Bilder aus Osaka

Da stehen sie im japanischen Osaka ganz nahe beisammen: US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinpin, zum Greifen nah. Ganz unmittelbar bei ihnen ein Mann, von dem die ganze Welt weiss, dass er vor Schreckenstaten nicht zurückschreckt, der in seinem Land foltern, Oppositionelle auspeitschen, gar morden lässt: Mohammed bin Salman, der saudiarabische Kronprinz, auffallend im Gewand der Saudis.  Rechts von ihnen Wladimir Putin, der fast untergeht, weil klein und obwohl er ein Riesenland autokratisch regiert. Etwas präsenter der Türke Recep Tayyip Erdoğan, der gerade wieder Oppositionellen und Kulturschaffenden den Prozess machen lässt, weil sie ihn anscheinend beleidigt haben und dafür für Jahre hinter Gitter sollen. Und nicht zu übersehen Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, von der in Osaka alle wissen wollten, wie es ihr wohl auch gehe, seit sie zweimal einen Zitteranfall hatte. „Gut“, meinte sie lakonisch. Logisch, dass die Kameraleute der TV-Stationen sie besonders ins Bild zu rücken versuchen. Schon fast nicht mehr wahrzunehmen ist eine weitere Frau: Theresa May, die britische Premierministerin. Sie ist das letzte Mal bei einem G-20-Gipfel mit dabei und hat wohl weder etwas zu sagen noch besonders aufzufallen. Sinnbildlich spielt sie sich in den Hintergrund. Ihre Zeit ist ja auch bald abgelaufen.

Und wenn sich dann die wichtigsten Frauen und Männer der wichtigsten 20 Staaten einträchtig im Konferenzsaal versammeln, vermittelt das entstehende Bild den Eindruck, dass sie alle miteinander etwas bewegen wollten. Doch schon im Vorfeld dämpfte die Hundertschaft der Journalisten und Beobachter der Szenerie im japanischen Osaka die Erwartungen: Selbst eine dürre Abschlusserklärung wäre schon ein Erfolg, schrieben sie. Doch weit gefehlt: Für Donald Trump war das Treffen ein „phantastischer Erfolg, ein grossartiger Gipfel“ hatte er es doch geschafft, sich als Einziger einmal mehr vom Pariser Klimaabkommen zu distanzieren: „Wir wollen  unsere Wirtschaft nicht lähmen, nur weil dem Klima mehr Schutz gewährt werden soll.“ Die 19 andern wollen mehr für den Klimaschutz tun, immerhin. Und mit den Chinesen will Trump wieder ins Gespräch kommen, nicht weil er die eingeführten Zölle für chinesische Waren streichen, sondern weil er keine neuen erheben will. Und er hofft, dass die Chinesen im Gegenzug wieder die landwirtschaftlichen Produkte aus den USA einführen werden, auf denen seine US-Farmer sonst sitzen bleiben und so zunehmend darben müssen.

Die 19 anderen wollen mehr. Sie wollen den freien Handel forcieren, wollen Handelsschranken abbauen.  Und als starkes Zeichen dafür unterzeichnete die  EU  fast gleichzeitig in Osaka ein Freihandelsabkommen mit den Regierungen Argentiniens, Brasiliens, Paraguays und Uruguays, den Mecosur-Staaten. So entsteht ein neuer freier Markt mit gegen 800 Millionen Menschen. Die Europäer schaffen so ein Gegengewicht zu den grossen USA und China. Endlich. Auch das ist zweifellos ein starkes Bild, das Beachtung verdient und um die Welt geht. Im Vordergrund Jean-Claude Juncker, der EU-Kommissionspräsident, hinter ihm die Europäer und ganz markant der neue brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, der mit einem Zeichen seinen Dolmetscher herbeizitiert. Er will verstehen, was der Europäer Juncker zu sagen hat. Und zwar unmittelbar.

Und dann noch dies: Auf dem Heimweg traf Donald Trump an der innerkoreanischen Grenze mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong zusammen. Beide überschritten zum Erstaunen der mitgereisten Weltpresse, deren Fotografen und Kameraleute beinahe übereinanderkugelten, gemeinsam die von beiden Koreas streng bewachte Grenze. Sie halfen einander über die kleinen Grenzmauern und schüttelten auf beiden Seiten jeweils einander fernsehgerecht die Hände. Wahrlich ein historischer Akt, ein Ereignis, das uns immer wieder über die Fernsehschirme vor Augen geführt werden wird. Trump überhäufte Kim Jong mit Komplimenten „an seinen Freund“, inszeniert für seine Wähler in den fernen USA.

Es sind Bilder, die mehr verraten, als sie eigentlich vermitteln sollten. Es sind aber auch Bilder, die täuschen, die vorgeben, dass viel möglich wäre, wenn die mächtigen Frauen und Männer dieser Welt nur wollten. Doch sie haben meistens nur eines im Sinn:  ureigene Interessen. Donald Trump seine Wiederwahl in 1 1/2 Jahren. Er will beispielsweise seine weissen Farmer beruhigen, die er mit seinem angezettelten „Handelskrieg“ mit China in Schwierigkeiten bringt. Xi Jinpin will seine Macht im kommunistisch regierten China festigen, wo er grosse Minderheiten unterdrücken, permanent überwachen lässt. Er will ein China, das mit grosszügigen Krediten Entwicklungsländer vom Reich der Mitte abhängig macht, an China bindet. Und schliesslich will er die europäischen Märkte über die „neue“ Seidenstrasse erschliessen.

Was setzt  Europa dem entgegen? Aufhorchen lässt auf jeden Fall das Abkommen zur Bildung der grössten Freihandelsszone der Welt, das die EU mit dem südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur nun nach 25 Jahren Verhandlungen abschliessen konnte. Gut Ding will Weile haben. Oder schliesst der alte Kontinent überraschend auf zu den ganz grossen, zu den USA und zu China. Bilder dieser Woche schliessen das zumindest nicht aus, auch wenn die Grünen in Europa das bereits als eine fatale Entscheidung für den Klimaschutz und die Menschenrechte werten. Immerhin: Im alten Europa werden Meinungsäusserungen nicht unterdrückt. Im Gegenteil.

Nur, wie geht die Schweiz damit um, die sich schon lange um ein ähnliches Abkommen mit Mercosur bemüht? Macht die SVP mit, die immer unterstreicht, dass unser Land nicht nur auf Europa, auf die EU schauen dürfe, auch die anderen grossen Welt-Märkte seien von Relevanz. Nur die Bauern stemmen sich gegen ein solches Freihandelsabkommen, weil sie die Konkurrenz aus Südamerika fürchten. Seien wir doch gespannt, auf welche Seite sich die ehemalige Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei BBG, die heutige SVP schlägt: auf die Seite der Wirtschaft oder auf die Seite ihrer Herkunft. So sind die Bilder aus der Welt der Grossen auch für die Schweiz von Bedeutung.

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