StartseiteMagazinGesellschaftLustwandeln in gepflegten Gärten

Lustwandeln in gepflegten Gärten

Im 19. Jahrhundert wandelte sich der Stil der grossen Garten- und Parkanlagen. Das Buch «Schweizer Gartenkunst» von Eeva Ruoff zeigt die Vielfalt von neuen Gartenformen und lässt uns erkennen, wie sehr unsere Gärten und Parkanlagen noch immer davon geprägt sind.

Wenn im Frühling alles spriesst, gibt es nichts Schöneres, als in einem Blumengarten spazieren zu gehen, bei sommerlicher Hitze erholt man sich wunderbar im Schatten grosser alter Bäume in einem Park, auch im Herbst und sogar im Winter kann man dort die Seele ein wenig auslüften.

Seit jeher gehören Gartenanlagen zum Gestaltungsraum menschlicher Zivilisation. – Im Unterschied zu den geschützten Naturparks, in denen sich Pflanzen und Tiere so ungestört wie möglich entfalten sollen, reden wir hier von der gestalteten Natur, vom Menschen erdachter, geplanter Natur in der Umgebung seines Wohnsitzes.

Eeva Ruoff, Dozentin für Geschichte und Theorie der Landschaftsarchitektur und Präsidentin der Schweizer Stiftung zur Erhaltung von Gärten, legt dazu ein ebenso fundiertes wie facettenreiches Buch vor. Bei der Lektüre erkennen wir, dass viele der Bäume und Blumen, die wie selbstverständlich in privaten und öffentlichen Gartenanlagen wachsen, erst seit dem 19. Jahrhundert bei uns kultiviert wurden. – Damals kannte man den Begriff «Neophyt» noch nicht. Was gefiel und was im mitteleuropäischen Klima gedieh, wurde angepflanzt.

Teehybride «Gräfin Sonja» im Rosengarten Bern. – Dieser Park entstand in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf dem Boden eines ehemaligen Friedhofs.

Wir erhalten einen Einblick in die kunst- und gartengeschichtlich bedeutendsten Schweizer Gärten und Parks des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der Garten- und Parkanlagen neu erdacht wurden. Eeva Ruoff gilt als international renommierte Expertin für die Inventarisierung und Renovation historischer Gärten und Parks. Das ausserordentlich schön gestaltete Buch zeigt die Vielfalt der Gartenformen auf und lässt uns erkennen, wie die Gärten von damals das Bild von Städten und Siedlungen bis heute prägen. Die bisher wenig beachtete Gartenbaugeschichte der Schweiz erhält durch diese Darstellung ein Fundament. Das Werk leistet einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über die kulturelle Bedeutung von grünen Freiräumen in Zeiten des Bevölkerungs- und Siedlungswachstums. – Lesenswert für Fachleute und für alle Gartenfreunde und -freundinnen.

Vom französischen zum englischen Garten

Der «französische Garten» mit seiner symmetrischen Anlage und den geometrischen Beeten ist uns von den Barockschlössern bekannt. Wo immer ein Fürstensitz gebaut wurde, orientierte man sich an französischen Vorbildern. Eeva Ruoff kennt dazu zahlreiche Musterbücher und Anleitungen, beispielsweise ein in Genf 1629 gedrucktes Werk. Schon im Laufe des 18. Jahrhunderts erlosch die Freude an der Regelmässigkeit dieses Stils. Man wandte sich den Ideen zu, die in England schon eine Weile den Gartenbau beeinflussten. William Kent gilt als der erste, der Gärten im Natural Style anlegte. Seit der Aufklärung wurde die Natur, wie man sie damals verstand, zum Vorbild nicht nur im Gartenbau, sondern auch in Ästhetik und Philosophie. Das berühmteste – allerdings literarische – Werk zu diesem Thema ist Paradise Lost von John Milton. Während die Gartenbesitzer häufig selbst ihre Vorstellungen in ihren Parks umsetzten, entstanden gleichzeitig zahlreiche Bücher, die kontrovers über die Gartengestaltung diskutierten: Die Traditionalisten nannten die Gärten der Engländer «Kuhweiden».

Pavillon im chinesischen Stil (Von-Rütte-Gut am Bielersee)

In der Schweiz wiesen Albrecht von Haller mit seiner Dichtung «Die Alpen», später Jean-Jacques Rousseau, Salomon Gessner und Johann Wolfgang Goethe die Richtung zu einer freieren Gartengestaltung. Bemerkenswert: Dichter gehörten auch in der Gartengestaltung zu den Wortführern.

