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13. AHV-Rente: Die Lösungsverweigerer zu Bern

Rache ist süss. So könnte man umschreiben, wie die knappe Mehrheit der Sozialkommission des Nationalrates auf den glasklaren Entscheid des Schweizer Stimmvolks zur 13. AHV-Rente reagierte, wie sie sich schlicht einer Lösung verweigert. Eigentlich ist alles klar: Ab 2026 wird an alle AHV-Rentnerinnen und -Rentner eine 13. Rente ausbezahlt. Damit dies auch möglich ist und die Mehrkosten von etwa 4,5 Milliarden auch unmittelbar finanziert werden können, hat der Bundesrat ungewöhnlich schnell reagiert. Er hat zwei Varianten mit höheren Lohnbeiträgen und einer möglichen Erhöhung der Mehrwertsteuer und/oder in Kombination dazu erarbeitet und öffentlich kommuniziert. Die entsprechende Vorlage soll vor den Sommerferien in die Vernehmlassung gehen. All die Interessierten können dann dazu Stellung nehmen. Danach wird der Bundesrat die Ergebnisse aufbereiten, ihm passende Vorschläge aufnehmen und eine so bereinigte Botschaft an das Parlament weiterleiten. National-und Ständerat können sich dann darüber beugen, die Botschaft verbessern oder auch verwässern.

Das passt der Sozialkommission in ihrer knappen Mehrheit aus FDP, SVP überhaupt nicht. Sie ändert die Regel vor dem Spiel, vor den freundeidgenössischen und bewährten Gepflogenheiten. Sie schrieb im Voraus einen ungewöhnlichen Brief an den Bundesrat, dass sie schon gar nicht auf seine Vorschläge eintreten werde. Sie will eine Gesamtschau. Sie will, dass der Bundesrat eine umfassende Sanierung der AHV vorschlägt, die er ja auf 2027/28 in Erwägung ziehe. Aber schon jetzt kann festgehalten werden, dass nicht viel anders dabei herauskommen wird. Schon jetzt ist mehr als klar, dass FDP, SVP, Grünliberale einer möglichen Erbschafts-, einer erhöhten Unternehmens-, einer Transaktions-Steuer nicht ihren Segen erteilen werden. Und gar einer markanten Erhöhung der direkten Bundessteuer wird niemand das Wort reden. Eine Steuer nämlich, die schon jetzt den Reichen viel zu hoch ist. Das alles ist den Bürgerlichen bis weit in die Mitte des Teufels. Was dann? Kommt Onkel Dagobert mit seinen Milliarden ins Spiel, oder regnet es ungeahnt Milliarden vom Himmel oder von Milliardären, beispielsweise aus Blochers Herrliberg? Spass beiseite. Es ist schlicht zu ernst.

Bundesbern wird nicht an höheren Lohnbeiträgen und an einer Erhöhung der Mehrwertsteuer herumkommen. Also: Warum nicht schon jetzt das tun, was möglich, was unausweichlich ist. Andri Silberschmidt, der FDP-Nationalrat und Hoffnungsträger seiner Partei, hat es gegenüber den Medien unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: «Der Leidensdruck muss einfach noch viel höher werden». Das ist wohl seine Hoffnung, dass sein Herzensanliegen, die Erhöhung des Renteneintrittsalters, ungeniert in einem Reformpaket untergebracht werden könnte, quasi als Unterzug, um im Spieljargon zu bleiben. Das ist schlicht zu durchsichtig, als dass es zur Lösung beitragen wird.

Es ist wie überall in der Politik, in den Verwaltungen, in den unzähligen Institutionen, in den Unternehmungen oder wo auch immer: Kommt man nicht voran, wird eine Arbeits-, eine Expetengruppe, wie kürzlich von Karin Keller-Sutter oder gar eine Eidgenössische Kommission von 49 Mitgliedern aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur eingesetzt; die sollen es richten, zumindest Vorschläge erarbeiten.

