StartseiteMagazinGesellschaftIch tanze mit dir in den Himmel hinein

Ich tanze mit dir in den Himmel hinein

Strahlende Augen in Musikmamsells Tanzcafé. Demenzbetroffene Menschen und ihre Begleiter tanzen zu ihren Lieblingsmelodien „in den siebten Himmel der Liebe“.

Im Restaurant Binzgarten in Oerlikon lädt Verena Speck am zweiten Dienstag im Monat in Musikmamsells Tanzcafé ein. Sie legt die Lieblingsmelodien der älteren Generation auf und erfüllt Plattenwünsche. Willkommen sind alle Tanzlustigen und explizit Demenz-Betroffene, deren Familien und Freunde. Sie sollen in gediegener Atmosphäre einen Ausgang im öffentlichen Rahmen geniessen, Musik mit Lieblingsmelodien hören, tanzen, Gespräche führen, sich wohl fühlen.

„Ich bi‘s Vreni, ich bi dement“, begrüsst mich eine gepflegte Frau im Binzgarten. Ihr Mann reicht mir die Hand. Im Tanzcafé wird jeder Gast persönlich empfangen. Viele kommen zu zweit, suchen sich einen guten Platz auf einem der bequemen Stühle. Manche kennen sich, begrüssen sich herzlich.

Verena Speck hat derweil ihre Musikanlage aufgebaut. Sie stellt ihre Assistentinnen vor und den Tanzbegleiter, der mithilft, den Frauenüberschuss zu mildern. Die Freude am Tanzen sollen alle geniessen. Heute ist das kein Problem. „Noch nie hatten wir so viele Männer“, lobt Vreni.

Tanzen im Binzgarten in Oerlikon

Vertraute Melodien

Die Musik entführt in die Welten der Erinnerung: Ein Schiff wird kommen, Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt, Only you, Zogen-am-Boge, Lets Twist again, Walzer und Tango. Bei den ersten Klängen erheben sich die Tanzlustigen. Sie sehen sich in die Augen, setzen sorgfältig die ersten Schritte, wiegen sich hinein in den Takt und lassen sich von der Musik freudig und lustvoll mittragen. Einige schweben gekonnt über die Tanzfläche, andere suchend, sie brauchen mehr Konzentration, damit die Füsse gehorchen. Die Tanzpartner passen sich an, geleiten ihre Partner zurück an den Platz, wenn sie ermüden, holen sich neue Tänzerinnen und Tänzer. Ein Kommen und Gehen. Wer tanzen will, kommt hier voll zum Zug. Sitzen bleiben nur die Gäste, die das wünschen. Wie die zwei älteren Herren, die einfach Musik hören und sich unterhalten wollen.

Entspannte Atmosphäre

Das Lächeln und die strahlenden Augen der Demenz-Betroffenen bezaubern auch die Begleiter. Rasch entwickeln sich lebhafte Gespräche unter den Angehörigen. Auch sie geniessen die entspannte Atmosphäre, unterhalten sich freundschaftlich und humorvoll über ihren Alltag. Und alle sind sich einig: Sie freuen sich auf den monatlichen Ausgang in Musikmamsells Tanzcafé. Alle haben sich besonders hübsch gekleidet und schön gemacht. Vreni erinnert sich:“Früher hatten wir ähnliche Anlässe mit dem Turnverein. Nach den Vorführungen wurde jeweils getanzt, und wir trugen schöne Kleider.“

Freude an der Musik und an der Bewegung ausleben

Während der zwei Stunden treffen laufend neue Gäste ein, etwa 40 sind es an der Zahl. „Die Vorbereitungen zur Abreise dauerten eben etwas länger“, entschuldigt sich eine Tochter: „Meine Mutter wollte unbedingt noch eine Waschmaschine einfüllen.“ Ihr Problem stösst auf volles Verständnis.

Aufleben in Musik und Bewegung

Inzwischen begibt sich diese Mutter aufs Parkett, eine grosse, starke Frau. Sie geht auf in Bewegung und Musik und tanzt mit unwahrscheinlicher Energie. Kraftvoll rockt sie ein Solo zu Melodien von Elvis Presley und wendet sich darauf an eine demente Frau, der die Füsse nicht recht gehorchen wollen. Die lässt sich eine Weile freudig führen und verabschiedet sich wenig später, versonnen lächelnd.“Ich bin Spanierin“, erzählt die stolze Tänzerin, nachdem sie sich erschöpft neben mich gesetzt hat. Mit grossen blauen Augen blickt sie mich an. Ein wortloses Staunen liegt zwischen uns. Aus ihren Augen funkelt die Freude am Tanzen als Triumph über dem Meer des Vergessens.

Eintauchen in Erinnerungen

Vertraute Melodien ermöglichen Menschen mit Demenz ein Eintauchen in Erinnerungen, die sonst verborgen sind, bestätigen Silvia Nigg und Judith Wildi, die eine gemeinsamen CAS-Studienarbeit zum Tanzcafé für Menschen mit Demenz geschaffen haben. Die Bedeutung von Tanz und Musik ist abhängig von Emotionen, Erinnerungen, von der Freude an der Musik und der gemeinsamen Bewegung. Musikmamsells Tanzcafé sei einmalig in der Schweiz, habe Modellcharakter, sollte weitergeführt und die Idee mit ähnlichen Projekten weiter verbreitet werden. Sowohl Verena Speck als Judith Wildi und Silvia Nigg Morger haben Konzepte dazu geschaffen.

Musikmamsells Tanzcafé hat Modellcharakter

Musikmamsell Verena Speck legt Platten auf im Tanzcafé

Verena Speck hat das Tanzcafé 2013 gegründet. Damit will sie den älteren Menschen, und insbesondere den Demenz-Betroffenen und ihren Angehörigen, einen Ausgang in gediegener Atmosphäre ermöglichen. Die Anzahl dementer Menschen wird zunehmen. Wir brauchen Räume wo sich Demenz-Betroffene, ihre Angehörigen und Freunde in öffentlichem Rahmen in loser Durchmischung normal treffen und gemeinsam unterhalten können.

Als Musikmamsell ist Verena Speck seit ihrer Pensionierung 2006 mit mobilen Plattenspielern unterwegs. Die ersten Platten bekam sie nach einer Hausräumung geschenkt. Das Verständnis für die Senioren schöpfe sie aus den Erfahrungen aus ihrer 39-jährigen Tätigkeit bei Radio DRS als Moderatorin, Redaktorin, Reporterin und Co-Leiterin der ehemaligen „Musigwälle 531“. Hilfreich neben dem fachlichem Hintergrund sei ihre tolle Plattensammlung, ihr Musikverständnis und ihr Interesse am Menschen, schreibt Judith Wildi.

Musikmamsells Tanzcafé steht unter der Schirmherrschaft der Alzheimervereinigung Kanton Zürich, in Zusammenarbeit mit Stadtspital Waid/Memory-Klinik Waid, Zürich, und wird von verschiedenen Stiftungen unterstützt.

Verena Speck sucht für das Team  „Memory Dancers“ tanzfreudige Männer, die gut auf ältere Menschen eingehen können und sich als Tanzbegleiter für gelegentliche Tanznachmittage in verschiedenen Regionen der Schweiz zur Verfügung stellen. Kontakt: Musikmamsell Verena Speck, Tel. 079 757 02 23, verena.speck@bluewin.ch.

www.musikmamsell.ch

(Bilder Copyright Tanzcafé)

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