Superfood ist heute ein Schlagwort, impliziert, dass bestimmte Nahrungsmittel super sind, für Körper, Geist und Gesundheit. Und wenn man schon krank ist? Krebs hat?
«Das grosse Ernährungsbuch bei Krebs» heisst ein im Knaur Verlag erschienener gewichtiger Band «mit 80 heilsamen Rezepten», wie es im Untertitel heisst. Sofort tauchen kritische Fragen auf: Kann man Krebs «aushungern» oder «wegessen» oder zumindest mit den richtigen Nahrungsmittel einer Erkrankung vorbeugen? Kann man gegen eine Krebserkrankung ankochen oder reichen die üblichen Ratschläge wie natürlich, frisch, gut verträglich?
Ein Kochbuch wie ein Lehrbuch
Beim Durchblättern wird schnell klar: Das ist kein Kochbuch für Krebskranke, das ist ein umfassendes Handbuch zum Thema Krebs, das sich mit sehr vielen Aspekten dieser bösartigen und in jedem Fall belastenden Krankheit befasst. Die Autorinnen, die Ernährungstherapeutin Catherine Zabilowicz und die Köchin Fran Warde, haben ein komplexes Werk zusammengestellt, das nicht nur die Krankheit, ihre Therapien und Heilverfahren zum Thema hat, sondern weit darüber hinaus geht.
So bunt wie der Salat auf dem Cover ist die ganze Rezeptsammlung für gesunde und Kranke.
Es ist ein Ernährungsratgeber mit einer Fülle an Informationen und Hintergrundwissen zur gesunden Ernährung und mit vielen Ratschlägen, die auch für Gesunde gelten. Das geht über den sorgsamen Einkauf – möglichst, saisonal, regional – über die Wirkung von Vitaminen und Mineralstoffen bis zur Lebensmittelkunde.
Natürlich nehmen die krankheitsspezifischen Probleme grossen Raum ein. Was heisst ballaststoffarme Ernährung, wie sie zum Beispiel nach Operationen im Magen-Darmtrakt oder bei einem Stoma angezeigt ist? Was «pflegt» die Leber, die ja gerade durch Medikamente stark belastet werden kann? Was regt den Appetit an, was hilft bei wunder Mundschleimhaut oder bei Geschmacksveränderungen nach einer Chemotherapie?
Sanfte Hilfen für Kranke
Wer im ersten Teil des Buches blättert, findet nebst ernährungsspezifischen Ratschlägen auch eine Zusammenstellung alternativen Therapien bei Krebskrankheiten. Das geht von der ketogenen Diät mit drastisch limitierter Kohlenhydratzufuhr über Fastentage, zum Beispiel vor einer Chemotherapie, über Entgiftung, Cannabistherapien zu zahlreichen weiteren medizinischen, komplementären und naturheilkundliche Behandlungen.
Auch wer unter Nachwirkungen einer Chemotherapie leidet und einfach nur keinen Appetit hat, lässt sich vielleicht durch solche Bilder zum Geniessen verführen.
Ob nun die Immunstärkung im Vordergrund steht, die Darmgesundheit oder Entzündungshemmung oder einfach das allgemeine Wohlbefinden, das Buch zeigt ganz verschiedene Heilansätze auf. Auch der Pflege der Psyche werden einige Seiten gewidmet, einem Faktor, der ob all der Medizin und Therapien oft zu kurz kommt.
Verführerische Rezepte
Nun aber zum eigentlichen Kochbuch: Wer mit einem «Sonnenaufgang im Glas» oder einem «Roten Kracher» in den Tag startet, fühlt sich sicher gleich etwas weniger krank und auch die übrigen Rezepte sind weit davon entfernt, Kranken- oder Schonkost zu sein. Im Gegenteil. Ob Papayasalat mit gegrilltem Fisch oder ein duftendes Kräuter-Mandel-Hähnchen mit einem grossen Schoko-Walnuss-Brownie zum Dessert – diese Rezepte machen einfach Lust aufs Nachkochen und Essen, auch wenn man sich kerngesund fühlt.
Ein Dessert mit frischen, gesunden Produkten erfreut sowohl am Krankenbett wie auch am Familientisch.
Es ist, mal abgesehen vom informativen ersten Teil und dem umfassenden Glossar im Anhang, einfach ein Kochbuch für die ganze Familie, eine Rezeptsammlung, mit der man in jedem Freundeskreis punkten kann und bei der nicht die Krankheit, sondern die Freude am Leben, am Geniessen im Vordergrund steht.
Knaur MensSana HC: 304 Seiten, mit vielen Illustrationen. Erschienen Herbst 2017. ISBN: 978-3-426-65811-6