So waren es in der 70er und 80er Jahren solch grosse Eidgenössische Kommissionen, die zu grossen Lösungen hätten beitragen sollen. So eine Kommission für eine Medien-Gesamtkonzeption mit Hans W. Kopp als Präsidenten, ein Energie-Gesamtkonzeption mit Michael Kohn an der Spitze. Wer erinnert sich noch daran? Was waren die Ergebnisse? Ich erinnere mich daran, dass wir viel darüber geschrieben und gesendet haben. Dass aber immer wieder aktuelle Initiativen, Referenden, Bundesbeschlüsse zur Abstimmung kamen und entschieden werden mussten. So scheiterte auch Alain Bersets gut durchdachte, vom Ständerat aber verwässerte «Vorsorge 2020», mit der Berset die AHV und die 2. Säule hatte miteinander sanieren wollen. Sie ging 2017 in der Volksabstimmung einfach unter, weil viele, zu viele ihre direkten Interessen nicht verwirklicht sahen, so auch Andri Silberschmidt, der die aktive, vor allem die junge Bevölkerung als zu belastet sah. Erst als die Politik Abstimmungsfragen aufteilte, die Erhöhung des AHV-Eintrittsalter der Frauen auf 65 Jahre beispielsweise, 2022 gesondert zur Abstimmung brachte, gab es mit 50,6% Ja-Stimmen eine ganz knappe Mehrheit; die Männer überstimmten die Frauen, die in ihrer Mehrheit die Erhöhung ablehnten.

Und jetzt ist es wiederum Andri Silberschmidt und mit ihm eine knappe bürgerliche Mehrheit, die vorweg eine dynamische, eine direkte Finanzierung ablehnt. Sie setzt auf eine Gesamtschau. Und verweigert damit ein schnelles und notwendiges Handeln. Sie sucht das Heil in einem sogenannten grossen Wurf. Nur: Grosse Würfe werden nie oder ganz selten verwirklicht.

 

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10 Kommentare

  1. Mit ihrer Verweigerungstaktik der Bürgerlichen zeigen sie ihr wahres Gesicht und ihre undemokratischen und unsolidarischen Absichten. Es sind dieselben Politiker, die die direkte Demokratie und den Volkswillen der Schweiz bei jeder Gelegenheit in den Himmel loben, jedoch ihr eigenes Süppchen kochen wollen. Schon von vornherein auf Finanzierungslösungen des Bundesrates nicht eintreten zu wollen, kommt einem Boykott und einer Erpressung der Schweizerischen Regierung gleich. Jetzt braucht es starken Gegenwind von allen, die ein solches Vorgehen nicht akzeptieren wollen.

  2. Sehen Sie Frau Mosimann, es ist das „Verdienst“ der Initianten der 13. AHV-Rente, dass sie sich zur Finanzierung dieser 4-5 Mrd. Mehrausgaben nicht äussern wollten. Und dass diese Finanzierung nun eben nach den Parlamentsverhältnissen geschehen wird, ist der korrekte demokratische Prozess und hat mit Erpressung gar nichts zu tun.

    • Herr Hübscher,
      Es ist der Verdienst der Initianten für eine 13. AHV-Rente, dass wir überhaupt über diese notwendige und gerechte Anpassung der Volksrente abstimmen durften und, dass die Mehrheit der Abstimmenden diese Korrektur, dank guter Aufklärung und Information, mit grosser Mehrheit angenommen hat. Was die Finanzierung des Dreizehnten betrifft, müssen nun der National- und Ständerat zusammen mit dem Bundesrat eine gute Lösung erarbeiten. Wie dieses Vorgehen abläuft, hat Herr Schaller präzis und verständlich beschrieben. Dass es unterschiedliche Meinungen gibt zu konkreten Finanzierungsmöglichkeiten, war schon vor der Abstimmung allen klar und ist in einer freien Demokratie normal. Was ich nicht normal und nicht demokratisch finde ist, dass schon vor der Finanzierungssdebatte eine knappe Mehrheit aus FDP und SVP aus der Sozialkommission des Nationalrates mit einem Brief an den Bundesrat gelangt und ihm mitteilt, dass sie nicht auf seine Vorschläge eintreten werde, diese also boykottieren will, stattdessen ein neues Fass aufmachen wollen, sie fordern ohne eine gesetzliche Grundlage eine Gesamtschau der AHV. Die Hintergründe für diese Forderung zum jetzigen Zeitpunkt ist den meisten klar, es sind parteipolitische Machtansprüche unter dem Einfluss der Bürgerlichen samt wirtschaftlichem «Anhang».

