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So arbeitet die Schweiz

Die Ausstellung Arbeit. Fotografie 1860 -2015 im Landesmuseum ist zugleich eine Geschichte der Arbeit und eine Geschichte der Fotografie.

Der Mann an der Schreibmaschine arbeitet an der Archivierung von Fotos. Er wurde 1975 als Angestellter des Landesmuseums abgelichtet, und sein Foto dokumentiert jetzt in der Ausstellung nebst vielen anderen Bildern, wie und wo in der Schweiz gearbeitet wurde und wird. Angefangen mit Studioaufnahmen aus dem Archiv von Fotopionieren über Bilder des bäuerlichen und frühindustriellen Arbeitslebens bis zu den hochtechnisierten und durchdigitalisierten Arbeitsplätzen hier und heute.

Visuelle Geschichte der Arbeit chronologisch erzählt © Schweizerisches Nationalmuseum

Das Schweizerische Nationalmuseum ist dabei, einen besonderen Schatz zu heben. Die unübersehbare Sammlung von Grafik und Fotografie, ein gigantischer Haufen von Fotoalben aus privaten Nachlässen, gerahmten Vereinsbildern von Feuerwehren oder Berufsinnungen, Archiven von Fotoagenturen, Sammlungen aus Plattenkameras und Fotostudios. Dank der Unterstützung durch den Förderfonds Engagement Migros können die Arbeiten der Katalogisierung und Digitalisierung zügig vorangehen, so dass 2016 ungefähr ein Zehntel des Fotobestands, nämlich 400’000 im Neubau des Landesmuseums öffentlich zugänglich werden.

Schweisser, 1940 (ca.), Frauenfeld (TG), Foto: Theo Ballmer © Schweizerisches Nationalmuseum

Sozusagen als Nebenprodukt dieser immensen Archivierungs- und Digitalisierungsarbeit zeigt das Landesmuseum jetzt ein paar Kleinode aus seiner Schatzkammer der Fotografie, nämlich eine Auswahl von Fotos, die den Broterwerb dokumentieren oder inszenieren. Und wie es sich im Landesmuseum gehört, die Besucherinnen und Besucher sollen nicht nur schauen, sondern auch mitmachen, beispielsweise beim archivieren und digitalisieren von Beständen oder beim posten eigener Arbeitsbilder.

Am Beginn des Rundgangs hängen riesige Vergrösserungen von im Studio inszenierten Berufstypen, die laut Kurator Dario Donati einst gesammelt wurden wie heute Paninibildchen. Am Ende schauen wir in die Räume der Zürcher Google-Werkstatt.

Millionen von Postkarten wurden Anfang 20. Jahrhundert verschickt – die SMS von damals

Das Original des grossvergrösserten Zimmermädchens von Fotopionier Constant-Delessert, erkennbar an der Tracht und am Werkzeug, findet sich eingeklebt in einem Album gleich neben dem Hauptraum. Dort sind Originale aus der Frühzeit ausgestellt, ein paar gerahmte Gruppenbilder von Belegschaften, wie sie Fabrikherren gern fürs eigene Kontor bestellten. Klar ersichtlich die verschiedenen Berufe und die Unternehmenshierarchie im Foto vom Baubeginn der Ziegelei Allschwil. Daneben Bilder von Vereinen in zeitgemäss dekorierten und beschrifteten Passepartouts wie sie einst in Hinterzimmern von Gasthäusern hingen. Das Glas einer Vitrine ist mit Postkarten beklebt, dahinter lässt sich auf einem Spiegel das Motiv oder auch die Handschrift des Absenders entziffern. Vor hundert Jahren war die Postkarte das, was das SMS heute ist. Hier im Raum der alten Originale darf auch in edlen Alben geblättert werden, nicht in den richtigen, die unter Glas liegen, aber in ihrem digitalisierten Klon; unter anderem steht eine Dokumentation vom Bau des St. Moritzer Bads zur Ansicht.

Die erste Schuhmacherin der Schweiz, 1944, Lachen (SZ), Foto: PDL © Schweizerisches Nationalmuseum

Kaum wurden die Kameras handlicher, ging der Fotograf zum Motiv, nicht das Motiv ins Fotostudio. Rudolf Zinggeler, Seidenfabrikant aus Wädenswil und Hobbyfotograf, hinterliess einen grossen Fundus zur Sozialgeschichte, beispielsweise Arbeiterinnen in seiner Fabrik, oder eine Schulklasse mit Lehrer. Notgedrungen nahm er Bewegungsunschärfen in Kauf.

Mechanische Ziegelei Allschwil, 1898, Foto: Eduard Müller © Schweizerisches Nationalmuseum

Im Hauptraum gibt es nebst der Chronologie auch Stationen der Vertiefung von Themen. Mit Texten und Fotos erfahren Besucher mehr über Kriegszeiten oder Frau im Männerberuf, Arbeitskampf oder auch sehr aktuell: Arbeitsmigration am Beispiel einer Kohl erntenden Arbeitskolonne. Worauf die Ausstellungsmacher bei ihrer Auswahl achteten: auf jedem Bild wollten sie die Arbeit mit den Arbeitenden, also mit den Menschen sichtbar machen.

Mit dem Aufkommen der illustrierten Zeitschriften steigt der Bedarf an Geschichten, die mit mehreren Fotos bebildert werden, wenn nicht sogar der Text weniger wichtig wird als der Ablauf der Bildergeschichte. Beispiele zeigt die Ausstellung als Videoinstallation in einem Nebenraum. Die meisten Lacher erntet wohl die Bildfolge Stewardessen in der Ausbildung.

Während die meisten Fotos von anonymen Agentur- oder Hobbyfotografen herrühren, gibt es auch Exemplare von Fotos aus der Arbeitswelt, welche einen berühmten Urheber haben, beispielsweise Theo Ballmer, einen Fotografen der neuen Sachlichkeit. Bekannt sind die Fotografinnen und Fotografen im letzten Nebenraum. Ihre gezeigten Serien sind Leihgaben der Fotostiftung Winterthur, darunter eine Bildfolge aus dem Genfer CERN von Andri Pol.

Fotografieren von Fotos – eine Journalistin dokumentiert sich

Im Hauptraum endet der Rundgang durch die Fotogeschichte der Arbeitswelt mit dem Selfie eines braungebrannten Arbeiters auf der Baustelle beim Landesmuseum. Das animiert: Ein Bildschirm fordert auf, selber ein Selfie zu schiessen, welches der Apparat nach Eingabe der Mailadresse gleich verschickt.

 

 

Bis 3. Januar 2016

Zur Ausstellung ist eine reich bebilderte Publikation beim Limmat Verlag erschienen. Die Beiträge und die rund 200 Fotografien geben einen Überblick über die Geschichte der Arbeit und ihrer fotografischen Dokumentation.

Ein Rahmenprogramm mit Experten wie dem Soziologen Ueli Mäder, den Historikern Elisabeth Joris oder Jakob Tanner, dem Fotografen Giorgio von Arb sowie den Ausstellungsmachern gibt Interessierten einen erweiterten Blick in die Materie. Wie immer sorgt das Landesmuseum auch für die Vermittlung in den Schulen. Infos gibt es hier

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