungen liefert, erfüllt es seinen Zweck.

Dr. Michaela Haas arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Journalistin für renommierte Medien wie die Süddeutsche Zeitung, die Zeit, die NZZ. Sie moderierte zahlreiche Kultur- und Interviewsendungen beim BR und in der ARD. Vor gut 20 Jahren wandte sie sich dem Buddhismus zu und studierte buddhistische Philosophie in Nepal, Indien und anderen Teilen Asiens, bevor sie an der Universität Bonn in Asienwissenschaften promovierte. Sie ist Autorin mehrerer Sachbücher, unter anderem «Stark wie ein Phönix» und «Buddhas furchtlose Töchter». Für ihre journalistischen Arbeiten hat sie viele Preise und Auszeichnungen im deutsch- und englischsprachigen Raum erhalten.

Titelbild: Michaela Haas beim Meditieren (Foto Gayle M. Landes)

Porträtfoto von Michaela Haas  © Amy Gaskin

Buch: Michaela Haas: 108 Arten, dem Leben einen Sinn zu geben. Inspiriert von den grossen Weisheitslehren. München 2024 (ab 2. Mai 2024 im Buchhandel erhältlich). ISBN: 978-3-426-44610-2

 

 

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