      Diese Forderung hat absolut nichts mit der Abstimmung über eine zusätzliche AHV-Rente und deren Finanzierung zu tun. Wie Herr Schaller ebenfalls erwähnt, wurde die längst fällige Neuorientierung und Sanierung der AHV/IV und des BVG mit dem Vorstoss von Alain Berset «Vorsorge 2020», bereits damals auch von den Bürgerlichen mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Es ist doch sonnenklar, mit dieser Forderung wollen Sie den Bundesrat zwingen, vom Pfad der normalen Abläufe abzugehen. Ich nenne das Erpressung. Mit solchen Machenschaften haben die konservativen Politiker in diesem Land auch die unrechtmässige Erhöhung des Frauenrentenalters erreicht, obwohl die Frauen in mancher hinsicht, aber vor allem finanziell, noch längst nicht den Männern gleichgestellt sind

      Meiner Meinung nach müssen wir uns in der Schweiz und weltweit vehement dafür einsetzen, dass die Errungenschaften der sozialdemokratischen Werte nicht noch mehr Boden verlieren. Wir haben es in der Hand, also lassen wir uns nicht für dumm verkaufen und wehren uns an allen Fronten für unsere Rechte und die Rechtsstaatlichkeit.

  3. Der Gesamtgewinn der AHV für 2023 beträgt rund 3 Milliarden Franken. Anlageertrag von fast 1,6 Milliarden und rund 1,5 Milliarden Einnahmenüberschüsse.
    Das wird 2024 noch wesentlich höher sein.
    Es gibt also kein Grund voreilig Steuern zu erhöhen.

  4. Für eine Sanierung der AHV braucht es Kompromisse und dazu gehören Steuererhöhungen und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters. Auch die «AHV 2021» beinhaltete einen Kompromiss: Einerseits die Erhöhung des Renteneintrittsalters für Frauen, anderseits eine Mehrwertsteuererhöhung. Mit Ausnahme dieser Sanierung wurden in der Vergangenheit nur immer Steuern erhöht.

    Niemand rüttelt nur im Geringsten an der Befolgung des Entscheids des Schweizer Volkes, gemäss dem ab 2026 die 13. AHV-Rente bezahlt wird. Dieser Entscheid hat bekanntlich den Sanierungsbedarf der AHV allein für das Jahr 2026 um rund 4,5 Milliarden erhöht und der Bundesrat möchte diesen ungewöhnlich schnell, viel zu schnell, allein mit Steuererhöhungen decken.

    Das Parlament hat dem Bundesrat den Auftrag erteilt, eine umfassende Sanierung bis 2027/28 vorzulegen. Anstatt aufgrund der 13. AHV diesen Auftrag schneller zu bearbeiten, schlägt er nun lediglich Steuererhöhungen vor. Damit hat er die Ausführung des Auftrages verweigert.

    Dank der höheren Lebenserwartung können die Rentner die AHV immer länger geniessen. Seit der im Jahre 2017 gescheiterten «Vorsorge 2020» beträgt die zusätzliche Rentendauer rund 1 Jahr (Gemäss der gescheiterten Abstimmung «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» steigt die durchschnittliche Lebenserwartung pro Jahrgang um gut 2 Monate. Für 6 Jahre ergeben sich somit gut 12 Monate). Es ist deshalb dringend notwendig, dass Kompromisse gefunden werden, welche – wie erwähnt – sowohl Steuererhöhungen, als auch die Erhöhung des Renteneintrittsalters beinhalten. Würde jetzt die 13. AHV-Rente mit Steuererhöhungen abgedeckt, dann wäre eine späterer umfassende Sanierung mit dem Kompromiss einer Erhöhung des Renteneintrittsalters noch schwieriger. Der «Leidensdruck» würde fehlen.

