StartseiteMagazinKulturZwischen Trauma und Absurdität

Zwischen Trauma und Absurdität

Zwei Aufführungen am Zürcher Theater Spektakel, die unterschiedlicher nicht sein könnten: «Campo Minado / Minefield» von Lola Arias und «Eins Zwei Drei» von Martin Zimmermann.

Einfache Welterklärungen haben heute Konjunktur. Nicht so am Theater-Spektakel auf der Zürcher Landiwiese. Wir besuchten zwei weitere interessante Aufführungen jenseits offizieller Statements. In der ersten geht es um Vergangenheitsbewältigung einer kriegerischen Auseinandersetzung, in der zweiten um Kunst, die verrückt spielt.

Kluge Performance mit sechs Veteranen

In «Campo Minado / Minefield» bringt die argentinische Regisseurin Lola Arias sechs Veteranen auf die Bühne, die 1992 während des Falklandkrieges kämpften: hier zwei Briten und ein Nepalese im Einsatz für Margret Thatcher, dort drei Argentinier im Einsatz für die Militärdiktatur unter General Leopoldo Galtieri. Was sich an Bildern des Kriegseinsatzes, oft traumatisierend, eingebrannt hat, vermitteln die sechs Herren ihrem Publikum in einer klugen, punktgenau inszenierten Performance. Praktisch alles, was der Vermittlung dienen kann, kommt zum Einsatz: Modellbauten, Schlagzeugkanonaden, alte Zeitungsartikel, Fotos, und für alte Tonaufnahmen stülpt man sich eine Thatcher- respektive Galtieri-Maske über.

Gemeinsame Vergangenheitsbewältigung: Ausschnitt aus «Campo Minado / Minefield» von Lola Arias.

Lola Arias lässt die Ex-Feinde geschickt zwischen gegenseitiger Schuldzuweisung und gemeinsamer Vergangenheitsbewältigung aufeinandertreffen. David Jackson, heute Psychologe, kommt ins Therapiegespräch mit dem Triathlon-Wettkämpfer Marcelo Vallejo. Der hatte einen Hass auf die Engländer und fand im Sport ein Ventil. Auch musikalisch bilden sie eine starke Einheit: Rubén Francisco Otero, Teil einer Beatles-Cover-Band, und die anderen Veteranen spielen „Get up“ und rocken sich die Fragen, denen sie ausgesetzt sind – „Hast du jemanden getötet?“ –, von der Seele. Wenn Sukrim Rai am Ende aus seinen Aufzeichnungen in seiner Sprache vorliest, bleibt der Zugang ohne Übersetzung verwehrt. Dafür gibt es das Gefühl, dass jede Perspektive, so fremd sie einem sein mag, ihre Berechtigung und Logik hat. Eine schwierige Mission grossartig erfüllt.

Kunstbetrieb ad absurdum geführt 

Humor, Magie und Absurdität machen die Einzigartigkeit von Martin Zimmermanns künstlerischem Schaffen aus. Für seine Stücke kreiert der Schweizer skurrile, fremdartige Welten und inszeniert darin seine Figuren und bizarren Objekte. In seiner neusten Kreation «Eins Zwei Drei», das am Théatre Vidy in Lausanne uraufgeführt wurde und am Theater Spektakel seine Deutschschweizer Premiere erlebt, führt der Künstler den Kunstbetrieb ad absurdum. Ein Museum räumt auf, verkauft seine Werke an die Meistbietenden, geboten werden darf ab drei Millionen Franken. Absurd umständlich wird der Raum für die Versteigerung hergerichtet, der Auktionshammer eifrig geschlagen, bis niemand mehr weiss, wem das Kunstwerk gehört. Und der Marmorboden des Museums fördert mit lautem Knall eine lebende Mannskulptur mit knallrotem Höschen ans Tageslicht, die – für Millionen versteigert – in einen Glaskasten zum Versand verpackt werden muss. Da wird gedrückt und gedreht, bis der muskulöse menschliche Körper endlich reinpasst.

Verrückte Kunstwelt: Ausschnitt aus «Eins Zwei Drei» von Martin Zimmermann. (Fotos: Zürcher Theater Spektakel)

Die drei Clowns (Romeu Runa, Tarek Halaby und Dimitri Jourde), angetrieben von grossartigem Klavierspiel am Flügel (Colin Vallon), liefern im Takt mit der Musik und mit je eigener Gangart ein bizarres Spektakel an Verrenkungen und Albernheiten. Der Museumsdirektor, ein versiffter Weissclown mit Paschaallüren, sein Museumsdiener, ein tollpatschiger August im schwarzen Affenkostüm, der auf dem Marmorboden immer wieder ausrutscht, und das menschliche Kunstwerk, ein Ausbund an bornierter Männlichkeit, verballhornen mit ihrem absurden Spiel die Kunstwelt als dekadente Scheinwelt. Das Kunstmuseum wird zum Schluss rot eingenebelt und der Direktor, ein Cüpli trinkend, von einer riesigen aufblasbaren Hydra verschlungen. Mit von der Partie in diesem verqueren Spiel ist das Bühnenbild, das mit seinen drehbaren Wänden und Türen für köstliche akrobatische Einlagen sorgt. Einmal mehr entnimmt Martin Zimmermann in seinem neuen Stück der Realität alltägliche Dinge und versetzt sie – zum Gaudi des Publikums – in Parallelwelten, wo sie sonderbar deplatziert und absurd wirken. Gezeigt wird in «Eins Zwei Drei» eine grandiose Verulkung des Kunstbetriebs.

Mehr unter www.theaterspektakel.ch

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