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«Die Zeichen stehen auf Krieg»

Was für ein Satz? Er lässt mich erschauern, zutiefst. Er steht tatsächlich über dem Leitartikel in der Wochenend-Ausgabe der NZZ. Verfasst von Georg Häsler, dem wohl kompetentesten Militärexperten unter der Schweizer Journalistenschar und Oberst im Heeresstab. Er hätte auch schreiben können: «Die Zeichen stehen auf Frieden.» Es liegt ja nur an einem, an Putin, dem Herrscher im Kreml. Er könnte schon heute statt morgen die weisse Flagge hissen. Tut es aber nicht. Wird er es je tun? Vielleicht dann, wenn Trump sich besinnt und sich auf die Seite der demokratischen Staaten, auf das transatlantische Bündnis, auf die Seite der Nato stellt. Und Putin mit der technologisch weit überlegenen US-Army in die Schranken weist. So steht’s tatsächlich auf Messers Schneide.

Die einen reagieren, nehmen Milliarden, gar eine Billion in die Hand, um gewappnet zu sein, um zumindest in der Zukunft verteidigungsfähig zu werden. Wie Deutschland. Andere warten ab. Wie die Schweiz. Balancieren auf Messers Schneide. Nach dem Prinzip Hoffnung: Es wird schon nicht so weit kommen.

Derweil werden in den General-Stäben in Ost- und West-Europa Gefahren und Chancen evaluiert und nach den wahrscheinlichsten Szenarien sortiert und aufgelistet. Und versuchen, die zentrale Frage zu beantworten: Marschiert Putin nach der Eroberung der Ukraine weiter, um die alte Sowjetunion wieder auferstehen zu lassen, sein Eurasien zu realisieren? Die Antwort kennt nur er.

Bei den Analysen, bei der sogenannten Beurteilung der militärischen Lage, rücken dabei zwei Gefahren in den Vordergrund. Die grösste Bedrohung kommt zweifellos aus der Luft, wenn uns weitreichende Raketen erreichen. Zur Abwehr bräuchten wir einen Iron-Dom, wie ihn Israel hat, von den USA geliefert, finanziert und weiterhin sicherstellt. Ein solch sicherer Abwehrschild, eine eiserne Kuppel über dem Land, können wir uns nicht leisten, höchstens im Ansatz. Und weil immer noch mit konventionellen Angriffskriegen gerechnet wird, beklagen westliche Strategen «zwei Löcher im Donut» (ein Gebäck mit einem Loch) und meinen damit Österreich und die Schweiz. Beide Länder würden erst 0.8% (AU) beziehungsweise 0,7% (CH) des Bruttoinlandproduktes BIP für die Verteidigung ausgeben. Die beiden Länder seien damit nicht in der Lage, sich glaubwürdig, ausreichend ausgerüstet in eine europäische Verteidigungsarchitektur einzugliedern; sie liessen eine verheerende Lücke übrig.

Die Schweiz wird mit den 36 F35 Tarnkappenjet aus den USA für über 6 Milliarden Franken etwas aufholen. Es ist ein Flugzeug, das A-Waffen ins gegnerische Land tragen kann, ohne von einem Radar erfasst zu werden. Nur: Schon jetzt findet Elon Musk, der höchst umstrittene Tausendsassa in Trumps Truppe, dass der F 35 zu teuer, technisch zu anfällig sei, und es sich nicht lohne, ihn weiter zu produzieren und weiterzuentwickeln. Musk setzt auf Drohnen und rechnet, dass für einen F35 rund 10’000 einfache Drohnen zu haben wären, dass ein künftiger Krieg ganz anders, weit technologischer ablaufen würde. Was heisst das für die Schweiz?

Zuerst war mal der Jubel bei der Bundesratswahl auf der Tribüne über dem Verhandlungsrund im Bundeshaus überschwänglich. «Gewählt ist Martin Pfister», nun vom Bundesrat zum Verteidigungsminister erkoren. Die Erleichterung auch im Parkett, bei den National- und Ständerats Frauen und Männern war selbst am Bildschirm mit den «Händen zu greifen». Sieht man vom Block rechts ab, wo die Frauen und Männer der SVP sitzen.

Blenden wir zurück: Martin Pfister, der eben Gewählte schritt bedächtig ins Rund, begab sich hinauf zur Präsidentin, nahm ihre Gratulation und einen mächtigen Blumenstrauss entgegen und stolperte beinahe, als er sich wieder nach unten in die Mitte bewegte. Er schwor, nahm die Wahl an, die Schweiz hatte ihn, den neuen Bundesrat, den neuen Verteidigungsminister.: Martin Pfister (61), der Mitte-Regierungsrat aus dem Kanton Zug. Und er steht vor einer grossen Herausforderung und ist nun am Zug.

Möglich gemacht hat es auch der andere Pfister aus Zug: Gerhard Pfister, der Profilierteste in der Partei der Mitte. Er verzichtete und zauberte gleichsam in letzter Minute den Martin aus dem Hut und verhinderte dadurch Markus Ritter, den Bauern-Präsidenten und SVP-nahen Landwirt. Ich machte nie einen Hehl daraus, dass mich das Zweierticket nicht zu überzeugen vermochte. Nun liegt es an Martin Pfister zu überzeugen, wie das schon andere, Bunderätinnen und -räte vor ihm taten und sich im Amt als überzeugende Magistraten entpuppten.

