StartseiteMagazinKolumnenUngereimtes gestern und heute!

Ungereimtes gestern und heute!

Bleibt zu hoffen, dass mit der Entwicklung der Werbewirtschaft die „Mündigkeit“ der Konsumentinnen und Konsumenten Schritt halten kann.

Vor kurzem schaute ich mir wieder einmal Werbung im Fernsehen an. Und war mit einem Schockolade-Milch-Produkt konfrontiert, dessen Werbung ausgesprochen auf Kinder ausgerichtet war. Aber selbstverständlich, so wurde verkündet und im Bild dargestellt, war die ganze Familie davon begeistert!

Wie war das jetzt mit diesen Produkten? Da hatte ich doch kürzlich mal darüber gelesen, dass sie recht viel Zucker und Fett enthalten sollen! Und in einem  anderen Zusammenhang hatte ich zur Kenntnis genommen, dass auch in der Schweiz Kinder von Übergewicht und Fettleibigkeit betroffen seien. Und dann kam mir noch ein Slogan in den Sinn, der einige Jahre alt sein dürfte: „wir essen zu viel, zu süss, zu fett“. Offenbar immer noch!

Vor vielen Jahren hatte ich als Jugendanwältin auch mit Ladendiebstahl zu tun. Und stellte fest, dass Warenhäuser und Grossverteiler mit Hilfe von Verkaufspsychologen aufrüsteten. Vom ersten Schritt ins Geschäft an sollte Kundinnen und Kunden vor Augen geführt werden, dass sie hier, im Einkaufsparadies, durch Kaufen ihre Bedürfnisse befriedigen konnten. Und die Präsentationen waren so attraktiv, dass auch neue Bedürfnisse entstanden, von  denen die Kundschaft zuhause noch gar nichts gewusst hatte! Aber selbstverständlich war trotz einladender Atmosphäre knallhart der Austausch von Ware gegen Geld gemeint. Wer sich aber ansprechen, hinreissen, überwältigen liess, seine Bedürfnisse zu befriedigen ohne den Gegenwert zu entrichten, der bekam es mit der Geschäftsleitung, mit der Polizei zu tun. Ladendiebstahl war das!

Damals wünschte ich mir, dass alle diese Geschäfte für eine Woche mit den Dekorationen zurückfahren und alle Waren nur noch grau einpacken würden. Und dann hätte ich gerne gewusst, was für Einbussen an Umsatz das bewirken würde. Aber auch, ob sich die Zahl der Ladendiebstähle verringerte. Aber für eine solche „empirische“ Forschung konnte ich natürlich niemanden gewinnen.

Eingeprägt hat sich mir damals ein ganz einfaches Beispiel. Ein vierzehnjähriger Junge bereitete seine Geburtstagsfeier vor. Er wollte sein Zimmer dekorieren und mit Lichteffekten versehen. Dazu benötigte er zusätzliche Stecker. Nahm im Warenhaus aus einem riesigen, mit Steckern gefüllten Korb vier Stück an sich, ohne zu bezahlen. Und wurde erwischt. Er hatte genügend Geld im Portemonnaie, es war mir unverständlich, wieso er sich zu dieser Tat hatte hinreissen lassen. Er erklärte es mir. Er war in der Absicht, die Stecker zu kaufen, ins Geschäft gegangen. Hatte sein Taschengeld zu diesem Zweck mitgenommen. „Und dann“ sagte er, „stand da ein grosser Korb mit so vielen Steckern, dass ich mir einfach vier davon nahm“. Warum sollte er sein karges Taschengeld für etwas ausgeben, das in Hülle und Fülle verschwenderisch vorhanden war? Es würde es niemand merken, wenn da vier Stecker fehlten; es würde auch niemandem schaden. Das waren seine Gedankengänge.

Diese Überlegungen konnte ich nachvollziehen. Aber ohne Konsequenzen durfte dieses Handeln nicht bleiben. Es kam zu einer „Arbeitsleistung“ an freien Mittwochnachmittagen. Er konnte die Tätigkeit auswählen und entschied sich, in einem Freizeitlokal mitzuhelfen, in welchem die Wände neu gestrichen werden sollten. Was mich im nachhinein besonders freute, war die Mitteilung der Eltern, der Junge habe sich lange über die verordnete Zeit hinaus im Freizeitlokal betätigt. Er hatte offensichtlich eine neue Möglichkeit gefunden, sich in der Gemeinschaft zu engagieren und diese prompt ergriffen.

Wenn ich vergleiche, so sind die Verführungen, Verlockungen durch Werbung und in Arrangements in Geschäften heute um ein vielfaches durchdachter und eindringlicher als vor Jahren. Da kann ich nur hoffen, dass mit dieser Entwicklung das Heranwachsen einer mündigen Kundschaft Schritt gehalten hat!

Und die Kinder? Ja, da wünsche ich mir, dass alle diese Kinder im Hintergrund „mündige Eltern“ haben. Die vielleicht doch nicht so uneingeschränkt enthusiastisch für des raffiniert angepriesene Schockolade-Milchprodukt schwärmen, wie es uns die entsprechende Werbung glauben machen will!

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