Einer der wichtigsten Gartenarchitekten war Theodor Froebel, der in der Schweiz viele bedeutende Gärten anlegte: den alten Botanischen Garten und den Rieterpark in Zürich. «Walterseck», ein nicht verwirklichtes Werk seines Sohnes Otto Froebel stellt Eeva Ruoff vor.

Neue Züchtungen für den Garten

In der sehr ländlich geprägten Schweiz des 19. Jahrhunderts gehört der Garten nicht nur der Freude an der Natur, sondern auch an nützlichen Pflanzen, Obstbäumen beispielsweise. Wir lesen von Pfarrer Nüsperli, der im Aargau nach den Verwüstungen der napoleonischen Kriege eine Baumschule gründete, um gezielt den Anbau von Obstbäumen zu fördern. Er liess Listen der verfügbaren Baumarten drucken und so entstand eine neue Art des Verkaufs: der Versandhandel. Dafür mussten die jungen Bäume gut in Stroh, die Wurzeln in feuchtem Moos verpackt werden. Dazu hatte der junge Nüsperli, Sohn des Pfarrers, ein Netz von Spediteuren organisiert – damals eine futuristische Form des Handels.

Rosengarten Bern: Rosen und Lavendel

Daneben wurde begonnen, neue Blumen zu züchten, angefangen bei den stets beliebten Rosen. Das Rosenzüchten wurde eine Leidenschaft, die in vielen Ländern über lange Zeit gepflegt wird. Die Arten der Rosen vervielfachte sich für Laien ins Unübersichtliche: Bibernell-Rosen, Moosrosen, Teerosen, Bourbon-Rosen, Schlingrosen. – Vor kurzem kam ich auf einem Spaziergang an zwei Gärten mit prächtig blühenden Rosen vorbei, am Zaun war zu lesen, dass sie Mitgliedern eines Vereins der Rosenfreunde gehörten.

Schon früh hatte man für exotische, nicht winterharte Pflanzen Orangerien gebaut. Im 19. Jahrhundert wurde der Pavillon beliebt, der im Park an prominenter Stelle stand. Schliesslich benötigte man für die Aufzucht Gewächshäuser. Das alles führte dazu, dass viele aussereuropäische Pflanzen aus Indien, China, Südafrika oder Amerika in unseren Gärten angepflanzt wurden. Ausserdem nahm das botanische Wissen zu. Man lernte, Pflanzen zu kreuzen und Hybriden zu schaffen. Viele unserer heutigen Gartenblumen, Dahlien oder Petunien z.B. oder die chinesische Frühlingsblume «Tränendes Herz», sind solche Hybriden.

Das Von-Rütte-Gut am Bielersee

Die Autorin beschreibt viele Garten- und Parkanlagen in allen Regionen der Schweiz. Diesen Text illustrieren einige Aufnahmen aus dem Von-Rütte-Gut am Bielersee, dem Eeva Ruoff ebenfalls ein Kapitel widmet.

Von-Rütte-Gut in Sutz / Lattrigen:  Blick auf den Bielersee und den Jura (alle Fotos: mp)

Das ehemalige Tscharner-Gut, das zur Gemeinde Sutz am Bielersee gehört, war schon 1802 verkauft worden, bevor es Friedrich von Rütte, in Sutz geborener Architekt, erwarb. Nach den ersten Umbauten freute er sich, nun ein Haus in freundlicher grüner Umgebung zu besitzen. Dieser Park, der heute öffentlich zugänglich ist, war in seiner Grösse erst durch die Juragewässerkorrektion entstanden, als der Bielersee zwei Meter abgesenkt wurde. Die parkartige Gestaltung folgte der Landschaft, reizvoll sind vor allem die Ausblicke auf den See und die Jurahöhen.

Robert Walser notierte bei einem Besuch den «feenhaft» glänzenden See. Eeva Ruoff schreibt: «Von der Wirkung der einst sorgfältig gewählten und gruppierten Bäume von verschiedenstem Habitus ist heute praktisch nichts mehr vorhanden». Dennoch sind die Uferlandschaft und die noch sichtbaren Parkelemente immer noch ein lohnendes Ausflugsziel.

Eeva Ruoff:  Schweizer Gartenkunst. Der neue Stil im 19. Jahrhundert. NZZ Libro 2019; 232 Seiten; 167 Abbildungen.
ISBN: 978-3-03810-239-7

 

Titelbild: Im Rosengarten Bern

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