Martin Pfister hat nun mit seinem Stab, seinen sicherheitspolitischen Experten zu evaluieren, welchen Schwerpunkt er setzen will. Eine autonome Verteidigung, die einen sehr teuren Iron Dom zur Voraussetzung hat? Oder  eine Kooperation mit Europa, sprich Nato, mit der die Schweizer Armee mit dem F 35 die Donut-Lücke füllen, an einer Vorwärts-Strategie teilhaben und sich einem konventionellen Stoss von der «besetzten» Ukraine, über Ungarn nach Österreich und letztlich in die Schweiz anschliessen, sich erfolgreich entgegensetzen könnte.

Die Aufgabe ist herausfordernd. Die Kosten werden enorm sein. Es gibt einen Trost: Deutschland will eine Billion ausgeben bei einer Staatsverschuldung von 65% des  BIP. Die Schweiz hat eine Verschuldung von nur 36%. Diesen tiefen Stand der Verschuldung gilt es jetzt zu nutzen, wenn der Krieg näher kommt als der Frieden.

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6 Kommentare

  1. zunächst etwas polemik:

    frau bundesrätin schreibt…

    herr präsident putin. sie müssen wissen, dass wir in der schweiz eine schuldenbremse haben und z.zt. nicht mehr geld für die armee zur verfügung haben. die schweiz bittet sie daher, mit einem drohnen- oder raketenangriff zuzuwarten, bis wir, sagen wir in 20 jahren, abwehrtüchtigkeit erlangt haben. danke.

    und.

    könnte es sein, dass mit der wahl von herrn pfister dieser seine partei von der bedeutungslosigkeit erlöst hat?

    • Polemik zum Thema Krieg ist hier weder angebracht noch hilfreich, Herr Lehmann. Ihre Wortmeldung ist für mich eher lapidarer Zynismus auf Kosten einer Bundesrätin. Meine Frage, hätten Sie diese geschmacklosen und verletzenden Worte auch geschrieben, wenn es sich um einen Bundesrat handeln würde? Wahrscheinlich nicht, was Ihre Vorschusslorbeeren für den neuen Amtsvorsteher und seine Partei beweisen.

      Äusserungen wie die Ihren tragen dazu bei, dass in der Öffentlichkeit Frauen in politischen Ämtern per se als unfähiger angesehen und in den Medien lächerlich und fertig gemacht werden, als dies bei Männern der Fall ist. Das halte ich nicht nur für unfair sondern diskriminierend.

  2. Replik auf die einseitige Höflichkeit einer Bundesrätin an den Aggressoren bzw. Ueberdenken bzgl. Indikatoren zwecks Erkennen von Nutzlosigkeit entgegen Bedeutsamkeit einer neu gekrönten Partei:

    Der Appell an den Bedroher könnte als personifiziertes Verzögern gebotener Handlungen betrachtet werden, gleichwohl als ein verlegenes Lächeln, um den fürchterlichen Drachen abzulenken. Im ersteren Fall wäre das Sprungbrett aufgestellt für den folgenden Sprung ins ziemlich kalte Wasser.

    Am Sprung durch eine plötzlich sichtbarere Weiterentwicklung einer Partei durch den Fokus auf einen neuen «Genossen» lässt nicht an sich beweisen, dass der Weg dazu ohne Relevanz vonstatten ging. Wenn Bedeutsamkeit im Vorfeld die allgemeingültige Umsetzung eines eigenen Programmes aller Mitstreiter in einer Parteienvielfalt meint, an dem sich alle andern messen bzw. positionieren können, ist der generelle Weg aus einer Bedeutungslosigkeit unmittelbar gelungen. Dies passiert in diesem Moment auch bereichernd beim Sinnieren über Kommentare – für die Meinungsbildung der Betrachter.
    Ins Visier einer – mit Recht kritischen – Schweizer Bevölkerung zu geraten, erfordert wohl einen punktuell überfordernden Effort, um das eigene Tor mit einer «multikulturellen» Mannschaft für alle Fälle unangreifbar zu verteidigen.

  3. Man muss leider mit Putin rechnen!
    Dieser Mann ist zu allem fähig!
    Wir Europäer müssen aus einem»Dorn-
    röschenschlaf»
    langsam mal aufwachen.Somit ist dieser
    Artikel zum Nachdenken anzuregen.
    Bärbel Holst

  4. Es ist nicht klug die Menschen mit solchen Schlagzeilen noch mehr zu verunsichern. Die Medienschaffenden sollten etwas weiter und offener kommunizieren und nebst den alltäglichen Negativschlagzeilen auch positive Sichtweisen auf die möglichen Bedrohungen und die Möglichkeiten einer machbaren Gegenwehr aufgreifen und weitergeben.
    Ich finde die Aussagen der Politikwissenschaftlerin Claudia Major, Expertin für Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die im Vorabendprogramm «Das!» des NDR über dieses Thema befragt wurde, sehr einleuchtend und zur eigenen Meinungsbildung hilfreich.
    https://www.ardmediathek.de/tv-programm/67b7cce4300dad59e34d6992

  5. Man sollte mal etwas Nachforschung betreiben, bevor man den Kriegstreibern aus dem militärisch industriellen Komplex, wie der ehemalige russische Präsident Gorbatschow ihn nannte, bedingungslos unkritisch folgt ohne etwas zu hinterfragen. Fing der Krieg in der Ukraine wirklich erst mit dem Überfall Putins an? Was kam vorher? Wie war das noch gleich mit der Krim?
    Aufschlüsse darüber kann dieses Video geben. Dort sieht man, dass es etwas anders ist als uns die Medien, die grossteils mit als Kriegshetzer auftreten, weismachen wollen:

    https://www.youtube.com/watch?v=q4ZuYnO-R6w&list=PLZHj_T7f_WNfxzd7r9c3M7cjTafqdSBQE

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