    • was andri silberpfeil und seine gefolgsleute provozieren möchten, ist die erhöhung des rentenalters auf 67 u mehr jahre, die kläglich gescheitert ist.
      die fdp unter der leitung von petra gössi und ihre libertären kids aus zürich haben 2017 die erfolgversprechende sanierung der renten aus der feder von alain berset (ahv u rentenversicherung) torpediert.
      nun wursteln die svp/fdp, die mitte und die glp weiter.
      eigentlich kann uns das ja egal sein. sie haben die mehrheit. also sollen sie das geld suchen.
      dann legt das volk im juni noch einen drauf und stimmt der kk-kosteninitiative der sp zu.
      ihre frau bundsrätin kks wirds sicher richten.

  5. Hm, wieso hat der Abstimmungstext nur von den Zückerchen und nicht von der Finanzierung gesprochen? Ist das Sozial?
    Wäre die Frage: Für nur xx% MwSt und xx% Lohnprozente erhalten Eure Eltern einen 13ten? nicht ehrlicher gewesen?
    Oder noch einfacher: die EL (für die Unterstützung wurde die EL ja geschaffen) anzupassen?

    • Recht haben sie! Die Vorschläge lagen alle auf dem Tisch:
      automatische Ausrichtung der EL (als Zuschlag zur AHV) an alle, die gemäss Steuererklärung ein Anrecht darauf haben;
      Auszahlung der Maximalrente an alle AHV-Bezüger, dafür keine reichtumsabhängige 13. Rente;
      etc. etc.
      Aber die Initianten wollten nicht den Leuten helfen, sondern «ihre» Abstimmung gewinnen.

    • Sie haben es immer noch nicht begriffen Herr Kohler. Leben wir in der Schweiz in einer gerechten Sozialdemokratie, oder ist das Geld das Mass aller Dinge? Bei so grundlegenden Eingriffen wie bei unserer Volksrente AHV/IV sollte es immer zuerst um soziale Ausgeglichenheit in unserer Gesellschaft gehen. Hier von einem «Zückerchen» für die Alten zu reden, macht mich echt wütend und es zeugt von einem Absender, der scheinbar noch nie Armut erfahren musste. Übrigens wussten Sie, dass viele Bezüger:innen auch mit Ergänzungsleistungen an der Armutsgrenze leben müssen?
      Die Schweiz ist ein reiches Land, Geld ist genug da und wird leider oft nur nach politisch motivierter Einstellung und Mehrheiten eingesetzt und zu wenig auch nach sozialen Kriterien. Apropos Finanzierung des AHV-Dreizehnten: Sind nicht das Parlament und der Bundesrat vom Volk dafür gewählt worden, diese Auseinandersetzung zu führen? Die Wähler:innen haben ja zur Initiative gesagt und die Politik macht ihre gesetzlichlich dafür vorgeschriebene und gut bezahlte Arbeit. Punkt.

  6. Vor der Abstimmung hatten die Initianten behauptet, die AHV schwimme im Geld. Und nun kann denselben Leuten die Finanzierung ihres Schildbürgerstreichs nicht rasch genug gehen?
    Auch ohne 13 Rente (viel für die Reichen, wenig für die Armen, wie es die SP wollte) steht die AHV vor riesigen Finanzierungsproblemen. Dazu kommt, dass im Juni möglicherweise weitere Löcher in die Bundeskasse gerissen werden.
    In dieser Situation wäre es kaum sinnvoll, auf Teufel komm raus eine Steuer aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts aus dem Abfalleimer der kontraproduktiven Steuerideen zu nehmen und ohne Prüfung der Auswirkungen innerhalb des gesamten Steuersystems zu beschliessen, Dadurch würden keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen.
    Eine Gesamtschau tut not, zu der auch die Optimierung der Lastenteilung zwischen Bund und Kantonen sowie die Infragestellung der gebundenen Ausgaben gehört. Wenn z.B. der Verkehrsfond so viel Geld hat, dass man daraus einen gesetzeswidrigen wirtschaftlichen Unsinn wie die Projektierung der Grimselbahn finanzieren kann, ist etwas falsch gelaufen,

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